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Die Kunde — N.F.10.1959

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Heft 1-2
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Beelte, Herbert: »Echte«Wendelringe: Meisterwerke vorgeschichtlicher Gießkunst : Ein Beitrag zur Technik der Wendelringe
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https://doi.org/10.11588/diglit.71587#0121

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»Echte« Wendelringe
Meisterwerke vorgeschichtlicher Gießkunst
Ein Beitrag zur Technik der Wendelringe
Von Herbert Beelte
Mit 1 Abbildung im Text und 2 Tafeln
Uber die Wendelringe, ihre Verbreitung, Gruppierung und zeitliche Fest-
legung ist in den letzten Jahrzehnten häufig geschrieben worden. Uber ihre
Herstellung herrscht weitgehendste Übereinstimmung. Rekonstruktionsver-
s uche sollten die vorherrschenden Theorien untermauern helfen und führten
zu folgenden, allgemein verbreiteten Ansichten:
Die dünn- oder scharflappigen Wendelringe gelten als geschmiedet und
werden „echte" Wendelringe genannt (Taf. 1/1). Die kurzlappigen Stücke
dagegen und die, welche nur Lappen andeuten, gelten als gegossen. Sie wer-
den als „unechte" Wendelringe bezeichnet.
Dem Techniker erscheint bei näherer Untersuchung der Objekte die den
echten Wendelring betreffende Deutung zweifelhaft. Das Ausschmieden
eines Bronzestabes in der im Norden Europas üblichen Legierung zu der
vorliegenden Form, die im Querschnitt ein exaktes, gleichschenkeliges Kreuz
aufweist (Abb. la, 1b), ist nicht möglich. Auch wenn es das Metall zuließe,
müßte eine souverän beherrschte Schmiedetechnik mit vollkommenen Werk-
zeugen und Geräten vorausgesetzt werden, was weiter bedeuten würde, daß
den bronzezeitlichen Werkstätten noch andere, beachtliche Schmiedearbeiten
entstammen müßten. Das ist aber wohl kaum der Fall.
Krone1 glaubt jedoch, allein das Vorhandensein der Wendelringe erbringe
den Beweis dafür, und er schreibt folglich: „Es wird immer klarer, daß die
Germanen der Vorzeit neben der hervorragenden Bronzegußtechnik auch die
Schmiedekunst zu hoher Blüte gebracht haben."
Ein Blick in die „Werkstätten" Negerafrikas belehrt uns, daß die schwar-
zen Handwerker ihr Metier mit unglaublicher Geschicklichkeit beherrschen.
Trotz aller ihrer Kunstfertigkeit sind aber den Möglichkeiten Grenzen
gesetzt. Diese Grenzen sind bedingt durch die Primitivität der Werkzeuge
und die Art des Metalles.
So wird von den afrikanischen Schmieden Eisen und Kupfer im Schmiede-
prozeß sehr viel kunstvoller und stärker der Verformung unterworfen, als
Messing, das im Rahmen der technischen Möglichkeit zwangsläufig eine weni-
ger starke Verformung erfährt. Dagegen wird letzteres von den Gelbgießern
unter Benutzung primitiver Hilfsmittel nach dem Prizip des verlorenen Wach-
ses zum Guß sehr viel komplizierterer Figuren und Geräte verwendet, als
reines Kupfer, das sich nicht so gut gießen läßt, wie seine Legierungen. Eisen
dagegen wird gar nicht zum Guß verwandt, weil es den schwarzen „Hütten-
fachleuten" nicht gelingt, die erforderliche Gießtemperatur zu erzeugen.
Die Werkstätten der Bronze- und Eisenzeit lassen ähnliche Verhältnisse
vermuten, wie wir sie heute in Afrika zu studieren in der Lage sind. Mit

1 Krone, Otto: Wir schmieden einen germanischen Wendelring. Germanenerbe,
Leipzig 1937, S. 219 ff.

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