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Kunst, wie das 15te die Buchdruckcrkunst zum Heil
der Wissenschaft.

„Das von dem Künstler mit voller Freiheit auf
Kupfer geschaffene Bild wird nicht mehr durch den Druck
nach wenigen hundert Abdrücken abgenutzt, sondern auf
dem schönsten Punkte seiner Vollendung (nachdem von
der Platte eine kleine Zahl Abdrücke gemacht worden sind,
um alle Rauheiten und Härten etwas zu mildern und
abzurunden) als Urtypus gebraucht, um fo viele galvano-
plastische Nachbildungen davon zu machen, als nur immer
nöthig seyn mögen.

„Bei diesem Verfahren erhält man zuerst ein galvano-
plastisches Basrelief aller, in die Platte eingestochenen
Linien, welches wieder als Matrize für den zweiten Nie-
derschlag dient, der nun mit mikrometrischer Genauigkeit
alle die feinsten Ritzchen enthält, welche sich in der ge-
stochenen Platte befinden. Es ist unmöglich, auf künst-
lerischem Wege eine auch nur entfernt ähnliche Gleichheit
zweier Gegenstände zu bilden, wie sie hier die Natur
selbst schafft.

„Von diesen galvano-plastischen Kupferplatten, deren
man eine ganz beliebige Zahl machen kann, ohne die
Originalplatte im mindesten zu vernntzen, werden die
Abzüge auf Papier gemacht, welche nun, durch die Ver-
mehrung der Matrizen, ohne bemerkbare Abnahme der
Güte, in's Unendliche fortgesetzt werden können.

„Es wird in Zukunft nicht mehr der Speculatious-
geist seyn, der die schönsten Meisterwerke der Knpferstech-
kunst durch die Hand eines unglücklichen Stahlarbeiters
mechanisch nachstechen läßt, um in sklavischer Nachbildung
das Original zu vervielfältigen, und auf diese Art den
Vortheil zog, der dem schaffenden Künstler gehörte,
sondern es ist die Wissenschaft, welche die Natur zwingt,
mit der nur ihr allein möglichen Vollkommenheit der
Bildung, das geistige Product der Kunst in völlig gleichen
Nachbildungen wicderzugeben, die das Eigenthnm des
Künstlers selbst bleiben.

„Ein Verleger, welcher eine Platte in Auftrag
stechen läßt und dieselbe allein besitzen will, wird auch
dem Kupferstecher das Recht abkaufen müssen, galvano-
plastische Nachbildungen davon zu nehmen, welche, mit
der größten Leichtigkeit in einigen Theilcn mvdificirt,
als ein neues Product der Kunst geltend gemacht werden
könnten.

„Von den mancherlei Versuchen der Galvano-Plastik,
welche schon gemacht worden sind, ist mir noch kein
schöneres Resultat bekannt geworden, als die Platte,
welcye Herr Professor vr. Böttger in Frankfurt von
einer von mir gestochenen Kupferplatte hergcstellt hat.
Dieselbe entspricht, bei der vollkommensten Gleichheit
mit der Originalplatte, allen Anforderungen, welche
rücksichtlich des Druckes an eine Platte gemacht werden

können. Das galvanisch gewonnene Kupfer hat metalli-
schen Klang, und seine Eigenschaften sind der Art, daß
sie im Drucke eine gleiche Anzahl Abdrücke, wie die ge-
wöhnlichen Knpferplatten, zu halten scheint. Sie bietet
zugleich ihre Oberfläche zu jeder beliebigen Behandlung
des Stiches.

„Die Abdrücke dieser Platte sind jenen der ersten
ganz gleich, indem verschiedene Drucke von einer und
derselben Platte häufig mehr unter einander abweichen,
als der Unterschied zwischen den Drucken der ersten und
der galvanischen Platte beträgt.

„Es handelt sich jetzt darum, diese für die Kunst
so ersprießliche Erfindung der Naturwissenschaften zu-
nächst im Großen anzuwenden und auszubeuten. Die
Knpferstcchkunst erhält durch sie wieder den Vorzug über
alle Arten der Vervielfältigung, nicht allein in Bezug
auf wahren Kunstwerth, sondern auch bezüglich der
größeren Leichtigkeit im Handel. Kupferstiche von dem
ersten Werthe werden in Zukunft nicht mehr einzig im
Besitze reicher Sammler, sondern in den Händen aller
Gebildeten seyn. Die Frage, ob ein Kunstwerk nicht
etwa an Werth verliere, indem eö in den Händen Aller
ist, beantwortet sich leicht durch die Hinweisung auf die
stereotypirten Ausgaben unserer ersten Dichter, welche
durch Cotta den Weg in die Hände und Herzen aller
Deutschen gefunden haben.

„Eine solche Umwälzung der bestehenden Verhält-
nisse geht jedoch nicht mit einem Schlage, sondern er-
fordert die Zeit, welche dazu nöthig ist, ein größeres
Publicum für die Kunst empfänglich zu machen. Denn
nur, wo sie Freude erregen, werden Werke der Künste
gekauft; nur nach der Anzahl der geforderten Drucke
kann sich der Preis eines Werkes herabsetzen, und nur
bei einer ungewöhnlich großen Zahl von Abdrücken er-
scheint die Galvano-Plastik von derjenigen Wirksamkeit,
welche ihr für die Cultur wünschenswerth ist, und welche
sie im Laufe der Zeit auch gewiß erhalten wird."

Das erwähnte Blatt, welches in zwei Abdrücken
vor uns liegt, ist der von Prof. Felsing nach Daniel
Crespi gestochene kreuztragende Christus (oval, überhöht
10" rhcinl. hoch 8" breit) mit der Unterschrift: 4itritus
cst propler scclera noslra, und wir können das von
demselben Gesagte bestätigen. Der Preis der galvano-
plastischen Abdrücke ist bereits auf den fünften Theil des
Preises der von der Originalplatte gezogenen herab-
gesetzt, nämlich auf 48 kr. statt der früheren 2 fl., welchen
Preis jedoch die Abdrücke der ersten Platte behalten
haben.
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