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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 2 (Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0146
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Weil das Erzählen oft so holprig, das Schreiben so ungewohnt, „mir tut der
Arm ganz von schreiben weh, und der Hinterste von das lange sitzen und
denken", weil zwischen innerem Drang und seiner Befriedigung derartige
Hemmnisse, weil das Sich-Offenbaren so ungemein schwer fällt und hält, darum
haben all diese Bekenntnisse das Zwingende. All die Spannungen, auch
zwischen eingewurzelter Tradition und naiv Erlebtem, aufgeschnappten sprich-
wörtlichen Redensarten und Gelegenheitsprägungen wachsen sich zu sprach-
lichen Denkmälern aus, die über jenen kleinen Entstehungsbezirk hinaus an-
gehend kulturgeschichtliche, künstlerische, menschliche Bindungen knüpfen.
Heinrich Kohlhaussen

Auskunft über Karl Mehrkens
Wer kennt den Namen Karl Mehrkens? Karl Mehrkens, Organist zu St, Ja-
kobi. Bitte Finger hoch, wer den Namen kennt! So, so, so, danke. Und nun
eine aufrichtige Bitte an die, die den Finger unten ließen: Bitte, lesen Sie das
folgende nicht. Es behandelt eine belanglose Sache. Wir schrieben sie nur für
die, die den Namen kennen und die alle Ellelang in den Zeitungen lesen: Karl
Mehrkens' nächste Vorführung der Orgel dann und dann, Karl Mehrkens’
nächste Motette dann und dann, Karl Mehrkens' an der wertvollsten Orgel der
Welt. Wer dieses liest und sich fragt: was ist das?, der darf auch das folgende
lesen. Alle anderen bitten wir noch einmal: Springen Sie gleich zum Reklame-
Teil. Zur Sache,
Karl Mehrkens, der Organist der Hamburger Jakobi-Kirche, hat ein Büchlein
geschrieben „Die Schnitger-Orgel in der Hauptkirche St. Ja-
kobi zu Hambur g“, und es im Bärenreiterverlag in Kassel herausgebracht.
Wir begrüßen dies Büchlein von ganzem Herzen, weil es in ungeahnter Weise
nicht nur unsere Meinung über seinen Verfasser bestärkt — dessen hätte es
kaum bedurft —, sondern auch — viel besser als wir es je gekonnt hätten •—
der Öffentlichkeit in die geistige und menschliche Verfassung seines Autors
einen Einblick gewährt, der allen Lesern zu denken geben muß, die noch be-
strebt sind, Gutes als gut, Schlechtes als schlecht, Vornehmes als vornehm,
Jämmerliches als jämmerlich zu erkennen und (auf Wunsch) zu bezeichnen.
Das Büchlein von Karl Mehrkens zum Beispiel ist jämmerlich. Nicht so sehr
aus stilistischem, sondern vielmehr aus einem allgemeinen geistigen Unver-
mögen, dem gleichen Unvermögen, dem wir das Niveau seines nunmehr dreißig-
jährigen Orgelspieles verdanken. Der Text des Buches zerfällt in zwei Teile,
in Mehrkensschen Anteil und fremden Anteil. Der fremde Anteil ist — warum
auch nicht? — gut; der Mehrkenssche Anteil ist — warum auch nicht? •—
schlecht. Das Buch enthält die Dispositionen der Orgeln der Jakobikirche seit
1618, die Programme des Eröffnungskonzertes und der Abnahmevorführung von
1930 nebst einem Bericht über die Abnahme, je ein Gutachten über die Orgel
von Albert Schweitzer und Christhard Mahrenholz, eine Aufstellung der Namen,
Geburtsorte und Geburtstage der an dem letzten Wiederaufbau beteiligten 15
Orgelbaugehilfen, 13 Seiten Text von Karl Mehrkens, ein Zitat aus Albert
Schweitzers Bach-Biographie, eine Widmung und zwei Bilder.
Beginnen wir bei den Bildern. Wer errät, was sie darstellen? „Nun, das ist
nicht schwer. Das Büchlein heißt ,Die Schnitger-Orgel in der Hauptkirche St.
Jakobi zu Hamburg*. Sie selbst, die Orgel, wird abgebildet sein." Richtig ge-
raten, so ist es auch. Der Prospekt der Orgel, samt Empore, vom Mittelschiff
aus gesehen, ist dargestellt. Aber weiter: das zweite Bild. Was mag darauf
sein? „Vielleicht der Spieltisch der Orgel. Oder eine der Pfeifenreihen. Oder
ein Blick in das Gehäuse.“ Nein, nein, ihr seid auf falscher Spur; ich will euch
einen Anhalt geben: ein Mensch ist dargestellt, das Brustbild eines Menschen,
„Dann ist es klar: Arp Schnitger, der Erbauer der Orgel." Nein, nicht Schnit-
ger, „Dann einer der Erbauer der früheren Orgeln, vielleicht Hans Scherer.

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