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So ergibt sich nun, daß auf den Spuren von Goethes Farb-
kraftlehre die Wissenschaft den Menschen die Farbe lichttech-
nisch dienstbar machen muß, nachdem bisher vorwiegend die
Kunst den Verkehr zwischen Farbe und Gemüt des Menschen
hergestellt hatte.

Line gleiche Aufgabe steht den Architekten insofern bevor, als
sie sich anschließend an diese gemeinsame Arbeit bei Aus-
schmückung und Farbengebung der Räume mit Farbwissen-
schaft mehr zu beschäftigen haben als bisher.

Gleichbedeutend und einer ernsten Bearbeitung würdig wie
das Gebiet der Farbentherapie ist dasjenige der Hygiene der
Farbstoffe selbst. Wir meinen dabei die Eigenschaften der
zur Bemalung verwendeten Farbstoffe und sonstigen Mate-
rialien. Wir wissen, daß bestimmte Farbstoffe giftig sind und
durch Einatmen usw. schwere Schädigungen der Gesundheit
herbeiführen können. Wir wissen ferner, daß Farben von
Wänden, von Räumen, je nach ihren Bindemitteln, der Ge-
sundheit wenig zuträglich sind. Wir wissen, daß tapezierte
Wände dem Mauerwerk das Transpirieren nicht bloß erschwert,
sondern unmöglich macht.

Jedes Mauerwerk, gleichviel im Raum oder im Freien, zieht
Feuchtigkeit an und scheidet diese wieder aus, das ist Transpi-
rieren der Mauern. Dieser Prozeß ist ein notwendiger Vor-
gang, um das Mauerwerk gesund zu erhalten, denn im ent-
gegengesetzten Falle wird der Putz morsch, stirbt und fällt ab.
Daher der Modergeruch in jenen Wohnungen und Räumen,
wo das Ausdünsten von Mauerwerk aus einer der vorange-
führten Ursachen unterbunden ist.

Farben und Bindemittel können, sobald diese infolge ihrer
pflanzlichen oder tierischen Eigenschaft einen Fäulnisprozeß
eingehen, auf die Gesundheit des Menschen von sogar sehr
nachteiligen Folgen sein. Es ist daher in erster Linie Aufgabe
des Malers, zu untersuchen, ob Räume, welche mit Farben
zu bemalen sind, diesen feuchten Temperaturen ausgesetzt sind.
Wenn solches der Fall, so sind alle vegetabilischen oder ani-
malischen Farben- und Bindemittel zu vermeiden. An deren
Stelle haben mineralische Farben und Bindemittel zu treten,
welche nicht bloß den großen Vorteil haben, daß sie dem Mauer-
werk das Transpirieren gestatten, daß sie eintretenden Fäulnis-
prozessen standhalten und daß solchermaßen gestrichene Flächen
bis zu einem gewissen Grade waschbar sind, was vom ökono-
mischen Standpunkt ebenfalls ins Auge zu fassen ist.

Gerade die zeitweilige Reinigung von Wänden in Räumeü
von Wohnungen und Schlafzimmern, Schul- und Arbeitssälen,
ist ein ernstes Gebot im Sinne der Gesundheitspflege.

Man wir sich allmählich mehr mit Farbenhygiene beschäftigen
müssen, denn auch dieses Gebiet schließt noch viele ungeahnte
Möglichkeiten in sich, und zwar wiederum im allgemeinen
Interesse für die Menschheit.

Wenn Farbenhygiene und Farbentherapie der Menschheit
dienstbar gemacht werden sollen, sind noch große und schwierige
Aufgaben zu lösen, sie erfordern die ganze Arbeitskraft und
Freude der hierzu Berufenen. Arzte und Dekorationsmaler,
Physiker und Lhemiker, Lichtingenienre, alle müssen zusammen- -
arbeiten, nur dann wird eine Farbwissenschaft entstehen, die
in ihrer Auswirkung zum Segen der Menschheit werden kann.

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Schriftleiter: vr. Hans Karlinger. — Herausgegeben vom Bayer. Kunstgerverbeverein. — Druck und Verlag von R. Gldenbourg, München.
 
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