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302

scheint." Hiebei benennen wir daS Mondbild — als
ein bloßes Seyn. Es ist aber dieß eine Folge von Acten.
Das Leben, die Bewegung der Sonne im Aether erweckt
einen Zersetzungsprozeß auf ihr. Dieser theilt sich dem
Monde mit. Auch seine Oberfläche wird chemisch afficirt,
orydirt oder wie es die Schule nennen mag. Das Welt-
band, das ihn an die Erde knüpft, ist zugleich auch die
Fortbildung des Lichtacts auf diese, so auch auf mein
Auge. Dieses wird phosphorescirt. Mein Ich empfindet
diese Anregung nach ihrem specifiken Wesen, und, ich
spreche dann aus: der Mond scheint. — So nun auch
Sonne und Sterne, so alle leuchtende Meteore:c.

Licht ist wohl kein Stoff, sondern ein Act, ein
Weltact, der allgemeinste, der das ewige Werden der
kosmischen Gestaltungen, ihre Spannkraft gegen ein-
ander, ihre Bande, ihre Bewegungen, ihr eigenes Leben
alldurchdriugend bedingt und begleitet, derjenige Act,
der die Schöpfung in unendliche Weiten und Tiefen
uns zur Anschauung, zum Bewußtseyn bringt.

Aber All-Leuchten würde unfern Sinn zerstören.
Wir schauen am besten Licht, das sich am Dunkel ab-
hebt) und dieser Dualismus begleitet das Anschauen von
der Mond- und Sternen-Nacht, vom Unendlich-Großen
durch den Sonnen- Licht- und Schattentag hindurch
bis zu dessen kleinsten Erscheinungen, den mikroskopischen,
wo wir die unendlich kleinen Organe, Gefäße, Bläs-
chen rc. noch durch eine Licht- und Schattenseite am
deutlichsten wahrnehmen.

Es ist nämlich daS Dunkle, der Schatten nicht eine
völlige Nacht, es ist ein Helldunkel, das unfern Sinn
zu einem wiederholten Hin- und Herschweben zwischen
Anregung und Ruhe «»reizt, wodurch die Totalität
eines Gegenstandes, seine Modellirung, besser zur An-
schauung, zum Bewußtseyn kommt, als durch gleich-
mäßige Helle.

Wir müssen au die Eigenthümlichkeit aller Sinne,
ja uusers ganzen empfindenden Wesens erinnern, daß
jeder fortdauernde Eindruck sein Specistkes, seine Leitung
in's Bewußtseyn verliert, daß aber eben ein Uudulireu
zwischen ihm und seinem Gegensätze die beste Ablösung,
eine Frische nach der Ruhe gewährt. 2» den Gegen-
sätzen ersteht unserer Phantasie die Totalität, welche die
schaubare Natur, welche die Kunst uns nicht vorführeu
kann und soll. Ja gerade darin, daß ein Theil des
Auschaueus in den inneren Sin» fällt, liegt der fort-
währende Reiz des Schönen.

(Fortsetzung folgt.)

Nene Kupferstiche.

La Passion de Jesus-Christ, par Fr cd er ic
Overbeck. Gravec par MM. Keller,
Steife ns and etButavand. Paris, Ritt—
ner et Goupil. Düsseldorf, Buddeus. 1223k
kl. Fol.

Unter allen jetzt lebenden deutschen Malern wird
keiner so sehr durch die nachbildenden Künste gefeiert als
Overbeck. Seine Gemälde und Zeichnungen sind durch
Lithographie, Kupferstich und Stahlstich am meisten ver-
breitet, und haben sich theils selbst durch ihren iiinern
Gehalt ein Publicum gewonnen, theils hat man sie, wie
jetzt in Frankreich, wegen ihrer Brauchbarkeit fürAudacbts-
schrifteu absichtlich zu vervielfältigen gesucht. Es ist
zu wünschen, daß diese schönen, ans einem wahrhaft
religiösen Gemüth hervorgegangenen Cvmpositionen sich
immer mehr Freunde gewinnen. Obgleich wir nicht au
eine directe Beförderung der Religiosität durch die Knust
glauben, so halten wir es doch für keineswegs gleich-
gültig, ob dem Andächtigen oder nach Andacht Streben-
den schöne, sittlich und fromm gedachte, oder unschöne,
gleichgültig und gefühllos aufgefaßte Bilder zur Be-
schauung dargeboteu werden. Der Umgang mit kräftigen
und edlen Menschen, die Theilnahme au tiefen und
reinen .Empfindungen, der Anblick edler, die Menschheit
. i» ihrer erhabensten Erscheinung bezeichnenden Züge und
! Gestalten veredelt allmahlig unser Herz und verfeinert
unfern Sinn, auch wenn diese Menschen nur im tobten
. Bilde vor uns stehen. Overbeck's Zeichnungen sind mehr
zart und feingefühlt als kräftig; und wer diese mit Blei-
stift oder Sepia leicht ausgeführteu Blätter mit den
Nachbildungen durch lithographische Kreide, Radirnadel,
Kupfer- oder Stahlstich verglichen hat, wird in letzteren
überall noch Einiges zu wünschen finden. Den Litho-
graphien fehlt es hie und da au Feinheit und uvthiger
Bestimmtheit; unter den Kupferstechern hat früher
Rnscheweyh einige sehr treu und schön gestochene Blätter
geliefert; die gegenwärtigen Stahlstiche der Herren Keller,
Steifensand und Butavand zeichnen sich durch große
Zartheit und Eleganz der Behandlung ans, die jedoch
zuweilen in eine gewisse, Overbeck's Zeichnungen sonst
fremde Süßigkeit übergeht; am glücklichsten scheint uns
neuerlich Grüner diesen Meister aufgefaßt zu haben,
indem er, mit der großartigen und naiven Schönheit
Raffael'fcher Zeichnung vertraut, und von gründlicher
Kenutniß der Natnr geleitet, das Zarte mit kräftigem
Sinn, das Unbestimmte mit richtiger Verständniß wie-
dergegeben, und zugleich den schlichten, einfachen und
weichen Charakter der Overbeck'sche» Originale am treusten
beibehalten hat.
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