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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.12990#0056
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manriscbcn Kuppeln fm Innern, als auch die Schneckenstie-
gen und alte Form und Zahl der Sale, Logen und sogenann-
ten Kapellen, sind verschwunden, und haben graben Treppen,
neuer Einkheilung und Deckenwölbung Platz gemacht. Nichts
ist mehr dasselbe, aber überall erblickt man Spuren, wie
es gewesen, und daß es besser gewesen. Die Quelle in der
unteren Vorhalle rieselt noch erfrischend und munter, und
das bald engere bald sich erweiternde Bette hinab; aber sie
stießt nicht mehr aus ihrem zierlichen Metallbecken, oberhalb
der sechs kleinen Stufen mit steinernem Knopfe gekrönt; key
näherer Beschauung wird man dort eine kleine verstümmelte
heilige gewahr. Der Fußboden der Halle ist stakt mit
Marmor, jetzt mit blau und iveissen irdenen Fliesen gepfla-
stert. Von der Musiv-Arbeit an den Wauden sind auf
Goldgründe mit lebendigen Farben drei- Medaillons erhal-
ten, nämlich Palmbäume zwischen Pfauen und in der Mitte
Bogenschützen, die nach Vögeln in den Besten eineö Bau-
mes zielen.

An der Decke erkennt mau die bepden Gitterfenster,
durch welche man aus dem ersten Stocke hinabschauen konnte;
und an der Wölbung eines Saales im ober» Stockwerke
die Stalactiten ähnlichen maurischen Verzierungen.

Von dem 200 Fuß weiten (im Umfange) Weiher ist
nichts mehr zu entdecken. Die Fahrstraße läuft dicht vor
der Haupkfaffade der Zisa vorbey. Man sieht wohl in der-
selben einen viereckig ausgelegten Sleinrand, aber viel klei-
ner als jenes angegebene Maaß, (vielleicht die alte Grund-
lage des Pavillons in der Milte) die neuere Fontaine gegen-
über hat nichts damit zu thun, so wenig wie das Wasserbc-
hältniß im Orangegarten, der dem Besitzer der Zisa gehört,
und wohl schon ehemals einen Theil des Bezirkes des Lust-
schlosses ausgemacht hatte. Man leitet überall in und um
Palermo Wasser in die Häuser und Karten, und der Reich-

»hum desselben und die Bewegung, die man ihm durch die
hunderte vrn Thürmchen (Olarre), in die man es auf- und
absteigen lässt, zu geben weiß, gehören zu den Vorzügen
dieser prächtigen Stadt.

Von den maurischen Gebäuden umher, die Lcan dro
noch angetroffen, ist wenig Spur mehr vorhanden, ausge-
nommen die der kleinen Kirche der Madonna Addvloraka in
geringer Entfernung und in einer verlängerten Linie der
Zisa. Die Sakristep dieser Kirche, ihre pinicnsörmige Kup-
pel und Verzierungen sind rein sarazenisch und wohlerhal-
ten. Sie war vermuthlich eine Moschee der Emire.

Ueber dem Hauplthvre der Zisa, welches schon seit meh-
reren Jahrhunderten, und selbst vor Le andre d'AIberri,
verringert gewesen zu sevn scheint (indem eS sich zuvor bis
über den ersten angeflickren Balkon erhob) liest man m
Marmor eine spanische Inschrift folgenden Inhalts:

„Wohl rühmt sich die Zisa dem Glanze Spaniens und
„Griechenlands nickt nachzustehen, wen» sie Palermo solch
„ein Wappen darbieten kann." ’)

(Der Beschluß folgt.)

») Ich erinnere mich nicht recht des Wappens, vermuthe
das der Saudovales. Der Autor.

56

Kunst-Parallelen:

Michael Angelo und Parrhasius.

§s geht über das Gcmäblde des Crucisires von Mi-
chael Angelo sonst in der Karthausc zu Neapel die dunkle
grauenvolle Sage, daß der Künstler, um ein Modell mit
dem Ausdrucke der höchsten Natürlichkeit vor sich zu haben,
einen Menschen habe kreutzige» lassen. So wenig diese Sage
in historischen Zeugnissen, oder in dem Charakter des Künst-
lers und der Kunst selbst begründet ist, so ist sie doch immer
wieder erneuert worden (s. Volkm'ann Nachrichten v. Ita-
lien Hl. 57); pH mehr aus Neigung zum Abentheuerlichen
und Schauderhaften, oder aus der schlimmeren, auf große
Namen einen gehässigen Schein zu werfen, wollen ivir un-
entschieden lassen. Nur das merken wir an, daß man im
Alterthum dieselbe Schmach einem Künstler angethan hat.
Aus den Conrroversen des alteren Seneca (L.v. c.54.)
ersehe» wir, daß sich vom Parrhasius ein ähnliches
Mährchen herumtrieb, dtm vielleicht das neuere seinen Ur-
sprung verdankt. Als König Philipp die gefangenen Olyn-
thier verkauft, habe Parr hasius einen Greis erhandelt,
nach Athen gebracht, ihn dort foltern lassen, nach dem
Bilde des gefolterten Alten einen gefesselten Prometheus ge-
mahlt; der Greis sey unter den Qualen gestorben, der
Mahler aber habe sein Bild im Tempel der Minerva auf-
gestellt, sey aber dann über sein Verfahren als über ein
Sr.,nt<-v,rbr,»,n belangt worden. — Für Manchen möchte
die Geschickte noch von einer aum...

Aehnlichkeit gewinnen, die ich nur leise berühre. Vgl. A u-
gusti Programm: Promelheus cum duplici Adamo

coinparatus. Bresiau 1815.

Die'Sacke selbst verdient kaum eine Widerlegung, die
sich schon durch das allgemeine Stillschweigen des Alterlhums
l verdächtig macht. Eines solchen Geiriahldes von Parrha-
sius gedenkt kein andrer alter Zeuge. *) Und wie möchte
mau glauben, daß Parrhasius in Athen es wagen
durfte, einen der unglücklichen Einwohner einer verbünoeken
Sradt als erkauften Sklaven dabi» zu bringen? — Aber es
bedarf aller solcher Gegengründe nicht, da die ganze Er-
zän.ung durch die Zeitrechnung sich vv» selbst widerlegt.
Setzt man auch mit PUntus den Parrhasius in die
möglichst späte Zeit in die y5sie Olympiade, seine Bllikhe
muß in eme frühere Periode fallen, so liegen immer noch
zwilchen dieser und der Einnahme ron OIynlhus (Ol. log. 1.)
io Olympiaden, wodurch klar wird, daß diese Parrhasius
gar nicht erlebe» konnte. Das Ganze scheint erfunden,
um in den rhetorischen Uebmigeii zur Grundlage witziger
Wendungen, Gegensätze lind Figuren zu dienen, wie etwa!
folgender: Hoc Promelhea sauere non pilgere esl; si
videtur sibi, istis muncribus araro rnisericordiac orna ; si
vullis digne punire Parrhasium, ipse se pingat; propter
homineiii Prometheus dislortus, propter Promelhea hoini,
nes ne torseris. A. J. L.

*) Auch der Prom etl> emS im Tempel des Jupiter,
EassuS m Pclufla bey Acliiiics TatluS IH 8. scheint mit
seinem Gegenstücke der Andromeda n»d mir Ein-
schluß seines Meisters Enauthcs eine Fiction.
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