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Die Kunde — N.F. 23.1972

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Zoller, Dieter: Das Forschungsprogramm "Ammerland": Ergebnisse und Probleme der Grabungen 1966-1972
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https://doi.org/10.11588/diglit.73995#0259

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Anzahl der zu einem Hofe gehörigen Gebäude und Wirtschaftseinrichtungen,
in die Sozialstruktur eines Dorfes und die Lebensweise der einzelnen Be-
völkerungsschichten (Hausmann, Köter, Brinksitzer und Heuermann) zu. Hier
treten zwischen den Ergebnissen der archäologischen Untersuchungen und
den siedlungshistorischen oder -geographischen Lehrmeinungen erhebliche
Unterschiede auf, aber auch in vielen Fällen Übereinstimmungen und Be-
stätigungen.
Zusammenfassend läßt sich zu den bisherigen Siedlungsgrabungen in
rezenten Dorfkernen sagen, daß sich wohl viele der heutigen Höfe bis in das
9. Jahrhundert n. Chr. zurückführen ließen, daß aber bisher noch nicht ein
einziges Mal diese Zeitgrenze nach unten überschritten und somit der Kontakt
zu den völkerwanderungszeitlichen Siedlungen hergestellt werden konnte.
Nun besteht allerdings im Ammerland die Möglichkeit, daß nach dem Aus-
laufen der Siedlungen im 5. und 6. nachchristlichen Jahrhundert eine Sied-
lungsausdünnung oder sogar Siedlungslücke eingetreten ist, die bis etwa in
die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts hinein anhielt. Bei der Oberflächen-
beschaffenheit des Ammerlandes mit seinen Mooren, Sümpfen, Bruch- und
Auewäldern können vielleicht versteckt hier und da noch einige Kleinsied-
lungen ihr Dasein gefristet haben, bei der sonstigen Fundfülle aus älteren
und jüngeren Siedlungsperioden hätten dann aber auch wenigstens ein paar
Funde aus diesen „dark ages" vorhanden sein müssen.
Bei allen bisherigen Grabungen in Eschdörfern hat sich schon für die Grün-
dungszeit eine ordnende Hand hinter den Gründungsvorgang und der Anlage
der Höfe erkennen lassen. Die Anlage der Höfe, die zum Teil von vorn-
herein eine recht klare und scharfe Abgrenzung der einzelnen Hofareale unter-
einander kennt, die Feldeinteilung auf dem Esch, die Beziehung zu Adels-
höfen, Burgen, Kirchen und Klöstern lassen hier einen grundherrschaftlichen
Einfluß ab der Gründung der Dörfer feststellen oder wenigstens doch ahnen.
C. Burgen und Adelshöfe
Nach den Grabungsergebnissen auf dem Esch und im Dorf Gristede (und
anderen bereits genannten oder bisher nicht erwähnten Grabungsplätzen)
sollte nun überprüft werden, in welchem zeitlichen und wirtschaftlichen Ver-
hältnis Grundherrschaft und Dörfer stehen. Waren die Burgen und Adelshöfe
gleichalt, jünger oder sogar älter als die Eschdörfer? Da im Ammerland eine
Reihe unterschiedlicher Burganlagen vom Ringwall bis zur landesherrschaft-
lichen Grenzfestung vorhanden waren, bot sich hier eine gute Gelegenheit
diese Fragen zu überprüfen. Im Jahre 1969 wurde der Ringwall „Bokelerburg",
Gem. Wiefelstede, untersucht, mit dem Ergebnis, daß diese Anlage in Ver-
bindung mit einem Großhof im Dorfe Bokel stand. Nach den in der Burg ge-
machten Funden ist eine zeitweilige Benutzung zwischen dem 8. und 11. Jahr-
hundert als wahrscheinlich anzunehmen8. Sie lag unmittelbar an der Frie-
sischen Heerstraße I und diente bis in das 17. Jahrhundert hinein als Tagungs-
ort des Gogerichtes für die Kirchspiele Wiefelstede, Rastede und Jaderberg.
Etwa gegen Mitte des 11. Jahrhunderts verlor sie ihre Bedeutung als Ver-
teidigungsanlage. Neben den Ringwällen gab es aber schon ab dem 9./10. Jahr-

8 s. Anm. 1 c).

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