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in halber Lebensgröße dar. Auf der Rückseite gewahrt
man noch Spuren einer Verkündigung und einer Krö-
nung Maria. Auch diese Bilder sind sehr ausgezeichnet
schön, obgleich von den vorhergehenden in Form und
Färbung verschieden. Der Ausdruck des Kopfs der Maria
und des Kindes ist überaus lieblich, die Charaktere der
Männer sind würdig und ernst; ihre Carnation ist ver-
schiedenartig kräftig, bei den Frauen und dem Kinde
blühend zart, mit weiß aufgesetzten Lichtern. J»i All-
gemeinen ist die Färbung hell und mild freudig, gleich
den Miniaturen jener Zeit. Der Faltenwurf ist einfach
sanft geschwungen, in schönen großen Massen gehalten.
Die Wolken (nach alt-traditioneller Weise, gleich einem
Ornamente) sind in den Goldgrund eingedrückt. Das
Werk verrät!) einen sehr ausgezeichneten Meister.

Dortmund besitzt in der Rainoldkirche noch einen
andern Hauptaltar aus dem Anfang des löten Jahrhun-
derts, dessen Mitte ein vergoldet Schnitzwerk einnimmt,
welches die Kreuzigung, sechs Propheten und sechs Apostel
darstcllt. Die Flügeldecken bestehen aus 16 Bildchen,
Darstellungen aus dem Leben Christi, von der Verkün-
digung au bis zu der Krönung Mariä. Oben befinden
sich noch zwei kleine Tafeln mit der h. Katharina und
der h. Barbara aus Goldgrund. Im Allgemeinen gehören
diese Bilder nicht zu dem Vorzüglichsten dieser Art,
obgleich die Figuren im Ausdruck schön und mild, in
den Bewegungen wahr, im Faltenwurf einfach und groß-
artig behandelt sind. Der Goldgrund hat einpunktirte
Damastmustcr, die Leisten sind mit gemalten Edelsteinen
geschmückt.

Von einem geringer,, Maler jener Zeit ist das Altar-
blatt in der südlichen Seitencapclle der Paulskirche zu
Soest. Es stellt einen Christus am Kreuze dar, um-
geben von vier Passionsgegenstäuden. Zu weiteren For-
schungen theile ich hier noch die Notiz mit, daß in der
Kirche zu Bielefeld sich ein Altarblatt vom Jahr 1400
vorfinden soll.

Alle bis jetzt erwähnten Werke zeigen noch im ge-
ringsten nicht irgend einen Einfluß der Van Eyck'schen
Schule. Nicht nur daß sie alle in Tempera gemalt sind,
sondern auch der Auffassung und Vehandlungsweise nach
gehören sie mehr einer idealen Richtung an, während in
den Niederlanden die genauere Beobachtung der äußern
Wirklichkeit, bei sonst sehr ernstem Streben, die Dar-
stellung des Individuellen, ein edler Naturalismus, die
Oberhand gewann. Seit der Mitte des löten Jahrhun-
derts jedoch gewahren wir auch in Deutschland letztere
Richtung und zwar augenfällig durch die Van Eyck'schc
Schule veranlaßt. Sic zeigt sich entschieden in Köln
beim Meister der Lyversberger Passion und bei seinen
zahlreichen Schülern; in Kolmar bei Martin Schöngauer;

in Nördlingen bei Friedrich Herlin, der ein Schüler
j des Rogier von Brügge scheint gewesen zu seyn; in
Frankfurt a. M. bei Kvnrad Fyvll, über den ich weiter
unten berichten werde; in Westphalen endlich bei dem
Liesborner Meister von 1465, bis, aber modificirt, herab
zu Jarenus aus Soest und Victor und Heinrich Dum-
wegge von Dortmund, welche letztere dem 16ten Jahr-
hundert angehören.'

(Fortsetzung folgt.)

Nachrichten vom (Oktober.

Malerei.

Pom, 2. Ott. Der Maler Kasclowsti von Berlin,
der gegenwärtig in» Vatica» die Disput« copirt, hat den
vor kurzer Zeit hier anwesende» Prinzen aus Abyffinien pvr-
trätirt. — Lehman» ans Hamburg hat einen Christus
vollendet, der, bis auf die, nach Ingres Manier, graue
Farbe, alles Beifalls Werth ist.

Paris, >. Okt. Die Herren Heim und Drolling
find so eben mit der Ausmalung der beiden SeitcncapeUen
der Saint-Sulpicekirche fertig geworden. Dem erster» war
die Capelle der Seelen im Fegefeuer, dem letzter» die des
h. Ludwig übertragen.

5. Okt. Zwei junge Künstler, Valette und Mcr-
eadier, haben so eben ein grolics, für die Kathedrale von
Foix bestimmtes Altarbild: „Jesus und die Samariterin"
gemeinschafttich vollendet.

2v. Okt. P. Delaroche hat nun sein riefiqes Gemälde
a-nf die Steinstäche des Halbkreises des Amphitheaters in der
Schule der schönen Künste vollendet. Es ist über ?, Meter
hoch, mißt etwa 15 Meter nach der Rundung und besteht
aus acht große» Gruppen, welche die franzbfische, italienische,
storentinische, spanische, deutsche, polnische, holländische und
stamländische Schule darstellen.

Herr Ingres arbeitet fortwährend an den Eartons zir
oen prachtvollen Gemälden, die er im Auftrag des Herzogs
von Lupnes im Schlosse zu Dampicrre ausführen wird,
dessen Restauration dem Architekten Du bau Übertragen
worden ist.

Das schöne Gemälde Re m o n d' s, „Elias ans dem Berge
Karmel," ist so eben vom Minister des Innern dem Museum
der Stadl Rheims geschenkt worden. Vorläufig bleibt cS
jedoch noch ein Jahr lang im Palast Lurcmburg ausgestellt,
— Das Martyrium des h. Sebastian von Carbillet ist
der St. Michaeliskirche zn Dijon verliehen worben.

' Viele Bilder der wcstphalische» Schule von geringer»
Malern werden hier mit Stillschweigen übergangen, obgleich
ihr Anblick die Basis zeigt, ans welcher die schönsten Blüthcn
entsprungen, in der Beschreibung aber die kleberficht nur
erschweren würden. Auch die Materfamilie Zn in Ring,
die im isten Jahrhundert blühte, übergehe ich, da schon
über sie ist berichtet worden.
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