2r- 21.
jUttttötbldtt
Dienstag, den 14. März 1843.
Bericht über die Knnstansstcüung zu PerUn
im Herbste 1812.
(Fortsetzung.)
Sehr zahlreich sind noch immer die Halbfiguren,
welche freilich zum Theil nicht mehr als kostümirte Stu-
dienköpfe heißen können. So die Italienerin, von Ad.
Henning, so mehrere Edelknaben, Engel, betende
Kinder «., von Alb. Kornek. Noch einmal bemerken
wir hier, wie wenige Maler mit sich im Reinen sind
über den zu ihren Darstellungen passenden Maßstab;
genreartige Halbfiguren in Lebensgröße und mehr als
Lebensgröße machen einen beinahe ängstlichen Eindruck.
Ein solches Riesenweib ist Senff's Bella Jschiana, wo
noch harte, grelle Färbung hinzukömmt. Auch das Grie-
chenmädchcn mit der Zither, von Emil Jakobs in
Gotha, würde bei einem kleinern Maßstab gewinnen, ist
aber in allem klebrigen eine Gestalt von großer Zartheit
und Schönheit. Wir fürchten nur, der rothschimmernde
Ton der Jakobs'schcn Bilder möchte sich allmählig zu
einer Manier ausbilden, was wir um so mK>r beklagen
müßten, da nur wenige Maler den weiblichen Körper
so verstehen und so graziös wicderzngcbcn wissen. —
Auch Sir Guyon mit dem Kinde — wir sind so frei
ihn als Genrebild zu bezeichnen — von Severn in
London, ist viel zu groß gemalt und an sich schon ein
sonderbarer Gegenstand; eine geharnischte Halbfigur, voll
Pathos, mit einem Säugling auf dem Arm! — Hier
zeigt sich, beiläufig gesagt, auch jene wunderliche Sucht
englischer Maler, ihre Bilder gleich Anfangs so zu malen,
als hätten sie nachgcdunkelr seit ein paar Jahrhunderten.
Wie-sollen solche Bilder in der Folge aussehen? -
Wahrhaft poetisch und ausgezeichnet in der Ausfüh-
rung sind: die beiden Geschwister, von Sohn in Düs-
seldorf. Das bekannte Bild des älteren Palma in
Dresden: die drei Schwestern, hat das Motiv der An-
ordnung geliefert; den Gegensatz zwischen blond-und
braun hatte der Maler schon in „den beiden Leonorcn"
behandelt. Hier finden wir nun zwar nicht die weiche
Süßigkeit des letzterwähnten Bildes, aber eine ungleich
größere Kraft und Freiheit in Bezeichnung des Charak-
teristischen. Die Blonde besonders ist mit einer reizen-
den Keckheit ausgestattet. Möchte Sohn endlich den
entscheidenden Schritt zur Historienmalerei wagen! —
Erst gegen Ende der Ausstellung erschien ein „schla-
fendes Mädchen," von Natale Schiavonc; in der
Farbe anspruchslos, fast matt, aber in der Modellirung
und im Helldunkel so vollkommen, wie nur äußerst we-
nige Bilder deutscher Künstler. Es ist nur ein Modell,
aber von welcher Schönheit! Doch ist dem Bilde ein
Vorwurf, und zwar ein sehr strenger, zu machen. So
unbefangen das Bild gemalt ist, so ist cs doch mit lü-
sternem Sinne cvmponirt. Reine Nacktheit kann nur
ein prüdes Auge beleidigen; es giebt aber eine Weise
von halber Verhüllung, die die Phantasie auf unreine
Weise anzuregen bestimmt ist.
‘ Stillleben, Nlumcnstücke und Thierstücke sind weder
zahlreich noch ausgezeichnet; unter den letzter» i|t jedoch
ein Bilh von C. Stcffcck in Berlin zu nennen: eine
Büffelkuh, welche ihr Kalb gegen zwei Jagdhunde ver-
theidigt. _
Im Porträt ist diesmal viel Ausgezeichnetes ge-
liefert worden. Vor allem erwähnen wir die Bildnisse
von BegaS und Magnus; hier sind nicht blos kostü-
mirte Gesichter dargestellr, sondern Menschen, Eristenzen;
das Kolorit beider Maler ist zart und duftig, die Mo-
dellirung vorzüglich. Von Begas sind acht Bildnisse
aufgestellt, wovon die trefflichsten das der Kronprinzessin
von Bayern und daS einer Dame in schwarzem Kleide
seyn mögen. Die geistigsten, reizvollsten Züge sind hier
leicht hingchaucht, keine Mühsal des Schaffens verbittert
uns den Genuß; in jeder Figur herrscht die ruhigste
Sicherheit des Daseyns. — Auch ein Schüler von Begas,
W. Amberg, hat in einem großen Kniestück Treffliches
geleistet. — Magnus hat ein etwas kälteres, doch
jUttttötbldtt
Dienstag, den 14. März 1843.
Bericht über die Knnstansstcüung zu PerUn
im Herbste 1812.
(Fortsetzung.)
Sehr zahlreich sind noch immer die Halbfiguren,
welche freilich zum Theil nicht mehr als kostümirte Stu-
dienköpfe heißen können. So die Italienerin, von Ad.
Henning, so mehrere Edelknaben, Engel, betende
Kinder «., von Alb. Kornek. Noch einmal bemerken
wir hier, wie wenige Maler mit sich im Reinen sind
über den zu ihren Darstellungen passenden Maßstab;
genreartige Halbfiguren in Lebensgröße und mehr als
Lebensgröße machen einen beinahe ängstlichen Eindruck.
Ein solches Riesenweib ist Senff's Bella Jschiana, wo
noch harte, grelle Färbung hinzukömmt. Auch das Grie-
chenmädchcn mit der Zither, von Emil Jakobs in
Gotha, würde bei einem kleinern Maßstab gewinnen, ist
aber in allem klebrigen eine Gestalt von großer Zartheit
und Schönheit. Wir fürchten nur, der rothschimmernde
Ton der Jakobs'schcn Bilder möchte sich allmählig zu
einer Manier ausbilden, was wir um so mK>r beklagen
müßten, da nur wenige Maler den weiblichen Körper
so verstehen und so graziös wicderzngcbcn wissen. —
Auch Sir Guyon mit dem Kinde — wir sind so frei
ihn als Genrebild zu bezeichnen — von Severn in
London, ist viel zu groß gemalt und an sich schon ein
sonderbarer Gegenstand; eine geharnischte Halbfigur, voll
Pathos, mit einem Säugling auf dem Arm! — Hier
zeigt sich, beiläufig gesagt, auch jene wunderliche Sucht
englischer Maler, ihre Bilder gleich Anfangs so zu malen,
als hätten sie nachgcdunkelr seit ein paar Jahrhunderten.
Wie-sollen solche Bilder in der Folge aussehen? -
Wahrhaft poetisch und ausgezeichnet in der Ausfüh-
rung sind: die beiden Geschwister, von Sohn in Düs-
seldorf. Das bekannte Bild des älteren Palma in
Dresden: die drei Schwestern, hat das Motiv der An-
ordnung geliefert; den Gegensatz zwischen blond-und
braun hatte der Maler schon in „den beiden Leonorcn"
behandelt. Hier finden wir nun zwar nicht die weiche
Süßigkeit des letzterwähnten Bildes, aber eine ungleich
größere Kraft und Freiheit in Bezeichnung des Charak-
teristischen. Die Blonde besonders ist mit einer reizen-
den Keckheit ausgestattet. Möchte Sohn endlich den
entscheidenden Schritt zur Historienmalerei wagen! —
Erst gegen Ende der Ausstellung erschien ein „schla-
fendes Mädchen," von Natale Schiavonc; in der
Farbe anspruchslos, fast matt, aber in der Modellirung
und im Helldunkel so vollkommen, wie nur äußerst we-
nige Bilder deutscher Künstler. Es ist nur ein Modell,
aber von welcher Schönheit! Doch ist dem Bilde ein
Vorwurf, und zwar ein sehr strenger, zu machen. So
unbefangen das Bild gemalt ist, so ist cs doch mit lü-
sternem Sinne cvmponirt. Reine Nacktheit kann nur
ein prüdes Auge beleidigen; es giebt aber eine Weise
von halber Verhüllung, die die Phantasie auf unreine
Weise anzuregen bestimmt ist.
‘ Stillleben, Nlumcnstücke und Thierstücke sind weder
zahlreich noch ausgezeichnet; unter den letzter» i|t jedoch
ein Bilh von C. Stcffcck in Berlin zu nennen: eine
Büffelkuh, welche ihr Kalb gegen zwei Jagdhunde ver-
theidigt. _
Im Porträt ist diesmal viel Ausgezeichnetes ge-
liefert worden. Vor allem erwähnen wir die Bildnisse
von BegaS und Magnus; hier sind nicht blos kostü-
mirte Gesichter dargestellr, sondern Menschen, Eristenzen;
das Kolorit beider Maler ist zart und duftig, die Mo-
dellirung vorzüglich. Von Begas sind acht Bildnisse
aufgestellt, wovon die trefflichsten das der Kronprinzessin
von Bayern und daS einer Dame in schwarzem Kleide
seyn mögen. Die geistigsten, reizvollsten Züge sind hier
leicht hingchaucht, keine Mühsal des Schaffens verbittert
uns den Genuß; in jeder Figur herrscht die ruhigste
Sicherheit des Daseyns. — Auch ein Schüler von Begas,
W. Amberg, hat in einem großen Kniestück Treffliches
geleistet. — Magnus hat ein etwas kälteres, doch