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Die Kunde — N.F.10.1959

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Heft 1-2
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Tackenberg, Kurt: Die Scherben der Grabung Wellie
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https://doi.org/10.11588/diglit.71587#0099

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Die Scherben der Grabung Wellie
Von K. Tackenberg
Herr Direktor Asmus und Herr Dr. Genrich1 haben mich gebeten, zu der
früheisenzeitlichen Keramik von Wellie Stellung zu nehmen. Ich unterziehe
mich der Aufgabe gern, weil ich mich vor etwa 20 Jahren besonders mit Fun-
den der frühen Eisenzeit in Hannover beschäftigt habe. Es würde mir nicht
möglich gewesen sein, ein Urteil abzugeben, wenn mir nicht Herr Dr. Gen-
rich entgegenkommenderweise alle Gefäßbruchstücke von Wellie zuge-
schickt hätte, wofür ich ihm meinen Dank aussprechen möchte.
Die zuerst hervorzuhebende Bedeutung der Scherben von Wellie liegt
darin, daß sie von einem Wohnplatz stammen. Siedlungen der frühen Eisen-
zeit waren damals, als ich meine Arbeit schrieb, so gut wie nicht bekannt 2.
In der Zwischenzeit hat sich die Lage in Niedersachsen kaum geändert.
Um so mehr ist zu begrüßen, daß jetzt die Spuren einer Siedlung der frühen
Eisenzeit aufgedeckt worden sind. Es handelt sich wohl um die Reste einer
Hausstelle. Das Aussehen des Siedlungsniveaus und die Ausbeute der Scher-
ben — es sind etwa 300 Bruchstücke — lassen vermuten, daß der Platz nicht
lange bewohnt gewesen ist. Wenn wir eine Zeitspanne von 30—50 Jahren
für das Bestehen ansetzen, haben wir wahrscheinlich schon etwas zu hoch
geschätzt. Wir können die Keramik als zeitlich eng begrenzt und als ein-
heitlichen, geschlossenen Verband betrachten. Das erhöht ihren Wert, zumal
wenn man bedenkt, daß die Urnen und Beigefäße, die aus Gräbern Nieder-
sachsens geborgen werden, sich ungemein schlecht zeitlich einordnen lassen,
weil sie wenig variantenreich sind und an ihnen typologische Unterschiede,
die auf verschiedenes Alter hinweisen würden, nicht ganz leicht erkannt
werden können.
Unter den Scherben von Wellie überwiegen die von dickwandigem Ge-
brauchsgeschirr. Der Ton ist zumeist mit Steingrus reich durchsetzt. Die
Oberfläche der Bruchstücke ist in vielen Fällen nicht mehr vorhanden, sei
es, daß sie sich durch Lagerung in feuchtem Erdreich aufgelöst hat, sei es,
daß sie beim Reinigen der Scherben nach der Auffindung verschwunden ist.
Wo sie sich erhalten hat, zeigt sie hell- bis dunkelbraune Farbtöne. Ein Teil
der Gefäße hat geglättete Wandung besessen. Bei einer sehr großen Anzahl
ist Aufrauhung der Oberfläche vorhanden. Nur die Halspartie ist dann ge-
wöhnlich etwas geglättet worden. Betrachtet man die Scherben der rohen
Gebrauchsware nach ihrem Profil, so zeigt sich, daß in erster Linie mehr oder
minder eiförmige Töpfe in Gebrauch waren. Doppelkonische Formen scheinen
vollkommen zu fehlen. Das gibt schon einen Hinweis auf die zeitliche Ein-
ordnung. Die letzteren gehören nämlich mit ihren Abwandlungen in den
älteren Abschnitt der frühen Eisenzeit. Sie stehen noch vollkommen mit denen
der jüngeren Bronzezeit in Zusammenhang, während unsere Gefäße mit
schwach S-förmigem Umriß als jünger anzusetzen sind. Neben diesem Haupt-

1 Die beiden Genannten, die Prof. Tackenberg auf Grund seiner langjährigen Stu-
dien zur vorchristlichen Eisenzeit im Wesergebiet um Stellungnahme baten, danken
dem Verfasser auch an dieser Stelle, daß er sich bereitwillig zur Verfügung stellte.
Die Redaktion.

2 K. Tackenberg, Die Kultur der frühen Eisenzeit in Mittel- und Westhannover,
1934.

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