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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 12 (Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0752
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sagen sich entschlossen, über Menschen und die komplizierten,
politisch und dynastisch tangierten Ereignisse, Das zeigt deutlich
genug dieser Brief. Nur in den Briefen von Peter Cornelius aus
jenen Sturmzeiten (die sein Sohn Karl Maria vor nicht langer Zeit
herausgab) finden sich ergänzende Aufklärungen über den Kreis
um Wagner und persönliche Einflüsse, Der Inhalt des folgenden
Briefes gibt nur einen dürftigen Anhalt wegen des Empfängers,
Und durch emsige Forschungen und sorgsame Folgerungen nur
konnte festgestellt werden, daß der Empfänger Julius Fröbel
gewesen; ein Verwandter des bekannten Friedrich Fröbel, Jener
war mit Wagner schon in Dresden (in den Revolutionsunruhen)
bekannt geworden; er ward in Wien 1849 zum Tode verurteilt,
dann begnadigt und ausgewiesen; später Professor der Mineralogie
an der Universität in Zürich, Schwiegersohn des bayerischen
Ministers Grafen Armansperg, nachmals deutscher Konsul im
Orient und in Algier, In der Münchner Zeit — vor der „Meister-
singer“-Periode — war er Publizist und Politiker; er schrieb außer
für seine Gründung, die „Süddeutsche Presse“, für das Wiener
Diplomatenorgan „Der Botschafter“, Der 1893 Verstorbene hatte
kurz zuvor zwei Bände Memoiren „Ein Lebenslauf“ veröffentlicht,
aus dem sich bei Glasenapp etliches findet, das die Spur zu
unserm Brief etwas aufhellt. Der mitgeteilte Wagnerbrief ist be-
deutend genug, sich dessen zu erinnern, daß Wagner über die ver-
wickelten Münchener Vorgänge wenig sagte, dafür aber in dem
Mitgeteilten eingehend und mit diplomatischer Scharfsinnigkeit
sich äußerte,
Einige zum Verständnis des Dokuments durchaus nötige Angaben
über Personen und Pläne von interessierter Seite müssen hier noch
gemacht werden, Klindworth in dem Schreiben ist, obwohl Hans
von Bülow mehrfach von „Onkel Klindworth“ schreibt, nicht
identisch mit Karl Klindworth, der die „großen“ Wagner-Klavier-
auszüge zum „Ring“ verfaßte. Ferner ist zu beachten, daß das
fürstliche Regensburger Haus Thurn und Taxis sich mit dem ehr-
geizigen, jesuitischen Plane trug, ein Königreich Rheinland-Westfalen
(samt der Hälfte von Belgien) zu schaffen, Regent dieser Ziele und
des (ultramontanen) Finanzunternehmens war genannter Staatsrat
Klindworth, Seine Tochter war eine Liszt-Schülerin und mit
Cosima v. Bülow befreundet,
Wagner reiste am 10, Dezember 1865, Sonntagmorgens 5,45 Uhr,
direkt von München nach Vevey, begleitet von zwei Dienern und
seinem kranken Hunde „Pohl“, Fünf Tage später schrieb er aus
Vevey aus einer Pension den unten folgenden Brief, Bald nach
diesen Tagen wurde aus Fröbel ein bitterer Wagnergegner, Nach
der ersten „Meistersinger“-Aufführung (Juni 1868) schrieb er über
das Werk als „witz- und geistlos“, nannte es des Meisters
„schwächstes Werk“, Am Ende hat man in dieser Urteilswende
den Grund zu sehen, daß Fröbel in der offiziellen Wagnerliteratur

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