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Die Kunde — N.F.10.1959

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Heft 1-2
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Behrens, Hermann: Die Rössener Kultur und ihre Bedeutung für die Herausbildung der Tiefstichkeramik aus der Trichterbecherkultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.71587#0059

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zu denken20. Tatsächlich lassen sich neben allgemeinen Rössener Elementen
in der Tiefstichkeramik auch noch solche aufspüren, die speziell in der mittel-
deutschen Rössener Gruppe lokalisiert werden können. So hat z. B. H. Knöll
darauf aufmerksam gemacht, daß sich auf mitteldeutschen Rössener Gefäßen
vereinzelt schraffierte, stehende Dreiecke unterhalb des Randes finden, die
gerade in der mitteldeutschen Alttiefstichkeramik und der angrenzenden ost-
hannoverschen Tiefstichkeramik sehr häufig wiederkehren21. Aus A. Strohs
Arbeit über die Rössener Kultur in Südwestdeutschland geht hervor, daß die
Fußvase in dem von ihm behandelten Gebiet bis auf vereinzelte Ausnahmen
so gut wie unbekannt ist und daß der Fußring in Südwestdeutschland nicht
annähernd die Rolle spielt wie z. B. im Gräberfeld Rössen22. Unter diesen
Umständen wäre zu überlegen, ob nicht die Impulse, die zur Ausbildung der
Fußvasen im westlichen Verbreitungsgebiet der Tiefstichkeramik geführt
haben, räumlich von Mitteldeutschland ausgegangen sind. So scheint also
einiges darauf hinzudeuten, daß die Dynamik der Rössener Einflüsse auf die
Tiefstichkeramik maßgeblich durch die starke mitteldeutsche Gruppe der
Rössener Kultur geprägt wurde und wohl weniger durch die nordwestlichen
Ausläufer der südwestdeutschen Rössener Gruppe im Rheinland. Vielleicht
läßt sich durch subtile Untersuchungen noch Genaueres zu dieser Fragestel-
lung ermitteln.
Auch zu den chronologischen Problemen kann von der Grundlage der Rös-
sener Kultur aus einiges gesagt werden. „Kontaktfunde zwischen Rössener
und tiefstichkeramischer Trichterbecherkultur gibt es bisher nicht", belehrt
uns H. Knöll 23. Die Übereinstimmungen zwischen den alt- und jungrössener
Erscheinungen Südwestdeutschlands und denen der mitteldeutschen Altmega-
lithkeramik sprechen nach A. Stroh, wie bereits oben hervorgehoben, für
eine Gleichzeitigkeit der letzteren mit dem jüngeren Rössen und für eine
zeitliche Priorität des älteren Rössen. Diese spezielle chronologische Schluß-
folgerung kann wohl in dem Sinne verallgemeinert werden, daß die Anfänge
der Rössener Kultur vor den Anfängen der Tiefstichkeramik liegen und die
jüngere Rössener Entwicklung in gewissem Umfange mit der älteren Tief-
stichkeramik zeitlich gleichzusetzen ist.
In der Frage der zeitlichen Parallelisierung der tiefstichkeramischen Trich-
terbecherkultur mit der südskandinavischen Trichterbecherkultur besteht noch
keine Einhelligkeit der Meinungen. Klare Beziehungen formaler und stili-
stischer Art sind erst vom Ende des nordischen Frühneolithikums (Beckers
Periode C) ab feststellbar. Dieser Umstand bot vielfach Anlaß zu historischen
Schlußfolgerungen. Als letzter hat noch H. Knöll in Fortsetzung einer tradi-
tionellen Meinungsäußerung der deutschen Forschung in mehreren Arbeiten
den Standpunkt vertreten, daß die Wurzel der nordwestdeutschen Tiefstich-
keramik in der südskandinavischen Dolmenkultur zu suchen ist, wobei er
jedoch gebührend betont, daß die reiche Entfaltung der Tiefstichkeramik erst
durch die Einwirkung donauländischer bzw. südlich beeinflußter Kulturen her-
vorgerufen wurde24. Dennoch hat es nicht an anderslautenden Meinungen
gefehlt. So ist für die Tiefstichkeramik, vor allem auf Grund der von der

20 So finden sich Rössen und Tiefstidikeramik auf den gleichen Fundplätzen; s. K.
Schwarz, Jschr. mitteldtsch. Vorgesch. 33, 1949, S. 69.

21 H. Knöll, Jschr. f. mitteldtsch. Vorgesch. 38, 1954, S. 51.

22 A. Stroh, 28. Ber. Röm.-Germ. Kom. 1938, S. 22 f.

23 H. Knöll, Jschr. f. mitteldtsch. Vorgesch. 38, 1954, S. 56.

24 Zuletzt Nordwestdtsch. Tiefstichker., 1959, S. 119 und 134; davor z. B. Die
Kunde, N. F. 5, 1954, S. 46.

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