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III. Reiseblätter vom Jahr 1832.

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dirt. Die Säulen haben hohe Kapitale und staike Deckgesimse; die Formen
derselben und des auf die Kapitale flach aufgelegten Blattwerkes tragen
das Gepräge des fruhgothischen Styles. Der Brunnen ist also ein eigen-
thümlich interessantes Denkmal dieser Architektur-Epoche.

Eine Stunde südlich von Friedberg liegt das Dorf Niederweissel.
Auf dem Edelhofe am Ende des Dorfes fand ich ein merkwürdiges, im
Innern sehr wohlerhaltenes und auch im Aeussern nur durch einen geringen
höheren Aufbau für das neue Dach wenig entstelltes Bauwerk romanischen
Styles. Es war mir als eine templerische Anlage bezeichnet worden. Das
Gebäude besteht aus zwei Geschossen; das untere — gegenwärtig als Kuh-
stall dienend — war für gottesdienstliche Zwecke bestimmt. Es hat drei
niedrige Schiffe von gleicher Höhe, durch zwei-
mal drei Pfeiler mit Rundbögen getrennt. Die
Pfeiler sind viereckig mit Halbsäulen auf den
vier Seiten, die Kapitale der letzteren in einer
rohen Beminiscenz antiker Kapitälform gebildet.
Den Pfeilern correspondiren flache Wandpfeiler.
Einfache breite Gurtbögen verbinden Pfeiler und
Wandpfeiler; dazwischen sind Kreuzgewölbe
ohne Gurte eingesetzt. An den Gewölben be-
merkte ich Spuren alter byzantinischer Malerei,
Gestalten von Heiligen u. dgl. Die Altarnische
ist halbrund, im obern Geschoss achteckig. Im
Aeussern laufen über beiden Geschossen rund-
bogige Friese hin, die des Untergeschosses, von
denen Lissenen niedergehen, noch durch ein an-
derweitiges Ornament ausgezeichnet. An dem Bo-
gen einer Thür auf der Südseite fand ich eine Na-
mensinschrift, wohl die des Erbauers: Wolframus.
Zu Pforzheim war mir die Schlosskirche wegen der etwas seltsamen
und freilich nicht ganz klar verstandenen Behandlung des romanischen und
des Uebergangs-Styles, die sich daran kund gab, merk-
würdig. Die Westfacade (der untere Theil des Thurm-
baues) ist durch horizontale und vertikale Gesimsstreifen
mehrfach in rechtwinkliger "Weise getheilt: einem ober-
wärts hinlaufenden zierlich profilirten Bundbogenfries
entspricht aber ein weiter unten befindliches, schwer aus-
ladendes Gesims nicht sonderlich. Besondern rechtwink-
ligen Einschluss hat das in der Mitte befindliche rundbogige
Hauptportal. Dasselbe ist reich, aber schwerfällig geglie-
dert, — dieselbe Gliederung in der Bogemvölbung und
in den Seitengewänden, die zugleich, mehr als es sonst
üblich ist, aus der Mauerfläehe vortritt. Die gesammte
Weise dieser Gliederung ist hier nach dem Bogenprincip
construirt und in solcher Art an den Seitenwänden hinab-
geführt, während sonst im romanischen Style noch das
umgekehrte Verhältniss vorzuherrschen pflegt, dass nem-
lich die Seitengewände und deren Bediugnisse das Princip
der Gliederung abgeben und dieses (oft ohne alle Modi-
fication) im Bogen emporsteigt. Das Kämpfergesims des
Portales ist ebenfalls reich gegliedert, wenig ausladend.

P'»6I dei Kimpttr-
gesimses am Portil.
 
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