um nach Hause zu gehen. Da das für Hannover eine frühe Stunde war, fürch-
tete ich, daß ihm die Gesellschaft nicht behagt habe. Aber sobald wir draußen
waren, nahm er meinen Arm und sagte: ,Ihr seid hier all' ganz furchtbar nette
Leute, und das in dem Buch kann nu man all' so stehen bleiben!' Er hatte
beschlossen, nun gleich am andern Morgen weiterzufahren nach Paris und
Boulogne-sur-mer in seine Sommerfrische. Sehr erleichtert kehrte ich in
meine Gesellschaft zurück, die dann noch lange nicht auseinanderging.
(,,) Dies Vorkommnis erklärt den freimütigen Ton meines Buches, das so
mit Vertrauen aufgenommen wurde und rasch eine starke Verbreitung fand.
Es ist in den nächsten zwei Jahren in vier Sprachen übersetzt worden: Eng-
lisch, Schwedisch, Dänisch und Ungarisch. Für Hannover wurde es bekannt
gemacht durch eine anerkennende Besprechung des Courier-Redakteurs Kohl-
rausch. So kam es, daß Brockhaus schon nach wenigen Wochen den Plan
zu einer zweiten Auflage faßte, die im Laufe des neuen Jahres (1890) erschei-
nen sollte. Um dieser neuen Aufgabe gerecht zu werden, beschloß ich...
Schliemann bei seinen neuen Ausgrabungen in Troja zu besuchen und dann
in Athen, Mykene und Tiryns noch mancherlei nachzuholen."
Schon drei Jahre vorher hatte Schliemann, der ja wußte, daß Schuchhardt
jenes Buch schreiben solle, ihn von Griechenland aus mitgenommen, weil er
ihm, sowie seinem „Doktorvater", dem Heidelberger klassischen Philologen
und Althistoriker Curt Wachsmuth, und dem Archäologen Cichorius Troja
zeigen wollte. Doch die türkischen Behörden in der Hafenstadt Tschanak-
Kalessi fürchteten, Schliemann sei gekommen, um Goldfunde einzuheimsen,
die einige Wochen vorher in der Trojaebene gemacht waren. Obwohl er noch
am selben Abend das Schiff zur Rückfahrt bestieg, erreichte er auch damit
nicht, daß seine Reisegefährten Troja sehen konnten.
Was ihm 1887 nicht vergönnt gewesen war, gelang 1890: Schuchhardt kam
nach Troja. Er sah die letzte Ausgrabung, die Schliemann vor seinem tragi-
schen Tode am Ende des Jahres machte. Er hatte dabei vor Schuchhardt schon
viele andere Besucher gehabt. Um möglichst alle Zweifel gegen seine Gleich-
setzung von Hissarlik und Troja zu tilgen, die ein dem internationalen Anthro-
pologenkongreß in Paris 1889 vorgelegtes Buch seines erbittertsten Gegners
(des Hauptmanns a. D. Boetticher) neu genährt hatte, lud Schliemann zu einer
Konferenz an Ort und Stelle ein und errichtete für seine Besucher eine kleine
Zeltstadt, die von ihnen scherzhaft „Schliemannopolis" genannt wurde. Die
Gelehrten — aus verschiedenen Ländern Europas — hatten einstimmig Schlie-
mann Recht gegeben. Einige von ihnen waren noch da, als Schuchhardt Ende
April eintraf. Er blieb acht Tage, kaufte dann, von Humann beraten, in
Smyrna schöne Teppiche für das Kestner-Museum und machte in den anschlie-
ßenden drei Wochen die vorgesehenen Studien in Griechenland. Das Vorwort
zur zweiten Auflage schloß Schuchhardt am 18. August 1891 mit dem Satze:
„Möge das Buch auch ferner sich gute Freunde erwerben und der Sache des
großen Entdeckers, der leider zu früh dahingegangen ist, zu immer allgemei-
nerer Anerkennung verhelfen."
Neben Schuchhardt wirkte in dieser Richtung besonders Eduard Meyer in
seiner „Geschichte des Altertums" 6.
6 Ernst Meyer in seinem trefflichen Nachwort (S. 147) zu der von ihm heraus-
gegebenen 7. Auflage von: Heinrich Schliemann, Selbstbiographie... Leipzig 1949.
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tete ich, daß ihm die Gesellschaft nicht behagt habe. Aber sobald wir draußen
waren, nahm er meinen Arm und sagte: ,Ihr seid hier all' ganz furchtbar nette
Leute, und das in dem Buch kann nu man all' so stehen bleiben!' Er hatte
beschlossen, nun gleich am andern Morgen weiterzufahren nach Paris und
Boulogne-sur-mer in seine Sommerfrische. Sehr erleichtert kehrte ich in
meine Gesellschaft zurück, die dann noch lange nicht auseinanderging.
(,,) Dies Vorkommnis erklärt den freimütigen Ton meines Buches, das so
mit Vertrauen aufgenommen wurde und rasch eine starke Verbreitung fand.
Es ist in den nächsten zwei Jahren in vier Sprachen übersetzt worden: Eng-
lisch, Schwedisch, Dänisch und Ungarisch. Für Hannover wurde es bekannt
gemacht durch eine anerkennende Besprechung des Courier-Redakteurs Kohl-
rausch. So kam es, daß Brockhaus schon nach wenigen Wochen den Plan
zu einer zweiten Auflage faßte, die im Laufe des neuen Jahres (1890) erschei-
nen sollte. Um dieser neuen Aufgabe gerecht zu werden, beschloß ich...
Schliemann bei seinen neuen Ausgrabungen in Troja zu besuchen und dann
in Athen, Mykene und Tiryns noch mancherlei nachzuholen."
Schon drei Jahre vorher hatte Schliemann, der ja wußte, daß Schuchhardt
jenes Buch schreiben solle, ihn von Griechenland aus mitgenommen, weil er
ihm, sowie seinem „Doktorvater", dem Heidelberger klassischen Philologen
und Althistoriker Curt Wachsmuth, und dem Archäologen Cichorius Troja
zeigen wollte. Doch die türkischen Behörden in der Hafenstadt Tschanak-
Kalessi fürchteten, Schliemann sei gekommen, um Goldfunde einzuheimsen,
die einige Wochen vorher in der Trojaebene gemacht waren. Obwohl er noch
am selben Abend das Schiff zur Rückfahrt bestieg, erreichte er auch damit
nicht, daß seine Reisegefährten Troja sehen konnten.
Was ihm 1887 nicht vergönnt gewesen war, gelang 1890: Schuchhardt kam
nach Troja. Er sah die letzte Ausgrabung, die Schliemann vor seinem tragi-
schen Tode am Ende des Jahres machte. Er hatte dabei vor Schuchhardt schon
viele andere Besucher gehabt. Um möglichst alle Zweifel gegen seine Gleich-
setzung von Hissarlik und Troja zu tilgen, die ein dem internationalen Anthro-
pologenkongreß in Paris 1889 vorgelegtes Buch seines erbittertsten Gegners
(des Hauptmanns a. D. Boetticher) neu genährt hatte, lud Schliemann zu einer
Konferenz an Ort und Stelle ein und errichtete für seine Besucher eine kleine
Zeltstadt, die von ihnen scherzhaft „Schliemannopolis" genannt wurde. Die
Gelehrten — aus verschiedenen Ländern Europas — hatten einstimmig Schlie-
mann Recht gegeben. Einige von ihnen waren noch da, als Schuchhardt Ende
April eintraf. Er blieb acht Tage, kaufte dann, von Humann beraten, in
Smyrna schöne Teppiche für das Kestner-Museum und machte in den anschlie-
ßenden drei Wochen die vorgesehenen Studien in Griechenland. Das Vorwort
zur zweiten Auflage schloß Schuchhardt am 18. August 1891 mit dem Satze:
„Möge das Buch auch ferner sich gute Freunde erwerben und der Sache des
großen Entdeckers, der leider zu früh dahingegangen ist, zu immer allgemei-
nerer Anerkennung verhelfen."
Neben Schuchhardt wirkte in dieser Richtung besonders Eduard Meyer in
seiner „Geschichte des Altertums" 6.
6 Ernst Meyer in seinem trefflichen Nachwort (S. 147) zu der von ihm heraus-
gegebenen 7. Auflage von: Heinrich Schliemann, Selbstbiographie... Leipzig 1949.
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