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Die Kunde — 11.1943

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Döhler, Margarete: Altes, bodenständiges Handwerk in Niedersachsen: In der Werkstatt des Mollenhauers
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Mtes, boöenstänüiges Handwerk in Niedersachsen:
<in der Werkstatt des Nollenhauers
Von Margrets Döhler, Minden i. W.
Die Bearbeitung des Holzes haben unsere Vorfahren schon früh be-
herrscht; denn Holz ist einer der Grundstoffe germanischer Handwerks-
kunst gewesen. Ein in seiner urtümlichen Zweckmäßigkeit unverändert
gebliebener Zweig alter Holzkunst ist das Handwerk des Mollen-
hauers, der die Tröge und Mollen zum Schlachten und Backen ver-
fertigt. Seine Werkstatt ist zwar nur noch selten zu finden, die Erzeugnisse
seiner Arbeit aber sind in den ländlichen Bezirken unserer Heimat und
weit umher im bäuerlichen Umkreis noch viel in Gebrauch. Von diesem
Handwerk ist kaum die Rede gewesen, und doch ist es wert, besonders be-
achtet zu werden; denn es hat Jahrhunderte lang, vielleicht noch länger,
die Grundlage zur Bereitung des täglichen Brotes mit-
geschaffen.
Es gehört weder Gelehrsamkeit, noch tiefschürfender Spürsinn dazu, die
innere Verwandtschaft dieser Arbeit mit sehr alter Werk-
kunst zu empfinden; auch gibt es kaum eine Technik, die von neuen Geräten
und Maschinen so unbeeinflußt geblieben ist, wie das Werk des Mollenhauers.
Angesichts der sauber in seiner Werkstatt aufgestellten fertigen
Schlachttröge und Backmollen oder Mulden, die durch
fleißiges Graben, Hauen und Stemmen im Holze einer breiten Baum-
stammhälfte entstehen, taucht unwillkürlich in Gedanken als Spiegelbild
dieser mühseligen, Vorsicht und gute Kenntnis des Werkstoffes heischen-
den Kunst die Vorstellung von der Zurichtung des Einbaumes in frühe-
ren Zeiten auf, darin der Tote zur letzten Fahrt gebettet oder mit dem
die Wasser des Lebens befahren wurden. Wenn seine Herstellung auch
durch Ausbrennen des inneren Baumstammkernes geschah, so war das
fertige Stück doch das Urbild der heute sauber geglätteten Mollen, und
es erscheint ganz folgerichtig, daß sich die Bewohner eines häufig vom
Hochwasser der Weser überschwemmten Dorfes ihrer größten Schlachttröge
als zweckdienlicher Kähne bedient haben.
Die Mollen und Tröge aber zum Backen und Schlachten haben unsere
bäuerlichen Vorfahren gewiß fchon fehr früh nicht viel anders hergestellt, als es
heute noch droben, unterhalb des Paffes am Ausgange des Dorfes Kleinen-
Brem en (bei Bückeburg) durch den Mollenhauer Fritz Berg, feinen
Bruder und feinen Heranwachsenden Sohn geschieht. Sein Handwerk scheint in
diesem Dorfe besonders heimisch zu fein; denn vor dem 1. Weltkriege gab es
dort noch 12 Mollenhauereien. Nur zwei davon haben Krieg- und In-
flationszeit überdauert, eben die der Gebrüder Berg. Vor mehr als 100 Jahren
(1830) hat der Urgroßvater der beiden den Grundstein zum Haus und zur Werk-
statt gelegt. Daß es ein guter Grundstein war, zeigt sich daran, daß trotz
stürmischer Zeiten beide, sowohl Haus als Werkstatt, noch erhalten find. 76 Jahre
lang hat dann fein Sohn dort den „Krummhauer" geführt, die eigenen Söhne
um vieles überlebend, bis er mit 96 Jahren die Augen schloß. Haus und

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