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!vas hat Deutschland von Lhina zu erivarten?
546
Was hat Deutfchland von China zu erwarten?
Was hat China von Deutschland zu erwarten?
Welchen Weg mutz Deutschland einschlagen. um sein Ziel zu erreichen?
Auf diese Fragen giebt Eugen Wolf in München, der mit den chinesischen Verhältnissen
der Gegenwart besonders vertraute Reisende Antwort in nachsolgenden Auslassungen:
Bei Betrachtung der zukünftigen Gestaltung der
Dinge in China stehen Deutschlands Beziehungen zu
China und Chinas Beziehungen zu uns im Vorder-
grunde. Diese Betrachtung läuft anf drei Fragen aus:
I. Was hat Deutschland von China zu erwarten?
II. Was hat China von Deutschland zu erwarten?
III. Welchen Weg muß Deutschland einschlagen, um
sein Ziel zu erreichen?
Diese Fragen lassen sich dahin beantworten: Po-
litisch hat Deutschland von China nach wie vor den-
selben passiven mit liebenswürdiger Etikette verbun-
denen Widerstand zu erwarten. Politisch hat
Deutschland in China ferner den Widerstand der an-
deren Großmächte zu erwarten, da vielen derselben
die Ausbreitung unseres Handels und unserer Schiff-
fahrt im fernen Asien ein Dorn im Auge ist; so z. B.
sind wir England unbequem auf dem Pangtszefluß,
anderen Mächten wegen unserer Eisenbahnen von Kiau-
tschou, in die Kohlengebiete u. s. w.
Dagegen erwartet Deutschland in China in uähe-
rer und fernerer Zukunft bezüglichAusbreitung uud
Förderung seines Handels und seiner Jndu-
strie nur Gutes. Ausfuhr von Thee, Tabak, Stroh-
flechtereien, Porzellan, Lle, Lackwaren, Häuten, Fellen,
Wolle, Rohseide, Gerbstoffen, Kampher, Lacke, Mo-
schus, Gold, Pelzwerk, Tusche, Petroleum, vegetabi-
lisches Wachs, Erdwachs, Baumwolle, Hölzer, Kohle,
Ginseng, Jngwer rc.; Einfuhr von Maschinen, Chemi-
kalien, Arzeneien, Zeugen, Stoffen, Lampen, Wagen,
Fahrrädern, Farbstoffen, Möbeln, Eisenbahnmaterial,
Automobilen, Quincailleriewaren, Schuhwaren rc.
Kulturell steht Deutschland in China für die
nächste Zeit als Folge der Wirren passiver, vielleicht
auch aktiver Widerstand entgegen; letzterer bezüglich
der Missionen, für die es geraten wäre, sich abwartend
zu verhalten, ihre Thätigkeit in die Nähe erreichbaren
Schutzes zu verlegen. Dies jedoch nur vom politischen
Standpunkte aus. Anzunehmen ist weiterer Verlust
an Menschenleben, falls diese Vorsicht nicht geübt wird.
Kürschner, China I.
China und die Chinesen haben von
Deutschland nur Gutes zu erwarten. Die Eisen-
bahnen, die wir bauen, werden ebenso wie das Be-
fahren der großen Wasseradern mit deutschen Dam-
pfern, dem Land und seinen Bewohnern Nutzen brin-
gen. Unsere technischen Hilfsmittel werden den Chi-
nesen zu gute kommen, so z. B. die Vorteile unserer
Montanindustrie, die es den Chinesen möglich machen
werden, Kohle, Graphit, Gold, Silber, Kupfer, Blei,
Petroleum, Erdpech, Edelsteine rc. ganz anders wie
seither an den Tag zu fördern, ebenso in der Baum-
woll-, Seiden- und manch anderer Jndustrie.
Chinesischer Handel und Export haben mit
unseren Großkaufleuten uud Reedern von jeher gerne
verkehrt, weil die deutschen Kaufleute im festgegrün-
deten Rufe hochanständigen Handelns und zuverlässiger
Erfülluug abgeschlossener Verträge stehcn, verbunden
mit promptester Solvenz.
Auch von der Annahme mancher unserer Ver-
kehrseinrichtungen, z. B. des Post- und Telegraphen-
wesens, kann für China nur Vorteil erwachsen.
China wird durch Entsendung intelligenter junger
Leute auf unsere Hochschulen, durch Einrichtung west-
licher Universitäten (wie ich solche z. B. als Jnter-
nationales Jnstitut Ketteler in Peking vorgeschlagen
habe), an welchen deutsche Fachgelehrte anzustellen
sind, demnach durch vorsichtig ihren Weg tastende,
erziehende Einwirkung manches von uns abuehmcn,
was für das Land von Vorteil werden wird.
China hat von uns keincrlei kriegerische
Handlung zu erwarten.
Den Eingang in das chinesische Reich haben wir
vorsichtig gesucht und erreicht; derselbe genügt vor-
läufig für unsere Zwecke. Weiteres Vorgeheu nach
dieser Richtung hängt nicht von China oder von
Deutschland ab; es wird sich ergeben aus der Aktion
der anderen Mächte.
Für Deutschlands Verhalten in China ist
der Weg vorgezeichnet:
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!vas hat Deutschland von Lhina zu erivarten?
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Was hat Deutfchland von China zu erwarten?
Was hat China von Deutschland zu erwarten?
Welchen Weg mutz Deutschland einschlagen. um sein Ziel zu erreichen?
Auf diese Fragen giebt Eugen Wolf in München, der mit den chinesischen Verhältnissen
der Gegenwart besonders vertraute Reisende Antwort in nachsolgenden Auslassungen:
Bei Betrachtung der zukünftigen Gestaltung der
Dinge in China stehen Deutschlands Beziehungen zu
China und Chinas Beziehungen zu uns im Vorder-
grunde. Diese Betrachtung läuft anf drei Fragen aus:
I. Was hat Deutschland von China zu erwarten?
II. Was hat China von Deutschland zu erwarten?
III. Welchen Weg muß Deutschland einschlagen, um
sein Ziel zu erreichen?
Diese Fragen lassen sich dahin beantworten: Po-
litisch hat Deutschland von China nach wie vor den-
selben passiven mit liebenswürdiger Etikette verbun-
denen Widerstand zu erwarten. Politisch hat
Deutschland in China ferner den Widerstand der an-
deren Großmächte zu erwarten, da vielen derselben
die Ausbreitung unseres Handels und unserer Schiff-
fahrt im fernen Asien ein Dorn im Auge ist; so z. B.
sind wir England unbequem auf dem Pangtszefluß,
anderen Mächten wegen unserer Eisenbahnen von Kiau-
tschou, in die Kohlengebiete u. s. w.
Dagegen erwartet Deutschland in China in uähe-
rer und fernerer Zukunft bezüglichAusbreitung uud
Förderung seines Handels und seiner Jndu-
strie nur Gutes. Ausfuhr von Thee, Tabak, Stroh-
flechtereien, Porzellan, Lle, Lackwaren, Häuten, Fellen,
Wolle, Rohseide, Gerbstoffen, Kampher, Lacke, Mo-
schus, Gold, Pelzwerk, Tusche, Petroleum, vegetabi-
lisches Wachs, Erdwachs, Baumwolle, Hölzer, Kohle,
Ginseng, Jngwer rc.; Einfuhr von Maschinen, Chemi-
kalien, Arzeneien, Zeugen, Stoffen, Lampen, Wagen,
Fahrrädern, Farbstoffen, Möbeln, Eisenbahnmaterial,
Automobilen, Quincailleriewaren, Schuhwaren rc.
Kulturell steht Deutschland in China für die
nächste Zeit als Folge der Wirren passiver, vielleicht
auch aktiver Widerstand entgegen; letzterer bezüglich
der Missionen, für die es geraten wäre, sich abwartend
zu verhalten, ihre Thätigkeit in die Nähe erreichbaren
Schutzes zu verlegen. Dies jedoch nur vom politischen
Standpunkte aus. Anzunehmen ist weiterer Verlust
an Menschenleben, falls diese Vorsicht nicht geübt wird.
Kürschner, China I.
China und die Chinesen haben von
Deutschland nur Gutes zu erwarten. Die Eisen-
bahnen, die wir bauen, werden ebenso wie das Be-
fahren der großen Wasseradern mit deutschen Dam-
pfern, dem Land und seinen Bewohnern Nutzen brin-
gen. Unsere technischen Hilfsmittel werden den Chi-
nesen zu gute kommen, so z. B. die Vorteile unserer
Montanindustrie, die es den Chinesen möglich machen
werden, Kohle, Graphit, Gold, Silber, Kupfer, Blei,
Petroleum, Erdpech, Edelsteine rc. ganz anders wie
seither an den Tag zu fördern, ebenso in der Baum-
woll-, Seiden- und manch anderer Jndustrie.
Chinesischer Handel und Export haben mit
unseren Großkaufleuten uud Reedern von jeher gerne
verkehrt, weil die deutschen Kaufleute im festgegrün-
deten Rufe hochanständigen Handelns und zuverlässiger
Erfülluug abgeschlossener Verträge stehcn, verbunden
mit promptester Solvenz.
Auch von der Annahme mancher unserer Ver-
kehrseinrichtungen, z. B. des Post- und Telegraphen-
wesens, kann für China nur Vorteil erwachsen.
China wird durch Entsendung intelligenter junger
Leute auf unsere Hochschulen, durch Einrichtung west-
licher Universitäten (wie ich solche z. B. als Jnter-
nationales Jnstitut Ketteler in Peking vorgeschlagen
habe), an welchen deutsche Fachgelehrte anzustellen
sind, demnach durch vorsichtig ihren Weg tastende,
erziehende Einwirkung manches von uns abuehmcn,
was für das Land von Vorteil werden wird.
China hat von uns keincrlei kriegerische
Handlung zu erwarten.
Den Eingang in das chinesische Reich haben wir
vorsichtig gesucht und erreicht; derselbe genügt vor-
läufig für unsere Zwecke. Weiteres Vorgeheu nach
dieser Richtung hängt nicht von China oder von
Deutschland ab; es wird sich ergeben aus der Aktion
der anderen Mächte.
Für Deutschlands Verhalten in China ist
der Weg vorgezeichnet:
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