Alle unsere Erwartungen wurden übertroffen, als wir in die Bezirke der
Allignements kamen (Abb. 2). Was sich vor unseren Blicken auftat, waren un-
übersehbare Steinriesen, die Menschenhände in Reihen geordnet und ausge-
richtet hatten. Die drei Allignements von Kerlescan, Kermario und Menec sind
nur auf kurze Entfernung, z. T. durch feuchte Geländestreifen, voneinander ge-
trennt. Im Gefüge des Allignements von Kerlescan befinden sich einige Tu-
muli. Am südwestlichen Ende bildet ein halbkreisförmiger cromlech, an des-
sen östlicher Flanke ein Hünenbett mit einem Menhir liegt, den Abschluß.
Das Allignement von Kermario hat am südwestlichen Abschluß ein Steingrab
und einen Hügel. Wahrscheinlich befand sich auch hier einstmals ein crom-
lech. Die Allignements sind Gegenstand der verschiedenen Deutungen ge-
wesen. Man hat ihre Reihen mit Prozessionsalleen in Verbindung gebracht.
Vielleicht sind sie auch symbolische Darstellungen für überwundene Feinde.
Die Allignements gehören wohl wie die Steingräber in die Zeit des dritten
und zweiten Jahrtausends vor Christi.
24. Mai: Frühmorgens verließen wir Carnac. In Vannes wurde das Boot
bestiegen, und bei herrlichem Sonnenschein ging es in einstündiger Fahrt
über den Golf von Morbihan nach Süden. Nach der Ausbootung ging es in
mehreren Gruppen in das Innere des weithin den Golf beherrschenden Hügels
von Gavrinis. Ein breiter und hoher Gang, von mächtigen Steinblöcken ge-
bildet, führt in die große Grabkammer. Sie ist ihrerseits durch einen etwa
20 m langen, flaschenförmig erweiterten Gang gebildet. Rund 25 Tragsteine
sind mit Felsbildern versehen, die tief in die Steine gemeißelt sind (Ab-
güsse von ihnen befinden sich im Nationalmuseum in St. Germain en Laye).
Merkwürdige Darstellungen von Halbkreisen und Bogen, wellenartige Linien,
ganze Serien von Axtdarstellungen, Dolchbilder u. a. m. boten sich unseren
Augen dar. Es war ein schöner Abschied von der Bretagne!
Schnurgerade, von Pappeln begrenzt, zog sich die Straße durch das ebene
Land nach Osten, auf der wir nach Ablis und von dort nach Norden über
Versailles nach St. Germain en Laye fuhren. Dort wurde das Nationalmuseum
für archäologische Altertümer aufgesucht. Die prähistorische Sammlung die-
ses Museums, eine der bedeutendsten in Europa, umfaßt Funde vom Paläoli-
thikum bis zur galeorömischen Periode. Unser besonderes Interesse galt der
steinzeitlichen Sammlung. In der paläolithischen Abteilung interessierten u. a.
die Faustkeile von Chelleen und St. Acheul, Vergleichsstücke zu den Funden
aus dem Leinetal. Eindrucksvoll und schön waren die Knochenschnitzereien
aus dem Magdalenien, die dieser Sammlung Weltruf gaben. Das Fundmaterial
aus der jüngeren Zeit ergänzte unsere Eindrücke aus der Bretagne, zumal
ein Teil der hier ausgestellten Funde von dort stammt. Ein Schaustück
ganz seltener Art erweckte besondere Beachtung. Die Spätform einer Kragen-
flasche, die im europäischen Norden ihren Ursprung hat und sich über Nie-
dersachsen nach Westeuropa ausbreitete. Hier begegneten uns auch die Ab-
güsse der Felsbilder aus dem Tumulus von Gavrinis. Das Museum von
St. Germain en Laye befindet sich in einem Renaissanceschloß, der Geburts-
stätte Ludwigs XIV.
26. Mai: Durch einige Vororte von Paris ging es über St. Denis mit seiner
berühmten Kathedrale nach Meaux an der Marne. Kurz vor Reims wurde die
Fahrt bei dem deutschen Soldatenfriedhof Brigny unterbrochen. Nach gedan-
kenvollem Verweilen nahmen wir Abschied von den Tausenden, die unter
dem blauen Meer von Irisblüten in fremder Erde ruhen. Wer denkt nicht zu-
rück an die herrliche Kathedrale von Reims, die wir sahen, bevor wir die
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Allignements kamen (Abb. 2). Was sich vor unseren Blicken auftat, waren un-
übersehbare Steinriesen, die Menschenhände in Reihen geordnet und ausge-
richtet hatten. Die drei Allignements von Kerlescan, Kermario und Menec sind
nur auf kurze Entfernung, z. T. durch feuchte Geländestreifen, voneinander ge-
trennt. Im Gefüge des Allignements von Kerlescan befinden sich einige Tu-
muli. Am südwestlichen Ende bildet ein halbkreisförmiger cromlech, an des-
sen östlicher Flanke ein Hünenbett mit einem Menhir liegt, den Abschluß.
Das Allignement von Kermario hat am südwestlichen Abschluß ein Steingrab
und einen Hügel. Wahrscheinlich befand sich auch hier einstmals ein crom-
lech. Die Allignements sind Gegenstand der verschiedenen Deutungen ge-
wesen. Man hat ihre Reihen mit Prozessionsalleen in Verbindung gebracht.
Vielleicht sind sie auch symbolische Darstellungen für überwundene Feinde.
Die Allignements gehören wohl wie die Steingräber in die Zeit des dritten
und zweiten Jahrtausends vor Christi.
24. Mai: Frühmorgens verließen wir Carnac. In Vannes wurde das Boot
bestiegen, und bei herrlichem Sonnenschein ging es in einstündiger Fahrt
über den Golf von Morbihan nach Süden. Nach der Ausbootung ging es in
mehreren Gruppen in das Innere des weithin den Golf beherrschenden Hügels
von Gavrinis. Ein breiter und hoher Gang, von mächtigen Steinblöcken ge-
bildet, führt in die große Grabkammer. Sie ist ihrerseits durch einen etwa
20 m langen, flaschenförmig erweiterten Gang gebildet. Rund 25 Tragsteine
sind mit Felsbildern versehen, die tief in die Steine gemeißelt sind (Ab-
güsse von ihnen befinden sich im Nationalmuseum in St. Germain en Laye).
Merkwürdige Darstellungen von Halbkreisen und Bogen, wellenartige Linien,
ganze Serien von Axtdarstellungen, Dolchbilder u. a. m. boten sich unseren
Augen dar. Es war ein schöner Abschied von der Bretagne!
Schnurgerade, von Pappeln begrenzt, zog sich die Straße durch das ebene
Land nach Osten, auf der wir nach Ablis und von dort nach Norden über
Versailles nach St. Germain en Laye fuhren. Dort wurde das Nationalmuseum
für archäologische Altertümer aufgesucht. Die prähistorische Sammlung die-
ses Museums, eine der bedeutendsten in Europa, umfaßt Funde vom Paläoli-
thikum bis zur galeorömischen Periode. Unser besonderes Interesse galt der
steinzeitlichen Sammlung. In der paläolithischen Abteilung interessierten u. a.
die Faustkeile von Chelleen und St. Acheul, Vergleichsstücke zu den Funden
aus dem Leinetal. Eindrucksvoll und schön waren die Knochenschnitzereien
aus dem Magdalenien, die dieser Sammlung Weltruf gaben. Das Fundmaterial
aus der jüngeren Zeit ergänzte unsere Eindrücke aus der Bretagne, zumal
ein Teil der hier ausgestellten Funde von dort stammt. Ein Schaustück
ganz seltener Art erweckte besondere Beachtung. Die Spätform einer Kragen-
flasche, die im europäischen Norden ihren Ursprung hat und sich über Nie-
dersachsen nach Westeuropa ausbreitete. Hier begegneten uns auch die Ab-
güsse der Felsbilder aus dem Tumulus von Gavrinis. Das Museum von
St. Germain en Laye befindet sich in einem Renaissanceschloß, der Geburts-
stätte Ludwigs XIV.
26. Mai: Durch einige Vororte von Paris ging es über St. Denis mit seiner
berühmten Kathedrale nach Meaux an der Marne. Kurz vor Reims wurde die
Fahrt bei dem deutschen Soldatenfriedhof Brigny unterbrochen. Nach gedan-
kenvollem Verweilen nahmen wir Abschied von den Tausenden, die unter
dem blauen Meer von Irisblüten in fremder Erde ruhen. Wer denkt nicht zu-
rück an die herrliche Kathedrale von Reims, die wir sahen, bevor wir die
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