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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 68.1917-1918

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Wolf, Georg Jacob: Moderne Silberarbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10300#0062
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liches Ziermoment, entspricht es allen ästhetischen
Anforderungen.

Line glückliche Erkenntnis neuerer Zeit ist die
Möglichkeit der Verbindung von Silber mit anderen
Materialien, z. B. mit Elfenbein, Ebenholz und
besonders mit den undurchsichtigen, stumpfen bsalb-
edelsteinen, deren ungewöhnlich starke dekorative
Eigenschaften erst seit kurzem wieder entdeckt wur-
den. Auch die Verbindung von Silber mit erlesenen
Emaillierungen ist versucht und es sind beachtens-
werte Erfolge damit erzielt worden; der zarte,
neutrale und diskrete Ton des leicht und schön
oxidierenden Silbers bietet eine erfreuliche, wir-
kungsvolle Folie für kräftige Farben, wie sie das
glänzende Schwarz des Ebenholzes, das matte
Lremweiß des Elfenbeins und das frohe, farbige
vielerlei der Halbedelsteine, besonders des Tür-
kis, Lopislazuli und Gpal, bieten. Ls ist auch sehr
richtig darauf hingewiesen worden, daß die kan-
tenlose, rundliche Form der Halbedelsteine sich
viel besser zu dem vornehm matten Glanz und
den natürlichen, weichen, gerundeten Formen
des kunstgewerblich bearbeiteten Silbers schickt
als die scharf in Facetten geschliffenen Edelsteine
vermöchten. Die einst zu Zeiten August des Star-
ken mit Glück unternommene Verbindung von
Silber und Porzellan ist in unserer Zeit nicht wieder
ausgenommen worden; schade, sicher ließen sich
da außerordentlich merkwürdige Wirkungen er-
zielen.

Hat also das zeitgenössische Silber, dem Zug der
Zeit folgend, sich den konstruktiven Formen im
Gegensatz zu den dekorativen, die es einst beherrsch-
ten, angepaßt und den Dekor, wo es sich seiner be-
dient, fast überall aus der Füllung in den Rahmen

verbannt, so tun sich doch neue dekorative Mög-
lichkeiten durch die Verbindung mit anderen Ma-
terialien auf. Ganz gewiß sind diese Möglichkeiten
noch nicht erschöpft; wie reich und mannigfaltig
sie sich heute schon darbieten, da nach dem Ratzen-
jammer des puritanischen Ronstruktivismus ein
stärkeres Bedürfnis nach künstlerisch-persönlichem
Ausdruck wieder zu dekorativeren Runstformen
hindrängt, mögen unsere Bilder beweisen.

Die gewählten Abbildungen, die moderne Silber-
arbeiten zum Gegenstand haben, sind durchwegs
münchnerischer Herkunft. Münchner Silber kann
die Zuerkennung eines für die heutige «Dualitäts-
leistung auf diesem Gebiete programmatischen
Lharakters beanspruchen, daher darf es nicht
als Anmaßung gelten, wenn keine Stücke ander-
weitiger Provenienz daneben gestellt wurden. Die
sinnlich-frohe, auf starke optische Effekte gestellte
Art des Münchner Runstgewerbes, das nach einer
Periode gründlicher Läuterung wieder zu reicheren
Formen drängt, ist in den Werken ihrer tüchtigen
Silberschmiede ganz besonders lebendig, und wenn
sich unter den heutigen Meistern der Zunft auch
kein Balduin Drentwett befindet, so ist München
hinsichtlich seiner Silber- und Goldschmiedelei-
stungen doch allmählich an den Platz gerückt, den
einst die berühmten und vielbegehrten Augsburger
und Nürnberger Silber- und Goldschmiede inne-
hatten. Die Münchner Silberschmiede sind auf
dem rechten weg; problematische versuche, wie
sie, mehr aus theoretischen Ableitungen als aus
künstlerischer Notwendigkeit, z. B. bei dem sog. „Ha-
gener Silber" gemacht und als neue Offenbarungen
in die Welt posaunt wurden, können keine Revision
dieser Behauptung bewirken.

Die Abbildungen S. 60—62 nach Aufnahmen des Agl. Landesamtes für Denkmalpflege in München.

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Schriftleiter: Dr. Hans Aarlinger. — t^erausgegeben voni Bayer. Aunstgerverbeverein. — Druck und Derlaa van R. GId enbo urg, München.
 
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