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Stadtsiegel.

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Das Recht, das Stadtstegel zur Beglaubigung anzuhängen,
gehörte zu den Befugnissen des Bürgermeisters, und es erstreckte
sich in der älteren Zeit gleichmäßig auf das große und kleine
Siegel. In der Siegelformel wurde dies allerdings erst seit 1332
(Wyß II 564) besonders hervor gehoben, zu derselben Zeit, als
die städtische Kanzlei anfing, sich der deutschen Sprache zu be-
dienen. Vorher sind es — neben indifferenter Ausdrucksweise —
die scabini, die scabini et cives, seit 1313 (Wyß II225) zuweilen
auch die scabini et consules*), die als Siegeler genannt werden.
Von 1363 (Wyß III1033) an wird aber der Bürgermeister nicht
mehr als derjenige genannt, der das Siegel anhängt, sondern
allgemein Bürgermeister, Schöffen und Rat. Es ist fraglich,
ob dies mit der Verfassungsänderung von 1357 (Nr. 16) zu-
sammenhängt Jedenfalls durfte der Bürgermeister späterhin
nur über das kleine Siegel selbständig verfügen, wie dies auch
in Frankenberg und Alsfeld der Fall war2). Das kleine Stadt-
buch (1420—1424) sagt nämlich: was der . . burgermeister missein
besigilt mit deme kleynen ingesigel, davon sal eme eyn burger gebin
eynen Schilling hll. unde eyn gast eyn schll. penge3).
Das große Stadtsiegel. — Zum ersten Male wird die
Stadt als Siegelführerin genannt im Jahre 1248 (Wyß I 84 und
90). An einer Urkunde dieses Jahres hängt auch das erste er-
haltene Stadtsiegel. Daß der Stempel zu diesem Siegel (Taf II)
älter sein muß und zwischen 1222 und 1227 entstanden ist,
wurde bereits oben4 5) erörtert, auch daß das Reiter sieget wahr-
scheinlich nicht das erste der Stadt gewesen ist. Mit der Be-
schaffung eines großen, stattlichen Siegels ist Marburg unter
den oberhessischen Städten offenbar vorangegangen. Dann folgten
Grünberg, Alsfeld'j, Frankenberg.
Den Typ des Marburger Siegelbildes, das Reiterbildnis des
Stadtherrn, finden wir bei einer ganzen Reihe anderer hessischer
Städte, so bei Kassel6 7), Grünberg, Gießen, Wildungen1), Wolf-
hagen, Grebenstein. Vorbild des Marburger Stempels war das
Siegel des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen8), beide sind
anscheinend von demselben Stempelschneider geschaffen. Zum
letzten Male finden wir dieses Siegel im Jahre 12579). Dann
tritt ein neuer Stempel auf (Taf. I 2), der zum ersten Male im
März 1262 nachweisbar ist. Seine Form richtet sich im all-
gemeinen nach Nr. 1, ohne daß man von einem Nachschnitt

1) Vgl. die Urkunde von 1311 (Nr. 1) über die Einführung des Rats.
2) Emmerichs Stadtrecht von Frankenberg S. 683. Die Bearbeitung für
Alsfeld im dortigen Stadtarchiv.
3) Vgl. o. S. 485.
4) S. 5.
5) ZHG 41 S. 248 Anm. 3.
6) Hier nur im ältesten Stempel. Vgl. ZHG 41 S. 249.
7) Wildungen war ursprünglich thüringisch - hessisch und führte ein
Reitersiegel (nachweisbar 1258—1261). Mit dem Stadtherrn wechselte die Stadt
auch ihr Siegel und übernahm den Stern der Grafen von Waldeck in das Siegelfeld.
8' Posse, Die Siegel der Wettiner, Taf. XII 4.
9) Vgl. das Siegelverzeichnis am Schlüsse.
 
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