November 1853. 739
im Jahre 1261 geweiht'). Die erhaltenen Ueberbleibsel gehören aber nicht
dieser Epoche, sondern einem Neubau an. der im fünfzehnten Jahrhundert
ausgeführt istj Die langgestreckte einschiffige Kirche hatte zwei Räume
übereinander: eine Unterkirche für das Volk, deren ehemalige Gewölbdecke
noch an den Seitenwänden erkennbar ist, und darüber, bis an den Altar-
raum vortretend, die Emporkirche für die Nonnen; die Fenster mit spät-
gothisch geschweiftem Stabwerk und dem charakteristischen Kehlenprofil
dieser Spätepoche. Wenn die Kirche, hienach überhaupt als ein neues
Beispiel jener Doppelkirchen in Nonnenklöstern, auf die neuerlich mehr-
fach aufmerksam gemacht ist, bemerkenswerth sein dürfte, so gewinnt sie
ein zwiefaches Interesse dadurch, dass sie diese Einrichtung noch in so
später Zeit lebendig zeigt. Im Uebrigen haben ihre Reste einen grossen
architektonischen und malerischen Reiz durch das achteckige Glockenthürm-
chen, welches sich über dem Giebel auf erkerartigen Vorsprüngen, die an
der Aussen- und an der Innenseite emporsteigen, erhebt. Es bildet oben
ein offnes Fensterwerk, — acht Fenster, jedes mit einem Stab in der Mitte
und mit geschweiften Bogenfüllungen; über den Fenstern geschweifte Gie-
bel mit Blumen. Darüber eine hohe achteckige Spitze mit der Blumen-
krönung, massiv und undurchbrochen, was allerdings, mit der luftigen
Erscheinung der Fenster nicht ganz im Einklänge ist. \Auch hier, wie bei
Seebach, gewinnt das stille Thal durch diese Trümmer, und namentlich
durch die zierliche Thurmspitze, einen eigenthümlich anziehenden Charak-
ter, dem Wanderer, der aus den waldigen Höhen hervortritt, ein heitres
Willkommen zurufend. J
Ich kann diese Notizen nicht schliessen, ohne mein Bedauern darüber
auszusprechen, dass die Denkmäler jener Gegend im Ganzen noch so wenig
gründliche Bearbeitung empfangen haben und dass namentlich, was auch
von Quast in seiner besprochenen Schrift beklagt, das vortreffliche Werk
von Geier und Görtz über die Denkmale romanischer Baukunst am Rhein
nach seinen ersten Lieferungen ins Stocken gerathen ist. Die letzten Jahre
mögen diesem Unternehmen allerdings nicht sehr günstig gewesen sein:
tüchtige, gründliche und praktisch behandelte bildliehe Aufnahmen dürften
jetzt schon ihr Publikum finden. Das freilich möchte bei derartigen Unter-
nehmungen im Auge zu behalten sein, dass bei den blossen Rissen alles
Ueberfiüssige an Ausdehnung, alle Wiederholung gleichartig fortlaufender
Theile füglich vermieden werden kann; die kleinen Abbildungen, welche
v. Quast giebt, zeigen es, wie viel sich mit scheinbar Wenigem leisten
lässt. Dann aber kommt es auf völlig charakteristische Wiedergabe der
architektonischen Profile in grossem Maassstabe und ebenso auf malerische
Darstellung der Einzeltheile, ihre körperliche und räumliche Wirkung zu
vergegenwärtigen, an: unsre Architekturzeichner sind doch heutiges Tages
wohl geübt genug, um auch dergleichen mit aller Treue und zugleich mit
denjenigen einfachsten Mitteln zur Ausführung zu bringen, die eben das
Wesentliche des Bildes klar zu machen im Stande sind. Ich glaube in
der That, dass viele derartige Unternehmungen bei uns nur an ihrer min-
der praktischen Anlage scheitern. Das mittelrheinische Land würde zu
solcher Arbeit wichtigen Stoff gewähren; und wie sich demselben, in der
neuen Ausstattung des Domes von Speyer, eine so glänzende künstlerische
') Remling, a. a 0., I., S. 275.
im Jahre 1261 geweiht'). Die erhaltenen Ueberbleibsel gehören aber nicht
dieser Epoche, sondern einem Neubau an. der im fünfzehnten Jahrhundert
ausgeführt istj Die langgestreckte einschiffige Kirche hatte zwei Räume
übereinander: eine Unterkirche für das Volk, deren ehemalige Gewölbdecke
noch an den Seitenwänden erkennbar ist, und darüber, bis an den Altar-
raum vortretend, die Emporkirche für die Nonnen; die Fenster mit spät-
gothisch geschweiftem Stabwerk und dem charakteristischen Kehlenprofil
dieser Spätepoche. Wenn die Kirche, hienach überhaupt als ein neues
Beispiel jener Doppelkirchen in Nonnenklöstern, auf die neuerlich mehr-
fach aufmerksam gemacht ist, bemerkenswerth sein dürfte, so gewinnt sie
ein zwiefaches Interesse dadurch, dass sie diese Einrichtung noch in so
später Zeit lebendig zeigt. Im Uebrigen haben ihre Reste einen grossen
architektonischen und malerischen Reiz durch das achteckige Glockenthürm-
chen, welches sich über dem Giebel auf erkerartigen Vorsprüngen, die an
der Aussen- und an der Innenseite emporsteigen, erhebt. Es bildet oben
ein offnes Fensterwerk, — acht Fenster, jedes mit einem Stab in der Mitte
und mit geschweiften Bogenfüllungen; über den Fenstern geschweifte Gie-
bel mit Blumen. Darüber eine hohe achteckige Spitze mit der Blumen-
krönung, massiv und undurchbrochen, was allerdings, mit der luftigen
Erscheinung der Fenster nicht ganz im Einklänge ist. \Auch hier, wie bei
Seebach, gewinnt das stille Thal durch diese Trümmer, und namentlich
durch die zierliche Thurmspitze, einen eigenthümlich anziehenden Charak-
ter, dem Wanderer, der aus den waldigen Höhen hervortritt, ein heitres
Willkommen zurufend. J
Ich kann diese Notizen nicht schliessen, ohne mein Bedauern darüber
auszusprechen, dass die Denkmäler jener Gegend im Ganzen noch so wenig
gründliche Bearbeitung empfangen haben und dass namentlich, was auch
von Quast in seiner besprochenen Schrift beklagt, das vortreffliche Werk
von Geier und Görtz über die Denkmale romanischer Baukunst am Rhein
nach seinen ersten Lieferungen ins Stocken gerathen ist. Die letzten Jahre
mögen diesem Unternehmen allerdings nicht sehr günstig gewesen sein:
tüchtige, gründliche und praktisch behandelte bildliehe Aufnahmen dürften
jetzt schon ihr Publikum finden. Das freilich möchte bei derartigen Unter-
nehmungen im Auge zu behalten sein, dass bei den blossen Rissen alles
Ueberfiüssige an Ausdehnung, alle Wiederholung gleichartig fortlaufender
Theile füglich vermieden werden kann; die kleinen Abbildungen, welche
v. Quast giebt, zeigen es, wie viel sich mit scheinbar Wenigem leisten
lässt. Dann aber kommt es auf völlig charakteristische Wiedergabe der
architektonischen Profile in grossem Maassstabe und ebenso auf malerische
Darstellung der Einzeltheile, ihre körperliche und räumliche Wirkung zu
vergegenwärtigen, an: unsre Architekturzeichner sind doch heutiges Tages
wohl geübt genug, um auch dergleichen mit aller Treue und zugleich mit
denjenigen einfachsten Mitteln zur Ausführung zu bringen, die eben das
Wesentliche des Bildes klar zu machen im Stande sind. Ich glaube in
der That, dass viele derartige Unternehmungen bei uns nur an ihrer min-
der praktischen Anlage scheitern. Das mittelrheinische Land würde zu
solcher Arbeit wichtigen Stoff gewähren; und wie sich demselben, in der
neuen Ausstattung des Domes von Speyer, eine so glänzende künstlerische
') Remling, a. a 0., I., S. 275.