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Kunstblatt.
Dienstag, den 19. Januar 18-11.
11 o m.
Neueste Werke der Bildhauerei.
Den io. Deccmber.
-Unter den Bildhauerwerkstätten ist cs gegen-
wärtig die von Tencrani, wo die größte Thätigkcit
herrscht, da derselbe nicht, wie die andern Bildhauer,
allein auf die Kunstliebe der Fremden angewiesen ist,
sondern von seinem eigenen Vaterlandc Aufmunterung
und Unterstützung' erhält. 2» eine Beschreibung der
vielen bei diesem ausgezeichneten Künstler in Arbeit
befindlichen Werke genau einzugehc», würde zu weit
führen; cs genüge hier nur die wesentlichsten derselben
namentlich anzngeben. Der Vollendung nahe sieht man
bei ihm ein großes Marmorbasrelief, die „Abnahme
vom Kreuz" für die Capelle Torlonia im Lateran be-
stimmt. Für die Basilika von St. Paul arbeitet Tenc-
rani an einer sitzenden Koloffalfigur des heiligen Benedict.
Für die Kirche von St. Peter in Nom hat er unlängst
die Statue des heiligen Alfonso di Signorio in Marmor,
und ebenfalls in kolossalen Dimensionen, vollendet; so
wie für Neapel die Statue des Evangelisten Johannes.
In Arbeit ist das Thonmodell zu einer Kolossalstatue
des regierenden Königs von Neapel, die in Bronce aus-
geführt und zu Messina aufgcrichtet werden soll. Neben
diesen größer» Werken finden wir bei diesem anspruchs-
losen Künstler eine Menge anderer Arbeiten, die von
fremden und einheimischen Privatpersonen bestellt worden
sind; unter diesen die sitzende Figur eines Grafen Orloff,
für Rußland bestimmt, se wie mehrere mythologische
Figuren für den Palast Torlonia.
Wenden wir uns nun zu einem Landsmann, dem
Bildhauer E m i l W o l ff aus Berlin. Obwohl wir bei ihm
auf keine so großen und für die Oeffcntlichkeit bc>rimmten
Monumente als bei Tencrani stoßen, da cS ihm zur
Ausführung solcher Werke an Gelegenheit und Alifmun-
terung gemangelt hat, so zeigt er uns dennoch gegen-
wärtig eine Arbeit, die er aus eigenen Mitteln unter-
nommen und durchgeführt hat, welche sich in Rücksicht
auf Große und Umfang, so wie ar. Interesse des Gegen-
standes den oben erwähnten Schöpfungen würdig an die
Seite stellt. Es ist dieses eine Gruppe von zwei Ama-
zonen, davon eine verwundet, von der hcrbeigceiltcn
Gefährtin unterstützt wird. Heroengröße, wunderschö-
ner carrarischer Marmor. Die Verwundete ist in die
Knie gesunken und drückt mit schmerzvollem Ausdruck
die linke Hand an die Gegend des Herzens, um das
hervorquellende Blut zurückzudrängen, während sie sich
mit der schon entkräfteten Rechten auf die derselben fast
entfallende Streitart stützt. Der Helm ist ihr vom
Haupte gefallen, und sie wendet das schmerzvolle Antlitz
der Freundin zu, die sich mit dem Ausdruck innigen
Mitleidens über sie hinbeugt, ihr sinkendes Haupt mit
der Linken stützt und mit der Rechten sie zu halten und
aufzurichten bemüht ist. Die Verwundete ist mit einem
seinen Untcrgewande bekleidet, über welchem ein einfach
geschürztes, stärkeres Obergewand liegt; die Stehende,
deren Haupt mit dem Helme bedeckt ist, zeigt das ge-
wöhnliche Costüm der Amazonen, die doppelt geschürzte
Tunica und den Mantel, der ans der rechten Schulter
vom Riemen des Köchers gehalten wird, und in groß-
artigen Falten über den Rücken hinabfällt. Die Formen
der Stehenden sind mehr entwickelt und kraftvoller als
die der Verwundeten; der verschiedene Ausdruck in
Beiden, der des schmerzvollen Leidens bei der Einen
und der der liebevollsten Thcilnahme bei der Andern ist
dem Künstler außerordentlich gelungen. Die Compositivn
ist eben so einfach als lebendig und die Ausführung so
sorgfältig und naturgemäß, daß dieses Werk den besten
Erzeugnissen älterer und neuerer Zeit sich dreist an die
Seite stellen läßt.
Van der Wenn „Eva am Boden sitzend, und
mit sinnender Gebärde ans die neben ihr befindliche, den
Kunstblatt.
Dienstag, den 19. Januar 18-11.
11 o m.
Neueste Werke der Bildhauerei.
Den io. Deccmber.
-Unter den Bildhauerwerkstätten ist cs gegen-
wärtig die von Tencrani, wo die größte Thätigkcit
herrscht, da derselbe nicht, wie die andern Bildhauer,
allein auf die Kunstliebe der Fremden angewiesen ist,
sondern von seinem eigenen Vaterlandc Aufmunterung
und Unterstützung' erhält. 2» eine Beschreibung der
vielen bei diesem ausgezeichneten Künstler in Arbeit
befindlichen Werke genau einzugehc», würde zu weit
führen; cs genüge hier nur die wesentlichsten derselben
namentlich anzngeben. Der Vollendung nahe sieht man
bei ihm ein großes Marmorbasrelief, die „Abnahme
vom Kreuz" für die Capelle Torlonia im Lateran be-
stimmt. Für die Basilika von St. Paul arbeitet Tenc-
rani an einer sitzenden Koloffalfigur des heiligen Benedict.
Für die Kirche von St. Peter in Nom hat er unlängst
die Statue des heiligen Alfonso di Signorio in Marmor,
und ebenfalls in kolossalen Dimensionen, vollendet; so
wie für Neapel die Statue des Evangelisten Johannes.
In Arbeit ist das Thonmodell zu einer Kolossalstatue
des regierenden Königs von Neapel, die in Bronce aus-
geführt und zu Messina aufgcrichtet werden soll. Neben
diesen größer» Werken finden wir bei diesem anspruchs-
losen Künstler eine Menge anderer Arbeiten, die von
fremden und einheimischen Privatpersonen bestellt worden
sind; unter diesen die sitzende Figur eines Grafen Orloff,
für Rußland bestimmt, se wie mehrere mythologische
Figuren für den Palast Torlonia.
Wenden wir uns nun zu einem Landsmann, dem
Bildhauer E m i l W o l ff aus Berlin. Obwohl wir bei ihm
auf keine so großen und für die Oeffcntlichkeit bc>rimmten
Monumente als bei Tencrani stoßen, da cS ihm zur
Ausführung solcher Werke an Gelegenheit und Alifmun-
terung gemangelt hat, so zeigt er uns dennoch gegen-
wärtig eine Arbeit, die er aus eigenen Mitteln unter-
nommen und durchgeführt hat, welche sich in Rücksicht
auf Große und Umfang, so wie ar. Interesse des Gegen-
standes den oben erwähnten Schöpfungen würdig an die
Seite stellt. Es ist dieses eine Gruppe von zwei Ama-
zonen, davon eine verwundet, von der hcrbeigceiltcn
Gefährtin unterstützt wird. Heroengröße, wunderschö-
ner carrarischer Marmor. Die Verwundete ist in die
Knie gesunken und drückt mit schmerzvollem Ausdruck
die linke Hand an die Gegend des Herzens, um das
hervorquellende Blut zurückzudrängen, während sie sich
mit der schon entkräfteten Rechten auf die derselben fast
entfallende Streitart stützt. Der Helm ist ihr vom
Haupte gefallen, und sie wendet das schmerzvolle Antlitz
der Freundin zu, die sich mit dem Ausdruck innigen
Mitleidens über sie hinbeugt, ihr sinkendes Haupt mit
der Linken stützt und mit der Rechten sie zu halten und
aufzurichten bemüht ist. Die Verwundete ist mit einem
seinen Untcrgewande bekleidet, über welchem ein einfach
geschürztes, stärkeres Obergewand liegt; die Stehende,
deren Haupt mit dem Helme bedeckt ist, zeigt das ge-
wöhnliche Costüm der Amazonen, die doppelt geschürzte
Tunica und den Mantel, der ans der rechten Schulter
vom Riemen des Köchers gehalten wird, und in groß-
artigen Falten über den Rücken hinabfällt. Die Formen
der Stehenden sind mehr entwickelt und kraftvoller als
die der Verwundeten; der verschiedene Ausdruck in
Beiden, der des schmerzvollen Leidens bei der Einen
und der der liebevollsten Thcilnahme bei der Andern ist
dem Künstler außerordentlich gelungen. Die Compositivn
ist eben so einfach als lebendig und die Ausführung so
sorgfältig und naturgemäß, daß dieses Werk den besten
Erzeugnissen älterer und neuerer Zeit sich dreist an die
Seite stellen läßt.
Van der Wenn „Eva am Boden sitzend, und
mit sinnender Gebärde ans die neben ihr befindliche, den