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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 12 (Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0754
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Stellung eines dritten (neuen) Sekretärs, lediglich um uns des Gehorsams des
Kabinets bei der Ausführung unserer Kunstpläne zu versichern. Unbekannt
mit Personen, wie wir beide uns fanden, gab ich in diesem Betreff einen un-
gefähren Rath, für dessen Ausführung der K, sich wieder an Pf. wandte. So-
fort furchtbare Agitation in der Volkspresse, meine Verschwendungen und Ver-
führung des K.'s zu Phantastereien als Grund der ganzen constitutionellen Agi-
tation gegen das Kabinet bezeichnend. Den Entscheidungskampf voraussehend,
verhindere ich eine Erwiderung nicht, die ziemlich offen meine wirkliche Stel-
lung bezeichnete und das Kabinet als verbittert usw, hinstellte. Zugleich dringe
ich brieflich in den K,, das Einzige zu tun, was ihm Licht und Luft verschaffen
könnte; sofort durch einen vertrauten Boten Neumayr zu berufen mit dem
Auftrag, ihm zunächst ein neues Kabinet zu bilden. Bereits war aber das
Kunststück gelungen, den K, ganz persönlich gegen den entlassenen Minister
einzunehmen; er erklärte, in dessen Berufung eine Schmach für seine könig-
liche Ehre erkennen zu müssen.
Nun war ich fertig und gab dem König zu verstehen, daß, wenn ich ihm noch
meine Werke schaffen und vollenden sollte, er mich entlassen und von München
fortziehen lassen müßte, Dieß machte es ihm leicht, den Sturm, der ihm bei
seiner Rückkehr in München empfing, wie er glaubte, für meine Sicherheit aus-
.zuwirken. Pforten stellte „aut-aut" — Prinz Karl sprach von einer Revolution,
der sich das Militär selbst anschließen würde. Dem König lief der Kopf fort.
Er ließ mich bitten, bis er Ruhe schaffe, auf ein paar Monate zu verreisen. Ich
hab' die Gelegenheit ergriffen, ganz fortzugehen, und wünsche nun hier eine
angenehme Niederlassung zu finden, die mir endlich einmal Arbeitsruhe
sichert, —
Soweit — was mich betrifft. Können Sie dahin wirken, so bringen Sie die
Presse dazu, einfach Vorsicht in der Beurtheilung der Münchener Vorfälle anzu-
raten, und — abzuwarten.
Daß sich der König ermannen wird, weiß ich; Bereits leidet er aber furcht-
bar, er ist gefangen und hat keinen Menschen, Auch seinen vertrauten Reit-
knecht, mit dem man ihn in scheußliches Gerede gebracht, hat man ihm ge-
nommen, Wir haben abgemacht, uns oft zu schreiben. Vorläufig schweige ich.
Ihren Brief verwahre ich sicher: wollen Sie ihn zurückhaben, so sende ich ihn.
Wenn nicht, so spare ich ihn auf. Komme ich noch zu einem unbefangenen Rat,
so ist's: ruhig die nächsten Stände abwarten, ihren Verhandlungen aufmerksam
zu folgen, nichts zu sagen, und, wenn man von ihm den Staatsstreich ver-
langen wird, diesen einfach zu verweigern. Kommt diese Zeit, so nützt dann
vielleicht Ihr Brief, — Doch — fürchte ich sehr für den K, — er ist z u jung
und die Liberalen sind zu dumm. Das ist der Fluch, der die anderen ge-
scheidt macht,
Leben Sie wohl und geben Sie mir bald Nachricht!
Der Ihrige
Rich. Wagner.
Pension du Rivage pres Vevey,
15, Dezember 1865.
Hans Carossa und die Zeit
Von Joachim Maass
Ein schaffender Mensch, vor dem die Zeit haltmacht, ist etwas
Seltenes und Wunderbares, Hans Carossa, zu dessen Ruhme wir
hier einiges aufzuschreiben versuchen wollen, ist ein solcher
Mensch, Nicht darin, daß die Zeit ihn ehrte, früher mit dem Dichter-
preis der Stadt München und jetzt mit dem Gottfried-Keller-Preis,

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