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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 12 (Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0771
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genommen, als denkfähige Wesen in uns auf genommen haben, platzt
uns schon wieder ein Versicherungsmörder in die eben an-
visierte Stratossphäre, Die Zivilisation, deren hervorstechendste
Eigenschaft die Schnelligkeit ist (Postkarte genügt) siegt auf der
ganzen Linie, und die Kultur, die in Jahrhunderten denkt, zieht sich
scheu zurück.
Als der alte Atget neugierig wurde, als er auszuprobieren be-
gann, was er mit seinem Objektiv alles erjagen könne, tat er einen
verhängnisvollen Schritt, Den Schritt von der Kultur zur bloßen
Zivilisation,
Es wäre interessant, von diesem Gesichtspunkt aus die Geschichte
der Photographie zu schreiben, Darzustellen, wie sich die Leistung
verflachte, in demselben Maße, in dem sich die Technik vertiefte.
Man würde zu dem betrüblichen, aber richtigen Ergebnis kommen,
daß die Menschen ein neues Mittel zur Erkenntnis, eben die Photo-
graphie, vornehmlich dazu benutzt haben, sich das Gegenteil von
Erkenntnis zu verschaffen, nämlich: Zerstreuung,
Atget hat es nicht gewollt. Er war ein schlichter Handwerker, der
den Rausch der Zivilisation noch nicht kannte. Er hat nicht gewußt,
nicht einmal geahnt, daß dreißig Jahre später die skrupellosen Pio-
niere der Neugier in seinem Zeichen kämpfen und siegen würden,
Friede seiner Asche!
Die Herren der Erde
Zu Martin Beheim-Schwarzbachs neues Buch
Von Ludwig Benninghoff
T Tnter dem mannigfaltigen literarischen Segen, der uns in diesen
Wochen überschüttet, findet sich immerhin das eine oder andere,
das im Sinne einer alten und unerschütterlichen Auffassung Dich-
tung, Kunstwerk genannt werden darf. An die Spitze dieser kleinen
Auslese möchte ich das neue Buch des Dichters der „Micbael-
kinder“, Martin Beheim-Schwarzbachs „Herren der Erde“ stellen.
Der Deutsche hat drei Bilder, die er liebt, weil sie sein Wesen,
sein Schicksal, darüber hinaus das Wesen von Welt und Menschen
aus der ihm eingeborenen Weltschau zeigen: Dürers Ritter, Tod und
Teufel, Melancholie und Hieronymus im Gehäus, Die drei brechen
das ganze, ungeteilte Menschentum, seine Mächte und seine Wir-
kungen, wie ein Prisma in drei Facetten das Licht der Sonne bricht:
Die männliche Tatkraft, das Eindringen des Menschen in die ge-
heimnisvollen Kräfte des Himmels, der Erde, der Unterwelt, der
Zahlen und Gesetze, zum dritten aber neben dieser unerlösbaren
Welt des Geistes der Friede Gottes im Menschen, der Heilige, in
*) Martin Beheim-Schwarzbach: Die Herren der Erde,
Insel-Verlag, Leipzig,

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