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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 66.1915-1916

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Heilmeyer, Alexander: Kriegsmedaillen, Gedenkzeichen und Kriegsschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.7140#0047
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3m Gegensatz zu diesem mehr symbolischen Schmuck
ist der eigentliche Schmuck, wie er in Gestalt
von Ringen, Armreifen, Bändern, Broschen und
Anhängern auftritt, Körperschmuck. Das heißt er
ziert, schmückt den Körper und paßt sich seinen
formen unmittelbar an. Ringe sollen die Schön-
heit des Fingers und der Hand hervorheben, der
Armreif den Arm schmücken, das Kollier die weiche
Rundung des schönen Halses noch besser in die
Erscheinung treten lassen. Kostbare Metalle und
Steine, Perlen und Email sind Dinge, welche
dem damit Geschmückten schon an sich einen beson-
deren Vorzug und das Ansehen des Reichen, Viel-
vermögenden geben. Aber immerhin besteht dieses
Ansehen nur im Hinblick auf den eitlen Schein
dieser Kostbarkeiten, ein Ansehen, das gerade
der Kriegsschmuck vermeiden soll. Daher muß
der Kriegsschmuck seiner eigenen Natur nach wohl
als Körxerschmuck auftreten, aber er muß zugleich
auch dem Sinn nach symbolisch wirken, hinter
seiner schönen Erscheinung muß ein Sinn stehen,
der ihm eine besondere Bedeutung und einen eigen-
tümlichen wert gibt. Ls ist darum kein Zufall,
daß für den Kriegsschmuck in erster Linie die Gestalt
des Eisernen Kreuzes bevorzugt wird. Nur ist das
Eiserne Kreuz hier nicht am Platze. Denn das
Eiserne Kreuz ist kein Schmuck, sondern eine Aus-
zeichnung, ein Verdienstorden für persönliche Lei-
stungen im Kriege. Es berührt daher unangenehm,
wenn Eiserne Kreuze als Atrappen von jedermann
getragen werden. Bei Männern macht das gerade-
zu den Eindruck, als solle es den Schein erwecken, als
„habe" man es; bei Frauen ist es vollends wider-
sinnig. Etwas anderes ist es, wenn das Rote Kreuz
im weißen Feld getragen wird und der Träger
oder die Trägerin Samariterdienste leistet. Ls liegt
darum auch nahe, daß es Frauen als Schmuck gilt.
Besonders scheint sich diese Sitte in Gsterreich-
Ungarn eingebürgert zu haben. Professor R. Zutt
an der Staatskunstgewerbeschule in Budapest hat
im Aufträge der öffentlichen Wohlfahrtspflege,
wie im Aufträge privater Vereinigungen solche
Schmuckstücke geschaffen, die als Abzeichen des
Roten Kreuzes getragen werden.

Diese Arbeiten sind in mehr als einer Hinsicht be-
merkenswert, besonders aber darum, weil hier
mit ausgezeichnetem Erfolg das aktuelle 3nteresse
und Bedürfnis nach solchem Kriegsgedenkzeichen
künstlerischen Absichten dienstbar gemacht wurde.
Zutt gewann Industrielle und Leiter von Wohl-
tätigkeitsaktionen und Vereinen für seine Idee,
an Stelle der von der Industrie hergestellten
nüchternen und geschmacklosen Abzeichen solche

von künstlerischer Form und geschmackvoller Aus-
führung anzufertigen. Er kam dabei den Bedürf-
nissen und wünschen der Besteller weitgehend ent-
gegen und entwarf dennoch geschmackvolleMedaillen,
Abzeichen, Knöpfe, Anhänger und Schmuckstücke. Er
stellte dabei auch seine Schule in den Dienst dieser
vaterländischen Aufgabe, beschäftigte darin Schüler
und Handwerker und führte in kurzer Zeit 2500 Stück
solcher Kriegsschmuckstücke aus. Die bferstellungs-
kosten beliefen sich insgesamt auf 65 000 Kronen;
der Verkaufspreis betrug 265 000Kr. Auf dieseweise
flössen 200000 Kronen der Kriegsfürsorge zu.
wie die gesamte ungarische Presse hervorhob, liegt
aber der Hauptwert dieser Arbeit in ihrer kulturellen
Bedeutung. In einem Artikel „Damenmode, Kunst-
gewerbe und der Krieg" heißt es: „Sehr wichtig
ist diese Arbeit vom Standpunkte der Erziehung
unseres Publikums zum Geschmack und zur künst-
lerischen Kultur. Diese 2500 Stück Jutt'schen Kriegs-
schmuckes sind eine Lehre, daß wir keinen ausländi-
schen Schund kaufen sollen, sobald von unserer
Hand geschaffene werte zur Verfügung stehen."
Diese Geschichte hat auch für uns eine Nutzanwen-
dung, die wir beherzigen sollen. Ich denke, wir
haben noch viel weniger notwendig, uns nach
fremden Mustern umzusehen, wir könnten der,
bei diesem Geschäft große Summen verdienenden,
aber den allgemeinen Geschmack erniedrigenden
Industrie ebenso erfolgreich entgegentreten, indem
wir diesen „Novitäten" weit bessere und dauernde
kunstgewerbliche Arbeiten gegenüberstellen. Man
verweise nicht auf „die Billigkeit" solcher Industrie-
produkte. Denn wer einmal schon Schmuck kauft,
der rechnet nicht mit Pfennigen. Hinsichtlich der
Erfindung und Formgestaltung von Kriegsgedenk-
zeichen könnten wir mit unseren hervorragenden
heimischen Kräften gewiß Erfolge erzielen, wenn
sie sich nur dieses Gebietes in vollem Umfange
bemächtigten. A. Heilmeyer.

£jerta von Gumppenberg, Exlibris
Aus dem Schriftunterricht der A. Kunstgew.-Schule München

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verantw. Redakteur (ausgenommen Anzeigeteil): Alexander Heilmeyer. — Herausgegeben vom Bayer. Aunstgewerbeverein. — Druck und Verlag

von R. Dldenbourg, München.
 
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