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Blatt 70 dürfte „Christus im Tempel lehrend" ver-
stellen. Da man nur durch den Raum, welchen der offene
Porticus frei läßt, in das Gebäude hineinsehen kann, ist
die Absicht des Künstlers nicht deutlich zu erkennen. Das
Innere scheint den damaligen Scuolen (wie in Venedig
die Gebäude der Brüderschaften benannt werden) nachge-
bildet zu seyu. Leute sitzen an den Wänden; Madonna
und Joseph stehen im Gespräch an derTreppe; einige eilen
noch mit Büchern hinauf, lieber den Säulen der Fayade
tritt ein hübscher Balcon hervor.
Blatt 80 „Johannes in der Wüste predigend," steht
auf einem hohen Piedestal; sehr verwischt. Auf Bl. 96 ist
derselbe Gegenstand wiederholt.
Blatt 83 „der heil. Bernhard predigend."
BIatt87 „Madonna in der Mandorla" läßt dem un-
ten, auf der rechten Seite knieenden Jünger den Gürtel
herab; die Hauptfigur ist retouchirt.
Blatt 88 „die zwölf Jünger," eine Darstellung, bei
der wieder die Architektur Hauptzweck des Künstlers war.
Blatt 92 „die zwölf Apostel" in zwei Reihen überein-
ander, mit Rollen und Büchern. Obwohl die untere ge-
litten hat, so ist doch nicht allein die Bedeutsamkeit der
Charaktere, sondern auch die Großartigkeit jeder einzelnen
Figur aufs deutlichste zu erkennen.
(Fortsetzung folgt.)
Neueste Kunstwerke in München.
(Fortsetzung.)
Die zweite Abthciliing der Loggien von Eorneliu».
Fünfte Loggia.
Die fünfte Loggia der ersten Abtheilung ist dem Fiesvle
gewidmet. Mit diesem sahen wir oben aufOverbeck's Bild
die Gebrüder Hubert und Johann van Eyk zusam-
mcngcstellt; in gleicher Weise hat sie Cornelius aufgefaßt,
indem er ihnen diese Loggie anweist. Die Seligpreisungen
des Erlösers durchwcben wie bei Fiesvle auch das Leben
dieser Künstler, dessen Hauptmomente in vier Bildern der
Kuppel dargestellt sind. Ein fünftes in derMitte ist ein
Denkmal ihrer heiligen und thätigen Bruderliebe, deren
unauslöschliches Ieugniß ihre gemeinsam ausgeführten
Werke sind: ein Engel umschlingt sie, die mit festem
Händedruck einander halten. In der einen Wagschaalc des
Ruhmes dieser beiden Künstler liegt die Erfindung der
Oelmalerei, durch welche der Kunst durchaus neue Lebens-
wege eröffnet, die Natur gewissermaßen in ihre Gewalt
gegeben worden. Darauf beziehen sich die gedachten vier
Dcckenbildcr. Auf dem ersten sehen wir Hubert als Che-
miker vor dem Schreibpult, mit Büchern umgeben, das
neugcfundene Farbenbindcmittel, mit dessen Bereitung
am Feuerherd ein Diener beschäftigt ist, auf die Platte
tröpfeln, auf welcher ein anderer im Begriff ist, Farbe zu
reiben; auf dem zweiten unterrichtet er seinen Bruder
Johann und seine Schwester Margaret!) in der Anwendung
desselben; auf dem dritten ist sein Verhältniß zu seinem
hohen Gönner, dem Herzog Philipp dem Guten von Bur-
gund, dem er seine Gemälde zeigt, geschildert; auf dem
vierten endlich der Weg angedeutet, auf welchem die neue
Erfindung nach dem Lande kam, wo sie zur vollen Ent-
wickelung gedieh, nach Italien, durch Antoncllv von
Messina, der uns hier als Schüler van Eyk's vorgeführt
wird.
Das zweite Gewicht in der Ruhmesschaale der genann-
ten Künstler sind ihre Werke und vor allen jenes große und
herrliche Altargemälde von zwölf Tafeln, ehemals in S.
Johanne (S. Bavo) zu Geut,«um zum großen Thcil im
Berliner Museum, „die Anbetung des Lammes." Cor-
nelius hat die Idee desselben in den mittleren Raum des
Lunettenbildes gedrängt. In der Höhe erscheint, in der
Glorie von Cherubim, mit ausgebreiteten Armen Gott
der Vater; unter ihm das Symbol des heiligen Geistes,
und unter diesem, auf einem Altar im Mittelgrund über
dem Buch mit sieben Siegeln, das heilige Lamm der
Apokalypse, dem schwebende Engel Weihrauch spenden.
Au beiden Seiten des Altars knieen Maria und Johannes
der Täufer, der erste Verkündiger, wie jene die erste An-
beteude des Lammes, auf Erden. Nun folgen zur Rechten
die Jungfrauen, Sänger und fürstlichen Streiter der
Kirche, links die geistlichen und weltlichen Mächte, alle
anbetend und opfernd nach dem Lamm gewendet. Im
Vordergrund kniect der Maler mit seinerTafel und schaut
sich nach der ganzen Handlung, wie nach einer Vision, um,
im Begriff sie aufzuzeichnen. Die Bilder der Kuppel sind
von Palme, die der Lünette von Aimmermann ai fresco
ausgeführt.
Sechste Loggia. *
Die Darstellungen der sechsten Loggia der ersten Ab-
theilung beziehen sich auf Masaccio. Bei der deutschen
Abtheilung ist der Parallelismus hier^unterbrochen, denn
ohne Zwang läßt sich kein Vergleich, und in keinem Fall
ein durchgreifender, mit Hemling aufstellen, dem in
Verbindung mit Roger van Brügge, dessen Werke
meist mit den seinigen verwechselt werden, diese Kuppel
gewidmet ist. Hemling's schönstes Werk, der Zug der hei-
ligen drei Könige (in der Münchner Pinakothek), zu be-
zeichnen, hat Cornelius sie in der Mitte der Kuppel auf
der Spitze eines Berges, nach dem Sterne des Heils
schauend, vorgestellt. Auf ein zweites, großes und um-
fassendes Gemälde, die Offenbarung des Johannes, deutet
das eine der tieferstehenden Kuppelbilder, auf welchem
Hemling vorgestellt ist, wie die Gesichte der Offenbarung
Blatt 70 dürfte „Christus im Tempel lehrend" ver-
stellen. Da man nur durch den Raum, welchen der offene
Porticus frei läßt, in das Gebäude hineinsehen kann, ist
die Absicht des Künstlers nicht deutlich zu erkennen. Das
Innere scheint den damaligen Scuolen (wie in Venedig
die Gebäude der Brüderschaften benannt werden) nachge-
bildet zu seyu. Leute sitzen an den Wänden; Madonna
und Joseph stehen im Gespräch an derTreppe; einige eilen
noch mit Büchern hinauf, lieber den Säulen der Fayade
tritt ein hübscher Balcon hervor.
Blatt 80 „Johannes in der Wüste predigend," steht
auf einem hohen Piedestal; sehr verwischt. Auf Bl. 96 ist
derselbe Gegenstand wiederholt.
Blatt 83 „der heil. Bernhard predigend."
BIatt87 „Madonna in der Mandorla" läßt dem un-
ten, auf der rechten Seite knieenden Jünger den Gürtel
herab; die Hauptfigur ist retouchirt.
Blatt 88 „die zwölf Jünger," eine Darstellung, bei
der wieder die Architektur Hauptzweck des Künstlers war.
Blatt 92 „die zwölf Apostel" in zwei Reihen überein-
ander, mit Rollen und Büchern. Obwohl die untere ge-
litten hat, so ist doch nicht allein die Bedeutsamkeit der
Charaktere, sondern auch die Großartigkeit jeder einzelnen
Figur aufs deutlichste zu erkennen.
(Fortsetzung folgt.)
Neueste Kunstwerke in München.
(Fortsetzung.)
Die zweite Abthciliing der Loggien von Eorneliu».
Fünfte Loggia.
Die fünfte Loggia der ersten Abtheilung ist dem Fiesvle
gewidmet. Mit diesem sahen wir oben aufOverbeck's Bild
die Gebrüder Hubert und Johann van Eyk zusam-
mcngcstellt; in gleicher Weise hat sie Cornelius aufgefaßt,
indem er ihnen diese Loggie anweist. Die Seligpreisungen
des Erlösers durchwcben wie bei Fiesvle auch das Leben
dieser Künstler, dessen Hauptmomente in vier Bildern der
Kuppel dargestellt sind. Ein fünftes in derMitte ist ein
Denkmal ihrer heiligen und thätigen Bruderliebe, deren
unauslöschliches Ieugniß ihre gemeinsam ausgeführten
Werke sind: ein Engel umschlingt sie, die mit festem
Händedruck einander halten. In der einen Wagschaalc des
Ruhmes dieser beiden Künstler liegt die Erfindung der
Oelmalerei, durch welche der Kunst durchaus neue Lebens-
wege eröffnet, die Natur gewissermaßen in ihre Gewalt
gegeben worden. Darauf beziehen sich die gedachten vier
Dcckenbildcr. Auf dem ersten sehen wir Hubert als Che-
miker vor dem Schreibpult, mit Büchern umgeben, das
neugcfundene Farbenbindcmittel, mit dessen Bereitung
am Feuerherd ein Diener beschäftigt ist, auf die Platte
tröpfeln, auf welcher ein anderer im Begriff ist, Farbe zu
reiben; auf dem zweiten unterrichtet er seinen Bruder
Johann und seine Schwester Margaret!) in der Anwendung
desselben; auf dem dritten ist sein Verhältniß zu seinem
hohen Gönner, dem Herzog Philipp dem Guten von Bur-
gund, dem er seine Gemälde zeigt, geschildert; auf dem
vierten endlich der Weg angedeutet, auf welchem die neue
Erfindung nach dem Lande kam, wo sie zur vollen Ent-
wickelung gedieh, nach Italien, durch Antoncllv von
Messina, der uns hier als Schüler van Eyk's vorgeführt
wird.
Das zweite Gewicht in der Ruhmesschaale der genann-
ten Künstler sind ihre Werke und vor allen jenes große und
herrliche Altargemälde von zwölf Tafeln, ehemals in S.
Johanne (S. Bavo) zu Geut,«um zum großen Thcil im
Berliner Museum, „die Anbetung des Lammes." Cor-
nelius hat die Idee desselben in den mittleren Raum des
Lunettenbildes gedrängt. In der Höhe erscheint, in der
Glorie von Cherubim, mit ausgebreiteten Armen Gott
der Vater; unter ihm das Symbol des heiligen Geistes,
und unter diesem, auf einem Altar im Mittelgrund über
dem Buch mit sieben Siegeln, das heilige Lamm der
Apokalypse, dem schwebende Engel Weihrauch spenden.
Au beiden Seiten des Altars knieen Maria und Johannes
der Täufer, der erste Verkündiger, wie jene die erste An-
beteude des Lammes, auf Erden. Nun folgen zur Rechten
die Jungfrauen, Sänger und fürstlichen Streiter der
Kirche, links die geistlichen und weltlichen Mächte, alle
anbetend und opfernd nach dem Lamm gewendet. Im
Vordergrund kniect der Maler mit seinerTafel und schaut
sich nach der ganzen Handlung, wie nach einer Vision, um,
im Begriff sie aufzuzeichnen. Die Bilder der Kuppel sind
von Palme, die der Lünette von Aimmermann ai fresco
ausgeführt.
Sechste Loggia. *
Die Darstellungen der sechsten Loggia der ersten Ab-
theilung beziehen sich auf Masaccio. Bei der deutschen
Abtheilung ist der Parallelismus hier^unterbrochen, denn
ohne Zwang läßt sich kein Vergleich, und in keinem Fall
ein durchgreifender, mit Hemling aufstellen, dem in
Verbindung mit Roger van Brügge, dessen Werke
meist mit den seinigen verwechselt werden, diese Kuppel
gewidmet ist. Hemling's schönstes Werk, der Zug der hei-
ligen drei Könige (in der Münchner Pinakothek), zu be-
zeichnen, hat Cornelius sie in der Mitte der Kuppel auf
der Spitze eines Berges, nach dem Sterne des Heils
schauend, vorgestellt. Auf ein zweites, großes und um-
fassendes Gemälde, die Offenbarung des Johannes, deutet
das eine der tieferstehenden Kuppelbilder, auf welchem
Hemling vorgestellt ist, wie die Gesichte der Offenbarung