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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 25.1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.3206#0043
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schlichten Männer stets die Lehren des Forchhammer-
schen Systems gegenwärtig hatten, daß sie dieselben mit
dem Bedürfniß, das häufig gesuhlt wurde, den Verstor-
benen und seine Lebens- oder Todesweise durch paffend
gewählte mythologische Vorstellungen zu vergegenwärti-
gen, zu vereinbaren gewußt? Dachte man bei der Wahl
einer Nivbidendarstellung zunächst an eine der von Fvrch-
hammer poetisch beschriebenen Dampfkatastrophen oder
vielmehr an die Rache deö göttlichen Zwillingspaares,
welches sieben Sohne und sieben Töchter dahingestreckt
hatte mit schnelltödtenden Pfeilen? Sollte nun aber
auch diese Klasse von Denkmälern verdammt seyn, nichts
anderes, als die Metamorphosen der Flüssigkeitsmaterie
in poetischer Paraphrase zu enthalten, warum sind die
Dolmetscher dieser physikalischen Ideen geheimnißvollcr
verfahren, als die Hierophanten von Elensis und Sa-
mothrake? Warum haben sie bei dem Neichthum ver-
ständlicher, recht treffender Symbole, der ihnen zu Ge-
bote stand, nicht wenigstens hie und da irgend etwas
angewandt, das uns Aetherdünste, Dampf, Wolken,
Wasser bis zum Schlamm herab mit der ungekünstelten
Sprache der Natur vergegenwärtigt? Mit den Etymo-
logien, die mir hier Herr Forchhammcr ohne Zweifel
anbieten wird, weiß ich nichts anzufangen. Diese mag
er für die Philologen aufsparen; der Archäolog ist ma-
teriellen Wesens. Ich wünsche Symbole kennen zu ler-
nen, die irgend eine der antiken Knnstvorstellungen der
bessern Zeit für eine Dunstmandlnng zu erkennen zwingen.
Kehren wir zur Gewittervorstellung der Minervengeburt
zurück; warum ist denn gerade in dieser Zens' Blitz,
den seine Rechte gefaßt hält, so ruhig, so thatloS?
Wenn es donnert, so sollte sich doch auch der Blitz an-
schicken, zu funkrivnircn. Hephästos, der die Erplosion
vorbereitet hat, läuft allerdings davon, wie ein Feuer-
werker, der vor seinen eigenen Minen flieht; aber der
Blitz erscheint nicht über Zeus' Haupt, sondern in dessen
Hand, und dort ganz ruhig. Sonst haben sich die Grie-
chen doch deutlich auszudrücken gewußt, warum haben
sie sich an einer Stelle, wo es gerade auf Deutlichkeit
ganz besonders ankam, so verblümt, so dunkelschön aus-
gesprochen?"

Gerne würden wir nach diesen Mittheilungen ans
Herrn Brauns Vorrede unmittelbar zu seinen nnedirten
Marmorwcrken übergehen, allein der Faden unserer Ab-
handlung führt uns zunächst zu dem etymologisch-
symbolisch-mythvlvgischen Rcalwörterbuch von
F. Nork.

Wer den ersten etwas umfassenderen Artikel dieses
Wörterbuches anfschlägt und S. 6 lieSr: Achilles &ix-
,lUva, von a/a, aqua, und lUia, votvo, i. e. schlängelnder
Strom), Sohn des Schlammes (n,:hi-g von 7,^0?) und
der Sumpfgöttin, T,,oig, der muß vermuthen, daß dieses

Werk auf dem von Forchhammer befruchteten Schlamm-
boden erwachsen sey; wenn er aber auf der dritten Zeile
hebräische Buchstaben erblickt, die wir, sofern sie unseres
Wissens im Kunstblatt nicht eingebürgert sind, mit la-
teinischen wiedergeben, und hört, daß Thetis vom he-
bräischen ilr, Schlamm, herkomme, so bemerkt er sogleich,
daß hier ein bedeutender Schritt weiter nach dem Orient
gemacht sey. In der That ist auch der Standpunkt des
Herrn Nork ganz verschieden von dem des Herrn Forch-
hammer; bei all dieser Verschiedenheit aber werden wir
nicht selten auf überraschende Uebcreinstimmnng in den
Resultaten stoßen. Herr Nork gehr bei seiner Mythen-
forschung von dem Glauben aus, daß alle Völker aus
einem gemeinsamen Born der Offenbarung getrunken
haben, und darum nur verschiedene Dialekte einer und
derselben Sprache des Geistes redeten, deren liefern
Sinn nur noch die mittelst einer vererbten Geheimlehre
deutungsknndigen Priester kannten. Für diese Ursprache
hält er das Sanskrit, wegen der vielen nur noch im
Cnltns der westasiatischen und hellenischen Stämme er-
haltenen Wortformen, wie z. B. das Koyi, ”0^,7,«=, jene
Entlassungsformel in den eleusinischen Mysterien unver-
ändert das Canslia, Om, Pacslia der Brahmanen ist,
womit sie noch jetzt den Gottesdienst beschließen (Asiat.
Res. V. I>. 300). Diese Verwandtschaft mir Indien in
Religion und Sprache erkennt er nicht nur bei den
Griechen, Römern, Etruskern, Phöniziern und Persern,
sondern auch bei den Deutschen, Slawen und Kelten;
und seitdem I. Fürst in seiner chaldäischen Grammatik
die Verwandtschaft des semitischen Sprachstammes mit
dem Sanskrit, trotz anscheinend schroffer Gescbiedenheit,
nachgewiesen bat, so erklären sich für Herrn Nork dar-
aus die Parallelen, welche sich in den Ceremonialgesetzcn
und heiligen Sagen der Indier und Juden so zahlreich
darbieten. Daß Aethiopien und Aegypten das Medium
zwischen den Anwohnern des Ganges und des Jordans
bildeten, hat Herr N. in einer eigenen Schrift: „Vra-
minen und Rabbinen," dargethan. Diese Cultussprache
aber, welche theils aus Asien, theils ans Aegypten
stammte, wurde von den Griechen nicht mehr verstan-
den, und so konnte Plato i}e6g (skr. dewas, Lichtwesen,
von dju, leuchten) von s«», laufen, ableiten, und auf
den Umlauf der Gestirne beziehen. „Die Poeten," beißt
es Vorrede S. X, „nahmen nur aus der vorhandenen
Mythenmasse was sie für ihre poetischen Zwecke als taug-
lich erachteten. Hätten Homer und Hesiod — wie von
Voß bis Preller behauptet worden — die Theologie der
Hellenen begründet oder auch nur umgestaltet, dann
wäre ganz unbegreiflich, warum die Namen der meisten
Gottheiten Griechenlands und Roms auö dem Sans-
krit oder Semitischen sich befriedigender, als aus der
Landessprache herleilen lassen; sie sind nicht einmak
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