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Kunst auch Uebertreib'nngen die künstlerische Weihe ver-
leihen kann, ohne, wie es die ungriechische eigenthiim-
lichc Auffassungsart so oft thut, der widrigen Caricatur
zu verfallen, wodurch diese sogar zuweilen die griechische
Schönheit zur Mißgestalt herabzog.

Die Gestalten dieser Bilder sind dabei von Schwan-
thaler stets geistvoll gedacht und von Hiltcnspergcr eben
so humoristisch ausgebildet und ausgeführt. Die Formen,
wie übertrieben sie auch seyn mögen, überschreiten doch
niemals das rechte Maß des in der schönen Kunst Schick-
lichen und Zulässigen. Die CoMposition ist stets mit
unerschöpflicher Laune und mit heiterem Sinne der rich-
tigen Auffassung des Lebens auf dem Pnyr und der
Agora entquollen und die Ausbildung des Einzelnen
stets vollkommen und vollendet. Eben so ist Colorit
und malerische Behandlung ganz der Heiterkeit und dem
Muthwillen des Dichters entsprechend, und als Muster
aufzusteilen, wie der unbefangene Sinn neuer Künstler
von echt griechischem Geiste durchdrungen werden kann,
wenn ihn nicht falsche Theoreme daran hindern.

Wir wollen hier wieder nicht in einzelne Beschrei-
bungen der malerischen Schönheiten dieser Bilder ein-
gehen, welche doch nur dem Auge durch eigene Ansicht
aufgeschlossen werden können, und gehen zu einem
größeren Werke über, dessen Ausführung das hier so
richtig wählende Vertrauen des kunstbegeisterten Königs
Ludwig unseren beiden Künstlern übertrug. In dem
Erdgeschosse des neuen Schloßflügels, welcher im ersten
Geschosse die großen Festgemächcr enthält, ist eine Reihe
von Gemächern angebracht, welche zu einer fürstlichen
Wohnung geeignet sind.

Als Motiv der Ausschmückung wurde für sechs auf-
cinandcrfolgende Säle von Seiner Majestät dem Könige
die Odyssee in der Art bestimmt, daß von den vierund-
zwanzig Wandseiten dieser Säle eine jede die Hanpt-
mvmcnte einer Rhapsodie des Gedichtes enthalten sollte.

Diese Arbeit ward aber unseren beiden Künstlern
in der Art übertragen, daß Schwanthaler die Wahl und
Skizze der Composition in leichte» Umrissen gezeichnet,
Hiltenspcrger aber, bei stetem gemeinschaftlichen Ver-
ständnisse, die Zeichnung und Ausbildung in der fest-
gesetzten starken Lebensgröße und die Ausführung der
Wandbilder in Wachsharzfarben anheim fiel.

Hier nun war eine Gelegenheit gegeben, in unserer
Zeit ein Werk griechischer Kunst und Arr auszuführen,
so groß und bedeutend, wie nur irgend eines der hie-
sigen Kunstunternchmungen.

Was jetzt von Zeichnungen und Malereien vollendet
ist, gibt aber die Gewähr, daß ihr mit dem größten
Erfolge Genüge geleistet, und daß dieses Werk sich denen
unserer ersten Meister im religiösen und romantischen

Fache, Kaulbach, Cornelius, Heß und Schnorr, würdig
anreihen wird.

Die Ausführung ist bei dem zweiten Saale begonnen
worden, welcher den fünften, sechsten, siebenten und
achten Gesang umfaßt, und die Bilder sind in dem Au-
genblicke bis auf eines vollendet.

(Fortsetzung folgt.)

Nachrichten vom Juli.

Persönliches.

Haag, 2s. Juni. Der Bürgermeister und Rath haben,
auf Antrag der Commission für Bcurihcilung der Kunstwerke
der hier jetzt eröffnetcn Ausstellung, Hrn. de Kcyzcr in
Antwerpen für sein Bild: „die Schlacht bei Worringen"
und Hrn. Koekkock in Cleve für dessen „Landschaft bei
stürmischem Wetter" die goldene Medaille zuerkannt.

Der Maler Sch e lsh ou t, welchem die hiesige städtische
Verwaltung, in Anerkennung der von ihm auf die Aus-
stellung gelieferten Werke, die silberne Preismedaillc zu-
erkannte , hat diese Ehrcnbezcichnung abgelehnt. (Es gibt
nämlich auch goldene Medaillen.)

London, is. Juni. Die Königin hat Hrn. Georges
Hayter an des verstorbenen Sir David Wilkic Stelle
zum ersten ordentlichen Hofmaler ernannt.

10. Juli. Der bekannte Schriftsteller Allan Cun-
niligham hat eine Biographie Sir D. Wilkic's angekün-
digt, zu der der Verstorbene selbst viele Materialien hinler-
lasscn hat. Ehantrey, der berühmte Bildhauer, der
vieljährige treue Freund Wilkic's, ist der Vollstrecker seines,
schon vor 13 Jahre» gemachten Testamentes.

Ncrlin, so. Jun. Der hier anwesende berühmte fran-
zösische Kupferstecher, Baron Desnoycrs, ist damit be-
schäftigt, die Madonna del Palazzo Colonna von Raffael auf
dem hiesigen Museum zu zeichnen, tun danach einen Stich
zu arbeiten.

8. Juli. Dem Maler Carl Friebr. Schulz alllücr
ist das Prädikat eines Professors vom Könige ertheilt worden.

Die Akademie der Künste hat den Steinschneider und
Wappcnstecher Ernst Tietze Hierselbst, einen gebvrnen
Glatzer, zu ihrem akademischen Künstler ernannt.

io. Jul. Der König hat die Gemahlin Schinkcl's
in einem huldvolle» Schreiben um Zustellung der Mappe
dieses genialen Künstlers ersucht, indem er diesen nicht besser
zu ehre» vermöge, als dadurch, das, er die bisher »och nicht
ausgcführtcn Entwürfe desselben in's Leben treten lasse. Zur
Ausführung mehrerer derselben ist bereits Befebl ertheilt.
Unter andern werden auch die von Schinkel angegebenen
Gruppen für die Schlohbrücke zur Ausführung kommen. Mit
dem Befinden Schinkcl's hat cs sich einigermaßen gebessert;
die lichten Augenblicke sind häufiger, und die Körperkräftc
haben sich gehoben, so daß mehrere Aerzte an die Möglichkeit
der Genesung glauben.

14. Juli. Der Bildhauer Ki s, ist zum Professor bei
dem hiesigen Gewerbinstitute ernannt worden.

21. Juli. Dem Archäologe» des königlichen Museums,
Prof. Oe. Gervard, ist die Anlegung des ihm voP Könige
von Dänemark verliehenen Danebrogordens gestattet worden.

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