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wußte sich Frankreich für solche Verluste schadlos zu
halten, indem es, wie einst die Römer, aus der Beute
aller besiegten Länder, das Herrlichste an Werken der
Kunst in Paris znsammenhäufte. Mit Napoleons Sturz
mußte zwar das Wichtigste zurückgegeben werden; doch
ist auch so noch Paris im Besitz höchst umfassender Schätze
geblieben. — Hr. Waagen geht auf alle diese einzelnen
Ilmstäude näher ein und gibt durch Auszüge aus den
Verzeichnissen der vorzüglichsten Sammlungen, die im
Laufe der Zeit entstanden waren, eine nähere Anschauung
des Einzelnen.

Unter den eigentlichen Kunstberichten seines Werkes
sind zunächst die über Gegenstände des Alterthums her-
vorzuheben. Der ganze Reichthum der Antikensamm-
lungen im Museum von Paris, die Schätze des britti-
schen Museums, die mannigfachen Werke alter Kunst,
die in den Palästen und Schlössern der englischen Großen
verstreut sind, werden unfern Augen vorübergeführt.
Mehr oder weniger ausführlich, mit besonnener künst-
lerischer Kritik, geht der Vers, auf alles Einzelne ein
und stellt dessen Bedeutung für den Gang der kunsthisto-
rischen Entwickelung fest. So viel ich zu urtheilcn im
Stande bin, sind wir dem Vers schon für diese Berichte
zu sehr großem Danke verpflichtet. Die neuere Zeit hat
ungemein wichtige Entdeckungen im Gebiete der alten
Kunst veranlaßt; ganze Reihen neuer Darstellungen,
neuer Gegenstände sind uns entgegcngetrcten, und diesen
hat sich die Forschung mit vorzüglicher Liebe zugewandt;
dadurch aber ist im Fache der Archäologie ein, fast aus-
schließlich gelehrter Standpunkt in den Vorgrund ge-
treten, und die einfach künstlerische, und darum doch
eben die belvhnendste und folgereichste Auffassungsweise
ist zuweilen wohl etwas über die Gebühr vernachlässigt
worden. Diese nun vertritt Hr. Waagen, und gewiß
mit großem Glück; das Auge, das in den Werken der
neuern Kunst die feineren Unterschiede und die Ent-
wickelungsverhältnisse zwischen den verschiedenen Schulen,
den einzelnen Meister» und den einzelnen Werken der
letzteren zu verfolgen gewohnt war, betrachtet in äbu-
licher Weise die Arbeiten antiker Kunst, wo solche Ver-
hältnisse nicht in gleichem Maße zu Tage zu liege»
scheinen; so treten auch hier für die Entwickelung und
für den Bildungsgang manche Momente klar hervor,
die von den Archäologen bisher nicht eben so anschaulich
dargestellt wurden. — Zuerst ist der Berichte über die
einzelnen Werke ägyptischer Kunst, die sich in London und
in Paris befinden, zu gedenken; die allgemeinen Stylgesetze
werden ausführlich charakterisirt; die neuere Erklärung
der Hieroglyphen gibt willkommene Gelegenheit, um die
Stylunterschiede historisch zu bestimmen. In letzterem
Bezüge ist besonders interessant, was über die Verän-
derungen in der späteren Zeit der selbstständigen ägyptischen

Kunst (nach Werken des Louvre) mitgetheilt wird. Einige
gehaltreiche Worte über persepolitauische Sculptnren
und Gnpsabgüsse von solchen, die sich im brittischen
Museum befinden, sind ebenfalls nicht zu übersehen.
Dann folgen Bemerkungen über die altgriechischeu und
ihnen entsprechenden archaistischen Werke im Louvre.
Vorzüglich wichtig aber ist die ausführliche Charakteristik
der griechischen Sculpturen aus der Zeit des Phidias,
im brittischen Museum; der Verf. setzt ans eben so ein-
fache, wie durchgreifend klare Weise die großartigen
Stylgesetze, die bei diesen Werken obwalten, und ihre
Unterschiede auseinander. Hieran reihen sich die Be-
merkungen über die gleichartigen Werke in Paris, be-
sonders über die so eigenlhümlich interessanten Fragmente
von den Sculpturen des Jupitertempels zu Olympia.
Eben so wird die Folgezeit der griechischen Kunst in
Betracht gezogen. Die Statue der Venus von Melos
(im Louvre) gibt Gelegenheit, das Wese» der künstleri-
schen Richtung des Scopas und seiner Schule näher zu
entwickeln; der Verf. geht hiebei zugleich auf die künst-
lerischen Elemente der Niobidengruppe über, deren Er-
findung er, wie es scheint: mit gutem Grunde, dem
Scopas tim Gegensatz gegen Praritiles) zuschreibt. So-
dann sind es vornehmlich die reiche» Schätze des Louvre,
ans den späteren Zeiten der griechischen Kunst, aus der
römischen Zeit und bis zu dem Ende antiker Knnstübung,
die von dem Verlauf der letzteren ein anschauliches Bild
gewähren; die einzelnen Abschnitte dieses Zeitraumes
werden übersichtlich geschildert, die einzelnen Werke als
die Belege zu diesen Schilderungen mehr oder weniger
ausführlich charakterisirt. Ich wüßte nicht, daß uns über
diesen, so eigenthümlich schwierigen Theil der antiken
Kunstgeschichte ähnlich umfassende und begründete Be-
stimmungen vorlägen. Auf die Notizen über Anticaglien
der verschiedensten Art, Bronzen, Gemmen, Münzen,
Gefäße und Geräthe näher einzugehen, würde hier zu
weit führen.

Für den Uebergang aus der antiken Kunst in die
des christlichen Zeitalters sind zunächst die Notizen über
einige cvnsularische Diptycha aus dem 5ten und 6ten
Jahrhundert, zu Paris befindlich, von großem Werth.
— Wichtiger jedoch für diesen Uebergang, und von der
umfassendsten Bedeutung für den gesammten Cntwicke-
lungsgang der bildenden Kunst in der Zeit des Mittel-
alters sind die ausführlichen Mittheilungen, welche Herr
Waagen über die Miniaturmalereien in den Manuscripten
gibt. Die reichen Schätze solcher Art, die sich in den
Pariser Bibliotheken befinden, werden in chronologischer
Folge vorgeführt; die Mittheilungen über die Miniaturen
englischer Bibliotheken sind auf's trefflichste geeignet,
diese Uebersicht zu vervollständigen. Wir sehen hier zum
ersten Mal, so viel wichtige Mittheilungen wir auch
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