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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 66.1915-1916

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Chronik des Bayerischen Kunsgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7140#0222
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weitere Art des Holzschnittes entwickelt, der Vriginalholzschnitt.
Die Künstler stellen ihn selbst her und wollen damit Wir-
kungen erzielen, welche nur in dieser Technik möglich sind,
während der frühere Holzschnitt bloß reproduktiv war. Sehr
häusig wird dieser neue Holzschnitt sarbig behandelt. Eine
große Anzahl guter Lichtbilder diente zur Illustrierung der
vorgetragenen Anschauungen. Außerdem hatten die Herren
Kunstmaler Karl Thiemann in Dachau, Hermann Haas (Mün-
chen) eine Reihe ihrer Arbeiten zur Verfügung gestellt, Herr
Kunsthändler Baum hatte aus seiner Ausstellung einige Blätter
von petersen überlassen, und endlich hatte Herr Paul Fcühauf,
der jahrelang das xylographische Institut der „Illustrierten
Zeitung" leitete, eine große Anzahl seiner prachtvollen Ton-
schnitte ausgestellt. Der Verlag von Braun und Schneider
hatte in sehr dankenswerter weise eine Griginalzeichnung, den
zugehörigen Stock und das Galvano, sowie weitere Stöcke,
handabdrücke und Tonschnitte aus den „fliegenden Blättern"
überlassen.

Dienstag, den 25. März (9(6, Vortrag des Herrn Professor
vr. PH. M. Halm, Direktor des bayerischen Nationalmuseums:
„wir Barbaren". Ls waren kunstgeschichtliche Dokumente
mit Lichtbildern, die Or. Halm den zahlreichen Besuchern vor-
sührte, Dokumente zur Entkräftung der von unseren feinden
gegen uns erhobenen Anklagen. Der Redner gab zunächst
bekannt, daß der öfter zitierte § 27 des Kriegsabkommens im
Haag, daß bei Beschießung und Belagerung kunstgeschichtliche
Denkmäler, Bauten für gottesdienstliche oder wohlfahrtszwecke
zu schonen seien, wenn sie nicht gleichzeitig militärischen Zwecken
dienten, wahrhaftig nicht erst für die Deutschen hätte festgelegt
werden müssen. Er entsprach ohnedies unserem Empfinden,
wenn aber solche Bauten militärischer Beobachtung dienstbar
gemacht werden, so wäre eine Schonung falsch. So kam es
zur Beschießung des Doms von Reims, dieser wunderbaren
Kathedrale, die aber keineswegs ein Trümmerhaufen ist, wie
die feinde behaupten, wenngleich sie sehr schwer gelitten hat.
Das Hauptunheil richtete das Gerüst am nördlichen Turm an,
dessen brennend niederstürzende Balken die Skulpturen her-
unterschlugen oder schwer beschädigten. Man sollte nun glau-
ben, daß die fragmente sorgfältig gesammelt worden wären;
das war indessen nicht der fall. Sie wurden von englischen
(Offizieren gesammelt und fortgebracht, und es ist wohl eine
Ironie des Schicksals, daß der Kopf eines lachenden Engels,
der als das Wahrzeichen von Reims galt, zu einem amerika-
nischen Altertümerhändler in New hork kam, von dem einer
jener tüchtigen Pulverfabrikanten, von denen unsere feinde
die Munition beziehen, ihn erwarb. Die Stadt hat wenig
oder gar nichts zum Schutze des Bauwerks unternommen,
vor allem aus dem Gefühl heraus, die Deutschen nach Mög-
lichkeit zu belasten.

Professor Halm legte dann dar, wie es mit der Denkmal-
pflege in Frankreich vorher bestellt war, daß gerade die Dome
stark vernachlässigt wurden, so daß der französische Bildhauer
Rodin seinen Landsleuten ins Gewissen redete. Schlimmer
steht es noch mit den kleineren Kirchen, deren Erhaltung den
Gemeinden überlassen ist. Ls sind schon (200 Bauten im
Lande gezählt, die dem verfall entgegengehen. Einem Ab-
geordneten, der darauf hinwies, erwiderte der jetzige Minister
Irland, die Sache sei unwichtig, und ein anderer Deputierter
machte unter dem Beifall der versammelten die zynische Be-
merkung, Gott sei allmächtig, er könne auch seine Kirchen er-
halten, und wenn er das nicht wollte, dürfe man sich seinem
willen nicht widersetzen.

hatte der Redner schon von Reims ausgezeichnete Lichtbilder
der Kathedrale vor und nach der Beschießung vorgeführt, so
zeigte er auch verschiedene (Objekte von Löwen, wies die Bilder-
fälschungen nach, die ein belgischer Geistlicher dort über den
Zustand der Kirche St. Peter gemacht, besprach die an sich
sehr bedauerlichen Zerstörungen in Arras und vpern, um zu
beweisen, wie unsere Soldaten und namentlich auch unsere
Bayern nach Kräften Kunstwerke zu retten bemüht waren.
Dann aber untersuchte er die frage, ob denn die Franzosen
wirklich berechtigt sind, uns nach ihrer ganzen Vergangenheit
Vorwürfe zu machen, und erörterte, ebenfalls an der Hand
von historischem Bildermaterial, die Verwüstungen in der
Pfalz, die französischen Schandtaten in Heidelberg, Speier,
Worms, die Verwüstungen während der Hugenottenverfol-
gungen, und noch mehr während der Revolution in Kirchen,
Klöstern und Schlössern, darunter die schaudervolle Schändung
von Fürstengräbern von St. Denis bei Paris. Ein wesent-
liches Kapitel bildet der Kunstraub Napoleons I., der bekannt-
lich eine Reihe der wertvollsten Bilder und Sammelobjekte
einheimste. In den Katalogen, die seinerzeit von ihm eingesetzte
besondere Kommissare ausfertigten, verbarg sich oft unter einer
Nummer eine ganze Sammlung, wie z. B. (200 Majoliken,
wie anders ist es dagegen mit der Kunstpflege in Belgien unter
deutscher Herrschaft bestellt! wir haben auch aus französischen
Landen eine Reihe von Kunstgegenständen in Schutzhaft ge-
nommen, die einstweilen in der Templerkapelle in Metz ver-
wahrt sind. Geheimrat Bode hat erklärt, daß jedem Lande
seine Kunst- und Kulturdenkmale bleiben sollen, (m.)

(M. N. N., Z(. März (9(6.)

Dienstag, den ((. April, Vortrag des Herrn Professor l)r. L.
fomm über die „Grundlagen der funkentelegraphie".
Der Vortragende erwähnte zunächst die Bedeutung, welche der
funkentelegraphie im Kriege zukommt und gab hierbei einen
kurzen Überblick über das Wesen der drahtlosen Telegraphie.
Jur Veranschaulichung des Wesens elektrischer Schwingungen,
deren Erzeugung und Ausbreitung im Raum wurden Bei-
spiele aus dem Gebiet der Akustik herangezogen und durch
Experimente erläutert. In Wort und Bild wurden dann die
Send- und Empfangsstation, wie dieselben namentlich beim
Militär üblich sind, geschildert. Nachdem der Vortragende
die verschiedenen Methoden, welche uns zur Erzeugung teils
gedämpfter, teils ungedämpfter Wellen zur Verfügung stehen,
beleuchtet hatte, erläutert der Vortragende durch Experimente
mit Hilfe der Poulson-Lampe die Erzeugung ungedämpfter
elektrischer Schwingungen, die Ausbreitung derselben im Raume,
die Art und weise, wie sich die elektrischen Zustände des Raumes
durch Leuchterscheinungen und Strahlungsphänomene ver-
raten und unter welchen Bedingungen Resonanzerscheinungen
auftreten.

Führungen unü Sesichtigungen

Außer den genannten Vorträgen haben wir auch einer Füh-
rung in Dankbarkeit zu gedenken.

Herr Direktor Professor Or. Halm hat uns die Freude be-
reitet und den Ausschuß zu einer Besichtigung der Neuerwer-
bungen und Aufstellungen von Kunstwerken im National-
museum eingeladen. Unter der persönlichen Führung des
Herrn Direktors hatten unsere Mitglieder aufs neue Gelegen-
heit, die in ihrer Art einzigen Schätze dieser hervorragenden
Sammlung eingehender kennen zu lernen, vielleicht läßt es
sich auch einmal ermöglichen, daß der ganze verein an einer
solchen Führung teilnehmen kann.

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