51.
2V
Donner^ag, den 25. Juni 1840«
Zu dem beiliegenden Umriß:
Arabeske ans Wieland's Oberon von
A. Simon.
Die Beschreibungen dcö Freiherrn von Sternberg in
Nr. 87 V. I. und Nr. 27 d. I. haben unsere Leser mit den
geistvollen Arabesken bekannt gemacht, welche von Herrn
SimonfürdasWielandzimmer im großherzoglichen Schlosse
zu Weimar compouirt worden sind. Das beiliegende Blatt
enthalt einen leichten Umriß des ersten Pfeilers, und wird
wenigstens eine ungefähre Vorstellung dieser originellen
Composition geben. Des Raumes wegen mußte der 8 Fuß
hohe und 13 Zoll breite Streifen hierin zwei Abtheilungen
nebene' ander gebracht werden. Zur Erklärung dcö Ein-
zclnen lassen wir eine Mittheilung aus der Feder des
Künstlers selbst folgen:
Das Mährchen des Scherasinin.
Oberon. Gesang VI. 93. 55.
3"halt: Oberon und Titania halten Mittagsruh
und sehen wie über ihnen im Birnbäume Rosette, des
blinden Gangolf Frau, ihren Knecht Walter küßt. Der
erzürnte Oberon öffnet mit seinem Lilienstabe die Augen
Gangvlfs, damit er die Untreue seines Weibes erblicket
aber aUtania gelingt es, dies zum Theil zu vereiteln,
indem sie eine ihrer Dienerinnen sendet, welche Walter
durch einen Schleier unsichtbar macht.
Darstellung: Im Mittelbilde ruhen Oberon
und Titania auf Lilienblättern im Schatten der Myr-
ten an einem Brunnen, um welchen Maiblumen und
Winden blühen. Singende Grillen deuten auf die
Ruhe und das Schweigen der Natur, und in den Kelchen
der Lilien schlummern kleine Elfen, den Mondschein,
der über ihnen als Mondkraut (lunaria) hängt, zu erwar-
den- Zwischen Narzissen und duftenden Gräsern steht der
^crrath, und zeigt in einem Spiegel dem Elfenkönige
die verliebte Scene des Birnbaums. Hier, versteckt in den
Zweigen, küßt Walter seine Gebieterin, während die u ir-
re ine Liebe, zwischen Ranken des Bocksbartes (u-ajo-
pogou), auf einem Bocke reitend, ihre Herzen mit seinen
Pfeilen entzündet, lieber ihr, als Symbol des Sünden-
falls, windet sich aus dem Caprifolium (Geißblatt), das
unter den Füßen Gangolfs entspringt, und sich als ein
i Sinnbild der Unkeuschheit durch die ganze Darstellung
zieht, die Schlange empor, die verbotene Frucht reichend.
Unter dem Verrath schwebt in der Mondesscheibe spinnend
die Täuschung, neben ihr die Sinne fesselnden Attri-
bute des Rausches, Hopfen und Wein. Oberon steigt aus
der Kaiserkrone (Tritiiiaria) herab und berührt mit seinem
Scepter die Augen Gangolfs. Gangolf, unter seinem
Gewände das Podagra, welches den Baum der Un-
keuschheit mit Medicin begießt, wird sehend. Ein Satyr
und Bacchante, sitzend auf den Dornenpfeilern, welche
aus seinen Leiden wuchsen, ziehen den Schleier der Nacht
(die Blindheit) von der Sonnenblume (dem Lichte), indem
sie ihm einen Pfeil und einen Kelch, die Ursachen seiner
Krankheit, verhöhnend Vorhalten. Gangolf erblickt den
Betrug, die schnäbelnden Tauben, da-s Rvthkchlchen,
welches unter der Täuschung den Kuckuck wiegt; und
Walter wird durch den Schleier, welchen die Nymphe der
Titania über ihn breitet, seinen Augen entzogen.
Dauknnst in England. *
Companion to the Almanac for the year 1840.
London, Charles Kniglit, 22, Ludgate Street.
Seit mehreren Jahren hat der Begleiter des (britti-
scheu) Almanachs eine Art von Jahresbericht über die vor-
züglichsten Bauwerke geliefert, welche in dem leütverfloffc-
neu Jahre in London, oder überhaupt in England begonnen
* Bon einem englischen Corrcspondemen.
2V
Donner^ag, den 25. Juni 1840«
Zu dem beiliegenden Umriß:
Arabeske ans Wieland's Oberon von
A. Simon.
Die Beschreibungen dcö Freiherrn von Sternberg in
Nr. 87 V. I. und Nr. 27 d. I. haben unsere Leser mit den
geistvollen Arabesken bekannt gemacht, welche von Herrn
SimonfürdasWielandzimmer im großherzoglichen Schlosse
zu Weimar compouirt worden sind. Das beiliegende Blatt
enthalt einen leichten Umriß des ersten Pfeilers, und wird
wenigstens eine ungefähre Vorstellung dieser originellen
Composition geben. Des Raumes wegen mußte der 8 Fuß
hohe und 13 Zoll breite Streifen hierin zwei Abtheilungen
nebene' ander gebracht werden. Zur Erklärung dcö Ein-
zclnen lassen wir eine Mittheilung aus der Feder des
Künstlers selbst folgen:
Das Mährchen des Scherasinin.
Oberon. Gesang VI. 93. 55.
3"halt: Oberon und Titania halten Mittagsruh
und sehen wie über ihnen im Birnbäume Rosette, des
blinden Gangolf Frau, ihren Knecht Walter küßt. Der
erzürnte Oberon öffnet mit seinem Lilienstabe die Augen
Gangvlfs, damit er die Untreue seines Weibes erblicket
aber aUtania gelingt es, dies zum Theil zu vereiteln,
indem sie eine ihrer Dienerinnen sendet, welche Walter
durch einen Schleier unsichtbar macht.
Darstellung: Im Mittelbilde ruhen Oberon
und Titania auf Lilienblättern im Schatten der Myr-
ten an einem Brunnen, um welchen Maiblumen und
Winden blühen. Singende Grillen deuten auf die
Ruhe und das Schweigen der Natur, und in den Kelchen
der Lilien schlummern kleine Elfen, den Mondschein,
der über ihnen als Mondkraut (lunaria) hängt, zu erwar-
den- Zwischen Narzissen und duftenden Gräsern steht der
^crrath, und zeigt in einem Spiegel dem Elfenkönige
die verliebte Scene des Birnbaums. Hier, versteckt in den
Zweigen, küßt Walter seine Gebieterin, während die u ir-
re ine Liebe, zwischen Ranken des Bocksbartes (u-ajo-
pogou), auf einem Bocke reitend, ihre Herzen mit seinen
Pfeilen entzündet, lieber ihr, als Symbol des Sünden-
falls, windet sich aus dem Caprifolium (Geißblatt), das
unter den Füßen Gangolfs entspringt, und sich als ein
i Sinnbild der Unkeuschheit durch die ganze Darstellung
zieht, die Schlange empor, die verbotene Frucht reichend.
Unter dem Verrath schwebt in der Mondesscheibe spinnend
die Täuschung, neben ihr die Sinne fesselnden Attri-
bute des Rausches, Hopfen und Wein. Oberon steigt aus
der Kaiserkrone (Tritiiiaria) herab und berührt mit seinem
Scepter die Augen Gangolfs. Gangolf, unter seinem
Gewände das Podagra, welches den Baum der Un-
keuschheit mit Medicin begießt, wird sehend. Ein Satyr
und Bacchante, sitzend auf den Dornenpfeilern, welche
aus seinen Leiden wuchsen, ziehen den Schleier der Nacht
(die Blindheit) von der Sonnenblume (dem Lichte), indem
sie ihm einen Pfeil und einen Kelch, die Ursachen seiner
Krankheit, verhöhnend Vorhalten. Gangolf erblickt den
Betrug, die schnäbelnden Tauben, da-s Rvthkchlchen,
welches unter der Täuschung den Kuckuck wiegt; und
Walter wird durch den Schleier, welchen die Nymphe der
Titania über ihn breitet, seinen Augen entzogen.
Dauknnst in England. *
Companion to the Almanac for the year 1840.
London, Charles Kniglit, 22, Ludgate Street.
Seit mehreren Jahren hat der Begleiter des (britti-
scheu) Almanachs eine Art von Jahresbericht über die vor-
züglichsten Bauwerke geliefert, welche in dem leütverfloffc-
neu Jahre in London, oder überhaupt in England begonnen
* Bon einem englischen Corrcspondemen.