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2V 31.

Kunstblatt.

Dienstag. den'18. April 1843.

Literatur.

Kunstbestrebnugen der Gegenwart, von Anton
Hallmann. Berlin 1842.

(Fortsetzung.)

Um Weniges werden diese Vorwürfe besänftiget
durch den im vierten Aufsätze entwickelten schönen Ent-
wurf eines Regierungsgebändes; freilich ein großer, aber
auch nur ein Gegenstand, und nur noch einen anderen
hat der Verf. uns mitzutheilen versprochen (S. 26).
Bei diesem Mangel des Darstellbaren der Gegenwart in
höherem Sinne, hat der Verf. gewiß auch die Verlegen-
heit der Künstler in Erwägung gezogen, wenn sie in
historischer Kunst einen heutigen Mann in Frack, Pan-
talons und klemmenden Halsbinden darsiellen sollen,
eine Verlegenheit, welche die Künstler der durch schöne
Trachten ausgezeichneten früheren Jahrhunderte, auf
welche der Verf. S. 20 anspiclt, nicht traf, weshalb das
am angeführten Orte von den Florentinern, Venezia-
nern und Holländern übrigens sehr richtig Gesagte auf
sein Vorhaben nicht anwendbar ist. Und glaubt der
Verf., der doch auch die Geschichte der Völker in Bezie-
hung auf Kunsteütwickelung studirt hat, daß, wenn auch
der engherzige Frack, die reichen Gewandungen Giotto's,
Michel Angelo's und Raphael's verdrängend, historisch
würde, seine Klagen über die Nachahmer in der neuen
Kunstepoche, die er stiften möchte, plötzlich beendet
wären?

In dem eben berührten Entwürfe finden wir mit
Vergnügen das Prosaische der Staatsmaschine poetisch
geworden, die heilige» Bezüge auf Volk und Vaterland
und Landesvater durch die Mittel der Kunst verherrlicht,
das Abstrakte künstlerisch zu Gestalten erhoben. Aber
hat er, in seiner anziehcnden'Absicht Berlin in Venedig
zu verwandeln, vergessen, neben dem Dogenpallast die
schöne St. Markuskirche gesehen zu haben? Es klingt
vielleicht hübsch, den Staat eine praktisch gewordene Re-
ligio» zu nennen (S. 41), aber was sollen wir hier

damit? Es fehlt diesem Ausspruche das Praktische für
unser Bedürfniß nach Räumen, wo das Gebet sich zur
Gottheit emporhebt. Im Titel und der ganzen Tendenz
des Buchs stellt der Verf. seine Eigenschaft als Archi-
tekt voran, und hat Recht, da er nur in dieser Eigen-
schaft hier als Schriftsteller etwas leistet. Der Architek-
tur als Kunst, wenn gleich Zwitterkunst, gehört das
poetische Element. Aber will der Verf. Dichter sepn, so
muß er Architekt bleiben, um seinen schriftstellerischen
Vorsatz zu erfüllen. Poetisch auch ist der Gedanke (S. 41),
die ganze Welt als ein Gotteshaus anzusehen, aber
monströs und unbrauchbar dem Architekten, der solche
Häuser nicht bauen kann, hier- aber von ausführbaren
Werken reden will, und gehört zu den manchen in die-
sen Aufsätzen aufgehäuften halbgedachten Materialien,
die sich nicht zusammen reimen lassen. Hier zu viel
Poesie für die Prosa, in den einfachen Frauen, die Ma-
donnen sind, zu viel Prosa für die Poesie.

Jene in den Sätzen des Verf. folgerecht von uns
entwickelte Carrikarur des Fortschrcitcns in seine neue
Kunstepoche zeigt daS verfehlte Unternehmen, mit pro-
fanen Elementen, an denen unsere Zeit, wie er auf
jeder Seite zugiebt,, vorzüglich reich ist, die Kunst in
ihr>er Hoheit erfüllen zu wollen, und dieses unter Ver-
kennung der großen Verdienste^ der hochvermögenden
Männer, welche, ebenfalls nach den Bedürfnissen der
Zeit, berufen von der Stimme der Zeit, aber nach der
Stimme des Göttlichen, die in uns ist, den Weg in
die hoch über dem gemeinen Leben liegenden Sphären
kämpfend gebrochen und uns gezeigt haben, daß eS auch
iu einer hervorstechend profanen Gegenwart ewige Ideale
giebt. Was der Verf. an ihnen anszusetzcn findet, fallt
der Zeit zur Last, welche ihnen ihre Gunst versagt zur
Entwickelung der Talente und zur Verbreitung ihres
Wirkens; was aber Gutes und Großes an ihnen, ist
ihr Verdienst, da sie, nach dem Berufe großer Männer,
über die Massen ihrer Zeit sich erhoben. Sie zeigten
kämpfend, lange vor dem vermeintlichen Kampfe des
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