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einer weiblichen Figur endlich, welche mit einer
kurzen Tunika bekleidet ist, die den obcrn Theil der
Schenkel unbedeckt ließ, und zu der ein Schild, von
dem auch noch Spuren vorhanden, gehörte, bildeten ohne
Zweifel einen Theil der Gruppe des Hercules und der
Amazone, so daß das Vorhandenseyn der vier Arbeiten
des Hercules auf derselben Seite des Tempels und in
gleichen Verhältnissen ausgeführt, unzweilhaft anzuneh-
men ist. Und hiermit stimmt auch die Angabe des Pau-
sanias, nach der die Arbeiten des Hercules den Platz
über den Pforten des Tempels schmückten, in der Weise
vertheilt, daß die Amazone, der kretische Stier,
die Lernaische Schlange und der Nemeische Lo-
we sich über der Thüre des Opisthodomvs befanden.
An dieser Seite des Tempels aber sind, wie schon ge-
sagt, diese Fragmente ausgegraben worden.
Von den entsprechenden, bei Pausanias ebenfalls auf-
gcführten Darstellungen der Arbeiten des Hercules auf
der eutgegengesezten Seite des Tempels, sind ebenfalls
Ueberreste aufgefunden worden. Hr. Dubois hat näm-
lich auf der Vorderseite des Tempels einige Relicf-
fragmente entdeckt, welche deutlich auf diese Darstellun-
gen Hinweisen. Der Rest eines Eberkinnbackens
erinnert hinlänglich an den Kampf mit dem Ery-
manthischen Eber; der Kopf eines Pferdes
laßt keinen Zweifel über den Kampf mit dem Dio-
medes; in einem dritten Fragment erkennt man bei
aufmerksamer Betrachtung den Kampf des Hercu-
les mit dem Gerpon. Diomedes ist hier nicht
wie in einer Gruppe des Illus. ?. 6iem. H. tav. VI.
mit der asiatischen Tracht, der langen Tunika und den
Braccae oder langen Beinkleidern dargestellt, sondern
mit Panzer und Schild. Eben so erscheint Ge-
rpon , aber an die Stelle der alten Vorstellung mit
drei Köpfen (Vpnfapijyo?) ist eine der Zeit der Ent-
stehung dieser Bildwerke mehr verwandte mit drei Lei-
bern (TpiaufiuTod getreten. Die durch einfache Ab-
stufung des Reliefs bewirkte Unterordnung der zwei andern
Leiber unter die Hauptfigur zeigt diese Vorstellung deut-
lich genug an. Analoge Darstellungsweisen finden sich
auf dem viereckigen Altar des Museum Capitolinum
(Visconti. Mus. P. Clem. tom. IV., lav. agg. B,
n. 7.) und der großen Schale oder Labrum der Villa
Albani bei Zoöga, Bassirilievi di Roma, tom. II. tav.
LXI, II, III. Uebrigens nähert sich diese Anordnung
der Weise der ägyptischen Schule, deren Unvollkommen-
heiten sogar theilweife auf die griechische übergingen.
Es handelt sich nun um den Platz, welcher diesen
Fragmenten an dem Tempel anzuweisen sey. Nach dem
Zeugniß des Pausanias, der sich bei den Angaben als
genauer und sorgfältiger Beobachter bewährt hat, hätten
sie sich über de» Pforten des Navs ynd Opis-
thodomos befunden. Ein analoges Beispiel bietet der
Parthenon dar, an dem ein fortlaufender, verzierter
Fries alle vier Seiten der äußeren Mauer des Naos
schmückte; die Wahl des Gegenstandes selbst war Ursache,
daß an dem Tempel des Olympischen Jupiter nur zwei
Hauptfaeaden mit Bildwerken geschmückt waren, indem
die Zahl der Thateu des Hercules durch feste Bestim-
mungen begränzt war. In Vergleichung kann endlich
auch das T h e se u m gezogen werden, wo, wie man weiß,
die äußere Mauer des Pronaos mit Basreliefs, den
unfrigen an Größe, Gestalt und Erhabenheit ähnlich,
verziert war. Hiezu kommt zulezt noch, daß man die
Fragmente innerhalb der Ringmauer desTem-
pe ls selbst aufgefunden hat, was anzuzeigen scheint, daß
sie im Inneren vielleicht unter dem Portikus angebracht
waren, wofür auch ihre gute Erhaltung spricht, die nicht
verräth, daß sie Jahrhunderte laug den Einwirkungen
der äußeren Luft ausgesezt gewesen seyen.
Diese gute Erhaltung zeigt sich vorzüglich an einem
Basrelief, welches vor dem anderen besonders hervvrge-
hoben zu werden verdient. Es stellt eine weibliche
Figur, welche bekleidet auf einem Felsen
sizt,'dar. Auf diesem stüzt sie sich mit der linken
Hand, während sie mit der Rechten, die unter dem Bu-
sen anliegt, einen Zweig, wahrscheinlich eines Oel-
baums hielt. Dieser, welchen sie einer vor ihr stehen-
den Figur, ohne Zweifel dem Hercules , reicht, war
allem Anschein nach von Bronze eingesügt. Stellung
und Bewegung dieser Figur, besonders aber die Aegis,
welche von der rechten Schulter herabhängend die ganze
linke Seite des Körpers bedeckt, lassen die Minerva,
die beschützende Gottheit des Hercules, nicht verkennen.
Vielleicht bezieht sich die Darstellung auf die alte, vom
Pindar verherrlichte Sage, nach der man dem Hercules
die Einführung des wilden Oelbaums beilegte,
weshalb man sich der Zweige dieses Baums zu den er-
sten Olympischen Kränzen bediente. Die Minerva, welche
auch eine besondere Beziehung auf Olympia hatte, eig-
nete sich gut zu der Darstellung der Arbeiten des Her-
cules . in de >u, sie mit diesen einen historischen Zug der
Localsage in Verbindung brachte.
Wenn man nicht aus den Augen verliert, daß diese
Basreliefs für einen ziemlich hohen Standpunkt bestimmt
waren, entweder unter den Portiken oder, wie Herr
Blouet anfänglich meinte, an dem äußeren Fries, und
erwägt, daß man in ähnlichen Sculpturen nicht die Ele-
ganz und Feinheit der Ausführung suchen dürfe, welche
Werke von größerer Wichtigkeit und dem Auge näher
aufgestellt zeigen würden; so wird man die Weisheit be-
wundern müssen, welche selbst in den unbedeutendsten
Bruchstücken glänzend hervortritt, so wie die Nichtigkeit
und Lebendigkeit der Bewegungen, d»S Edle und Wahre
einer weiblichen Figur endlich, welche mit einer
kurzen Tunika bekleidet ist, die den obcrn Theil der
Schenkel unbedeckt ließ, und zu der ein Schild, von
dem auch noch Spuren vorhanden, gehörte, bildeten ohne
Zweifel einen Theil der Gruppe des Hercules und der
Amazone, so daß das Vorhandenseyn der vier Arbeiten
des Hercules auf derselben Seite des Tempels und in
gleichen Verhältnissen ausgeführt, unzweilhaft anzuneh-
men ist. Und hiermit stimmt auch die Angabe des Pau-
sanias, nach der die Arbeiten des Hercules den Platz
über den Pforten des Tempels schmückten, in der Weise
vertheilt, daß die Amazone, der kretische Stier,
die Lernaische Schlange und der Nemeische Lo-
we sich über der Thüre des Opisthodomvs befanden.
An dieser Seite des Tempels aber sind, wie schon ge-
sagt, diese Fragmente ausgegraben worden.
Von den entsprechenden, bei Pausanias ebenfalls auf-
gcführten Darstellungen der Arbeiten des Hercules auf
der eutgegengesezten Seite des Tempels, sind ebenfalls
Ueberreste aufgefunden worden. Hr. Dubois hat näm-
lich auf der Vorderseite des Tempels einige Relicf-
fragmente entdeckt, welche deutlich auf diese Darstellun-
gen Hinweisen. Der Rest eines Eberkinnbackens
erinnert hinlänglich an den Kampf mit dem Ery-
manthischen Eber; der Kopf eines Pferdes
laßt keinen Zweifel über den Kampf mit dem Dio-
medes; in einem dritten Fragment erkennt man bei
aufmerksamer Betrachtung den Kampf des Hercu-
les mit dem Gerpon. Diomedes ist hier nicht
wie in einer Gruppe des Illus. ?. 6iem. H. tav. VI.
mit der asiatischen Tracht, der langen Tunika und den
Braccae oder langen Beinkleidern dargestellt, sondern
mit Panzer und Schild. Eben so erscheint Ge-
rpon , aber an die Stelle der alten Vorstellung mit
drei Köpfen (Vpnfapijyo?) ist eine der Zeit der Ent-
stehung dieser Bildwerke mehr verwandte mit drei Lei-
bern (TpiaufiuTod getreten. Die durch einfache Ab-
stufung des Reliefs bewirkte Unterordnung der zwei andern
Leiber unter die Hauptfigur zeigt diese Vorstellung deut-
lich genug an. Analoge Darstellungsweisen finden sich
auf dem viereckigen Altar des Museum Capitolinum
(Visconti. Mus. P. Clem. tom. IV., lav. agg. B,
n. 7.) und der großen Schale oder Labrum der Villa
Albani bei Zoöga, Bassirilievi di Roma, tom. II. tav.
LXI, II, III. Uebrigens nähert sich diese Anordnung
der Weise der ägyptischen Schule, deren Unvollkommen-
heiten sogar theilweife auf die griechische übergingen.
Es handelt sich nun um den Platz, welcher diesen
Fragmenten an dem Tempel anzuweisen sey. Nach dem
Zeugniß des Pausanias, der sich bei den Angaben als
genauer und sorgfältiger Beobachter bewährt hat, hätten
sie sich über de» Pforten des Navs ynd Opis-
thodomos befunden. Ein analoges Beispiel bietet der
Parthenon dar, an dem ein fortlaufender, verzierter
Fries alle vier Seiten der äußeren Mauer des Naos
schmückte; die Wahl des Gegenstandes selbst war Ursache,
daß an dem Tempel des Olympischen Jupiter nur zwei
Hauptfaeaden mit Bildwerken geschmückt waren, indem
die Zahl der Thateu des Hercules durch feste Bestim-
mungen begränzt war. In Vergleichung kann endlich
auch das T h e se u m gezogen werden, wo, wie man weiß,
die äußere Mauer des Pronaos mit Basreliefs, den
unfrigen an Größe, Gestalt und Erhabenheit ähnlich,
verziert war. Hiezu kommt zulezt noch, daß man die
Fragmente innerhalb der Ringmauer desTem-
pe ls selbst aufgefunden hat, was anzuzeigen scheint, daß
sie im Inneren vielleicht unter dem Portikus angebracht
waren, wofür auch ihre gute Erhaltung spricht, die nicht
verräth, daß sie Jahrhunderte laug den Einwirkungen
der äußeren Luft ausgesezt gewesen seyen.
Diese gute Erhaltung zeigt sich vorzüglich an einem
Basrelief, welches vor dem anderen besonders hervvrge-
hoben zu werden verdient. Es stellt eine weibliche
Figur, welche bekleidet auf einem Felsen
sizt,'dar. Auf diesem stüzt sie sich mit der linken
Hand, während sie mit der Rechten, die unter dem Bu-
sen anliegt, einen Zweig, wahrscheinlich eines Oel-
baums hielt. Dieser, welchen sie einer vor ihr stehen-
den Figur, ohne Zweifel dem Hercules , reicht, war
allem Anschein nach von Bronze eingesügt. Stellung
und Bewegung dieser Figur, besonders aber die Aegis,
welche von der rechten Schulter herabhängend die ganze
linke Seite des Körpers bedeckt, lassen die Minerva,
die beschützende Gottheit des Hercules, nicht verkennen.
Vielleicht bezieht sich die Darstellung auf die alte, vom
Pindar verherrlichte Sage, nach der man dem Hercules
die Einführung des wilden Oelbaums beilegte,
weshalb man sich der Zweige dieses Baums zu den er-
sten Olympischen Kränzen bediente. Die Minerva, welche
auch eine besondere Beziehung auf Olympia hatte, eig-
nete sich gut zu der Darstellung der Arbeiten des Her-
cules . in de >u, sie mit diesen einen historischen Zug der
Localsage in Verbindung brachte.
Wenn man nicht aus den Augen verliert, daß diese
Basreliefs für einen ziemlich hohen Standpunkt bestimmt
waren, entweder unter den Portiken oder, wie Herr
Blouet anfänglich meinte, an dem äußeren Fries, und
erwägt, daß man in ähnlichen Sculpturen nicht die Ele-
ganz und Feinheit der Ausführung suchen dürfe, welche
Werke von größerer Wichtigkeit und dem Auge näher
aufgestellt zeigen würden; so wird man die Weisheit be-
wundern müssen, welche selbst in den unbedeutendsten
Bruchstücken glänzend hervortritt, so wie die Nichtigkeit
und Lebendigkeit der Bewegungen, d»S Edle und Wahre