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X». 40.

Kunst-Blatt.

Donnerstag, 19. M a i 1831.

Kunstausstellung in Brüssel i83o.

(Verspäte t.)

(Beschluß.)

Herr F. Tasson in Brüssel, Schüler des Malers
Paelink, hatte Folgendes eingesandt (Nr. 566): Numa
Pompilius begegnet nach seiner Verbannung aus Rom
dem Leo in einer Höhle und erzählt ihm seine Schick ale
und Abentheuer. Man lese Flcrian's schön geschriebene
Geschichte des Numa im Französischen, die der Maler
»vahrscheinlich vor Augen halte. — Von Hrn. Oia mieraus
Brüssel sah man folgendes Bild (Nr. l): König Oedi-
pus in Kolonvs, wie seine Tochter Antigone die Ver-
zeihung ihres Bruders Polpnikes erfleht, als Oedipus
ihn verflucht halte. Nach den bekannten drei Trauer-
spielen des Sophokles. Ein nicht ganz mißlungener Ver-
such. — Von Felir Devigne in Brüssel war ansge-
stellt: die Liebesgeschichte von Anthia und Abrokome,
ein bekannter antiker Roman von dem Erotiker Xeno-
phvn aus Ephesus, nachgeahmt von einem neugriechischen
Dichter, Constantin Manou, unter dem Titel: Klean-
thes und Abrokome, in gereimten Versen, wovon Proben
in deutscher Uebersetzung in der Sä.rift Eunomia (I. 4t)
zu finden sind. Die Ausführung dieses BiideS hat man-
ches Lvbenswerthe. (Nr. 420).

Von einem andern Brüsseler Maler I. B. d e
LandtsHeer, Schüler von Navez, war eingeliefert:
der verwundete Held Tancred, dem Herminia Pflege
und Heilung widmet, eine bekannte Episode aus Tasso's
befreitem Jerusalem. (Nr. 44?). Derselbe hat auch
Portraits geliefert. — Weniger Verdienst hatte das
Stück von V. De Lacroir in Brüssel: die Heren zei-
gen Macbeth die Insignien der Königswürde und zeigen
ihm an, daß er bald in den Besitz derselben kommen
werde (Nr. 452, nach Shakspeare). Dieß Bild ist eine
Art von Höllen-Vreughel. nur nicht eben so meisterhaft.
Der Mond scheint bell auf die Gerippe, die Heren tan-
zen, aber Alles ist outrirt und ekcentrisch. Eine nackte
Odaliske, ebenfalls von ihm (Nr. 454) ist höchst gra-

ziös und die Sinne reizend, aber, wie gewöhnlich! zu
modern, wie eine Pariser Opertänzerin. — Etwas besser
war: der Abschied des Marcus Junius Brutus von
Porcia (Nr. 472), gemalt vonN 0 usseaur in Namur.—
Eine Gruppe aus der Sündfluth, von Anton Van
Asendpk in Antwerpen (459) fand Beifall. Man sieht
einen Mann, von Schlangen umwunden und doch noch
ein Mädchen haltend, das er aus den Fluthen retten
möchte. Ysendyk wird im Allgemeinen sehr geschäzt, und
gehört zu den besten der heutigen Antwerpcner Schule,
jedoch ist er bald von größerem, bald von minderem Ver-
dienst, er ist sich nicht immer gleich, ein Zeichen, daß
er noch Anfänger seyn mag und noch strengere Studien
machen muß, um seinen Ruf sich zu bewahren.

Nun noch wieder zwei Schüler von Paelink, beide
in Brüssel, nämlich F. Cauta erts und T. Frys.
Von lezterem-sah man Telemach und Kalypso am Ein-
gang der Grotte am Meergestade (555). Vom ersteren
eine Scene aus Sir Walter Scrtt's Werken: wie
Roland über den See Lvchleven schifft, um zu dem Fest
von Kinroß zu eilen, und wie er dann die schöne Ka-
tharina am Fenster des Schlosses erblickt. Siehe den Ro-
man: der Abt, Fortsetzung des Klosters. Man glaubt
hier auf den ersten Blick Wilhelm Teil in seinem Nachen
auf dem Vierwaldstädter-See im Sinrmwetter zu sehen.
Gewaltiger Ausdruck, kühne Formen, doch das Colvrit
nicht genug verschmolzen und nicht angenehm. (Nr. 552)

Eine andere Walter Scott's - Scene war von
Jolly in Brüssel gemalt: eine Episode aus dem Roman:
die Braut von Lammermoor. Der vom Künstler ge-
wählte Moment ist der, wo Edgar von Ravenswood der
Lucie Ashton das Versprechen gibt, sie zu beirathen,
und wie er ihr das Goldstück znrückreicht, welches sie als
Unterpfand ihrer Treue ihm gegeben hatte. Colvrit, Ton
und Führung des Pinsels erinnert lebhaft an die Manier
von Gustav Wappers, und sollte Hr. Iolli) ein Schüler
von diesem sevn, so kann er nicht besser berathcn und
nicht in bessern Händen seyn. Dieß spricht sehr zu seinen
Gunsten, nur muß noch ein gründlicheres Studium hin-
zu kommen. (Nr. 557). —
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