<3t* 81.
Kunst-
t a t t.
Dienstag, den 11. Oktober 1836.
Düsseldorfer RunÜberieht.
(Fortsetzung.)
Becker aus Worms hatte eine betende Bauernfamilie
dargestellt. Wandernde, welche im dunkeln Walde vor
einem ländlichen Heiligenbilde knien. Voll Innigkeit und
Gefühl, die treuherzigen, ächt deutschen Züge des Vaters,
der sanfte Ausdruck der erblindeten Mutter, die naive,
bescheidene Andacht der derben Kinder, das kräftige Dunkel
des Eichenwaldes geben ein höchst ansprechendes Ganzes.
Ueberaus frisch und anmuthig, und bei größerer Ausfüh-
rung sehr viel versprechend, ist die kleine Farbenskizze,
der Abend am Brunnen im Westerwalde.
Blanc, dessen Kirchgeherin im vorigen Jahre so
vielen Beifall fand, hatte sich eine Aufgabe gewählt, welche
seinem Talent für weibliche Anmuth zusagte: „Des Gold-
schmieds Töchterlein," nach Uhland, den Ring des ersehn-
ten Freiers ihrem Finger anpassend. Bei sehr sorgfältiger
Ausführung der Details eines bürgerlichen, jungfräulich
reinlichen Zimmers und durch die ansprechende Grazie
der Figur erlangte auch dieses Bild seine Anerkennung.
Indessen möchte der Moment zu flüchtig, mehr von poeti-
schem, als malerischem Werthe seyn. Es ist dies ein
neuer Beweis, wie wenig rathfam es ist, daß unsere
Maler in ihren Erfindungen sich der Poesie, namentlich
der Balladenpoesie, anschließen. Man sollte glauben, daß
der, welchem der Grad erfindender Poesie beiwohnt, um
die malerische Ausführung des dichterischen Moments zu
geben, auch einen solchen Moment selbst erfinden könnte;
er würde dann den großen Vortheil haben, daß der Ge-
danke selbst schon mehr bildlicher Natur wäre. In dieser
Art haben die älteren holländischen Genremaler bekannt-
lich so viele und zum Theil sehr glückliche, novellenartige
Compositionen gemacht. Ein Porträt einer Dame von
demselben Künstler muß als sehr gelungen erwähnt werden.
Müller aus Darmstadt (der Sohn des kürzlich ver-
storbenen, durch seine kunstgeschichtlichen Werke rühmlichst
bekannten Galleriedirectors) hatte auch einen Stoff aus
Uhlands Dichtungen genommen, jedoch mit glücklicherer
Wahl: „Der Knabe vom Berge." Der braune Hirten-
knabe steht auf schroffer Höhe, vom ersten Morgenlichte
beleuchtet, während unten auf dem Flußthale mit seinen
Bergen, Schlössern und Städten noch die Dämmerung
lagert. Wie er den Hut im Iugendgefühle schwenkt und
ein leichter Wind seine Locken bewegt, weht es auch uns
aus dem Bilde recht jugendfrisch und morgenlich an. Es
ist das erste Bild des jungen Malers, und wir wünschen
von Herzen, daß dieser gesunde, frische Sinn sein Talent
bleibend begleiten möge.
Iephtas, des Richters, Tochter, unter ihren Freun-
dinnen zum Tode sich bereitend, ein ansprechender, elegi-
scher Gegenstand, war von Ehrhard aus Berlin mit
Gefühl behandelt, indem er durch einzelne Hinzutretende
in freien charakteristischen Bewegungen die Monotonie
der Gruppe, zu welcher dieser Stoff leicht verleiten kann,
glücklich vermieden hatte.
Von Theobald v. Oer sahen wir, außer einer
Wiederholung seiner schon im vorigen Jahre besprochenen
gelungenen Darstellung „des Todes der heiligen Elisabeth,"
Nonnen, welche vor der Thür des Klosters ein ausge-
seztes Kind finden.
Graf Magnus Stenbock aus Esthland batte hier
vor Kurzem, nachdem er mehrere Jahre mit rühmlichem
Eifer sein malerisches Talent auszubilden bemüht gewesen,
sein bewegtes Leben geendet. Sein leztes Bild, eine
Räuberscene, nicht ohne poetischen Sinn und von sorg-
samster Ausführung, gab eine wehmüthige Erinnerung
seines noch während einer zerstörenden Krankheit anhal-
tenden Fleißes.
Teichs aus Braunschweig gehört zu den jungen
Künstlern, welche sich gern in lebensgroßen Gestalten ver-
suchen. Seine „gefangenen Griechen von Mamelucken
bewacht" bildeten in ihren reichen Kostümen und edeln
Körperformen eine wohlgeordnete Gruppe.
Sonderland's rheinische Fähre zeichnet sich vor
allen früheren beliebten Bildern dieses Künstlers durch
Kunst-
t a t t.
Dienstag, den 11. Oktober 1836.
Düsseldorfer RunÜberieht.
(Fortsetzung.)
Becker aus Worms hatte eine betende Bauernfamilie
dargestellt. Wandernde, welche im dunkeln Walde vor
einem ländlichen Heiligenbilde knien. Voll Innigkeit und
Gefühl, die treuherzigen, ächt deutschen Züge des Vaters,
der sanfte Ausdruck der erblindeten Mutter, die naive,
bescheidene Andacht der derben Kinder, das kräftige Dunkel
des Eichenwaldes geben ein höchst ansprechendes Ganzes.
Ueberaus frisch und anmuthig, und bei größerer Ausfüh-
rung sehr viel versprechend, ist die kleine Farbenskizze,
der Abend am Brunnen im Westerwalde.
Blanc, dessen Kirchgeherin im vorigen Jahre so
vielen Beifall fand, hatte sich eine Aufgabe gewählt, welche
seinem Talent für weibliche Anmuth zusagte: „Des Gold-
schmieds Töchterlein," nach Uhland, den Ring des ersehn-
ten Freiers ihrem Finger anpassend. Bei sehr sorgfältiger
Ausführung der Details eines bürgerlichen, jungfräulich
reinlichen Zimmers und durch die ansprechende Grazie
der Figur erlangte auch dieses Bild seine Anerkennung.
Indessen möchte der Moment zu flüchtig, mehr von poeti-
schem, als malerischem Werthe seyn. Es ist dies ein
neuer Beweis, wie wenig rathfam es ist, daß unsere
Maler in ihren Erfindungen sich der Poesie, namentlich
der Balladenpoesie, anschließen. Man sollte glauben, daß
der, welchem der Grad erfindender Poesie beiwohnt, um
die malerische Ausführung des dichterischen Moments zu
geben, auch einen solchen Moment selbst erfinden könnte;
er würde dann den großen Vortheil haben, daß der Ge-
danke selbst schon mehr bildlicher Natur wäre. In dieser
Art haben die älteren holländischen Genremaler bekannt-
lich so viele und zum Theil sehr glückliche, novellenartige
Compositionen gemacht. Ein Porträt einer Dame von
demselben Künstler muß als sehr gelungen erwähnt werden.
Müller aus Darmstadt (der Sohn des kürzlich ver-
storbenen, durch seine kunstgeschichtlichen Werke rühmlichst
bekannten Galleriedirectors) hatte auch einen Stoff aus
Uhlands Dichtungen genommen, jedoch mit glücklicherer
Wahl: „Der Knabe vom Berge." Der braune Hirten-
knabe steht auf schroffer Höhe, vom ersten Morgenlichte
beleuchtet, während unten auf dem Flußthale mit seinen
Bergen, Schlössern und Städten noch die Dämmerung
lagert. Wie er den Hut im Iugendgefühle schwenkt und
ein leichter Wind seine Locken bewegt, weht es auch uns
aus dem Bilde recht jugendfrisch und morgenlich an. Es
ist das erste Bild des jungen Malers, und wir wünschen
von Herzen, daß dieser gesunde, frische Sinn sein Talent
bleibend begleiten möge.
Iephtas, des Richters, Tochter, unter ihren Freun-
dinnen zum Tode sich bereitend, ein ansprechender, elegi-
scher Gegenstand, war von Ehrhard aus Berlin mit
Gefühl behandelt, indem er durch einzelne Hinzutretende
in freien charakteristischen Bewegungen die Monotonie
der Gruppe, zu welcher dieser Stoff leicht verleiten kann,
glücklich vermieden hatte.
Von Theobald v. Oer sahen wir, außer einer
Wiederholung seiner schon im vorigen Jahre besprochenen
gelungenen Darstellung „des Todes der heiligen Elisabeth,"
Nonnen, welche vor der Thür des Klosters ein ausge-
seztes Kind finden.
Graf Magnus Stenbock aus Esthland batte hier
vor Kurzem, nachdem er mehrere Jahre mit rühmlichem
Eifer sein malerisches Talent auszubilden bemüht gewesen,
sein bewegtes Leben geendet. Sein leztes Bild, eine
Räuberscene, nicht ohne poetischen Sinn und von sorg-
samster Ausführung, gab eine wehmüthige Erinnerung
seines noch während einer zerstörenden Krankheit anhal-
tenden Fleißes.
Teichs aus Braunschweig gehört zu den jungen
Künstlern, welche sich gern in lebensgroßen Gestalten ver-
suchen. Seine „gefangenen Griechen von Mamelucken
bewacht" bildeten in ihren reichen Kostümen und edeln
Körperformen eine wohlgeordnete Gruppe.
Sonderland's rheinische Fähre zeichnet sich vor
allen früheren beliebten Bildern dieses Künstlers durch