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W 12.

Kunstblatt.

Donnerstag, den 8. Februar 18L4.

Die Dibliothek in München.

Bei dem in überraschenden Maßen steigenden Wachs-
thum literarischer Thätigkeit und dem in gleichem
Verhältniß fortschreitenden Vedürfniß des Volks nach
wissenschaftlicher Bildung werden die bisherigen Bücher-
schatzhäuser an vielen Orten sich bald als ungenügend
erweisen und Neubauten nothwendig machen. Die An-
forderungen, zu denen man sich dabei berechtigt glaubt,
sind vielfältig, und doch werden über allen vornehmlich
zwei Geltung verlangen, die nach möglichster Geräumig-
keit und Sicherheit für die Bücher und die nach mög-
lichster Hindernißlosigkeit für Benutzung derselben von
Seiten des Publikums, als für den einzigen Zweck ihres
Daseyns. Daß ein Gebäude, zumal ein schon durch sei-
nen Umfang hervorragendes, öffentliches, auch ohne zu
den eigentlichen monumentalen zu gehören, ein Kunst-
werk sei), Sinn und Gemüth beschäftige, wo möglich
befriedige, wird als unerläßlich vorausgesetzt, und es
dürfte aus diesen Ursachen der im Jahr 1832 begonnene
und im vorigen Jahre beendigte Bibliothekbau in München
allgemeine Beachtung mir Recht in Anspruch nehmen.

Das Gebäude, welches von dem Dir. v. Gärtner
nach seinen eigenen Plänen ausgeführt worden, steht
auf der Ostseite der neuen Ludwigstraße, und nimmt
ein längliches Rechteck ein von 520 Fuß Breite und
200 Fuß Tiefe, so daß es, die Fronte nach Westen, mit
vier Flügeln einen Hofraum umschließt, welcher wiederum
durch einen Mittelbau in zwei Theile getheilt wird.
Das Gebäude ist bis zum Hauptgesims 85 Fuß hoch und
hat zwei Stockwerke über dem Erdgeschoß, welche beide
der Bibliothek angewiesen sind, während letzteres das
önigliche Haus- und Staatsarchiv ausgenommen hat.
7^em eine so außerordentliche Ausdehnung im Raume
für eine Bibliothek wenig geeignet erscheinen sollte, der
muß edeuken, daß der Bauplatz für öffentliche Gebäude
lettener durch die Wahl, als durch die Umstände be-
l nnmt wird, und daß es in der Regel Aufgabe des

Architekten bleibt, die Hindernisse der Lokalität zu über-
winden, wie es hier auf eine sinnreiche Weise ge-
schehen ist.

Der Styl des Baues erinnert durch den vorherr-
schenden Rundbogen an Thoren und Fenstern, der durch
seine flachen Verdachungen in leichte Verbindung mit
dem Spitzbogen gebracht ist, durch die zwischen die Fen-
ster eingesetzten Sänlchen, das Rustico des Unterbaues
und die auf Kragsteinen und Rundbogen ruhende Mauer-
krone des Hauptgesimses, welche für die Nahestehenden
das flach gehaltene Dach verbirgt, an die italienischen
Paläste des 14. Jahrhunderts. Die ganze lange Fazmde
wird durch nichts unterbrochen, als durch die um 10 Fuß
vortretende, offene, nicht überbaute Treppe, die zu dem
dreifachen Eingang führt, und auf deren Geländer die
sitzenden Kolossalstatuen von Aristoteles, Hippokrates,
Homer und Thucydides aus Kalkstein angebracht sind.
Die Seitenfayade dagegen ist so gedacht, als ob sie zwi-
schen den beiden um einige Fuß vortretenden Längen-
flügeln cingeschoben sey, wodurch eine belebende Unter-
brechung und Gliederung ciutritt, wie sie hie und da
auch für die Hauptfa?ade gleichfalls gewünscht worden ist.
In diesem Fall würden die auch an der Westseite vor-
tretenden Ecken des Gebäudes eine Art Thürme bilden,
was dem Charakter des Ganzen nicht unangemessen
wäre, und der Aufgang zum Haupteingang würde, über-
deckt, gleichfalls in der ganzen Höhe des Gebäudes einen
Vorsprung bilden, so daß sich dem Auge die ganze Vor-
derseite in fünf Abtheilungen darstellte, während die be-
stehende eine einfache, große, ungetheilte Masse bildet,
die einen imponirenden Eindruck nicht verfehlt.

Beim Eintritt in das Gebäude nimmt uns zuerst
ein hohes, weites, von gegliederten Pfeilern getragenes,
mit gebrochenen Farben anspruchlvs dekorirtes Vestibüle
auf, aus welchem man rechts und links in die Räume
des Erdgeschosses und gradcaus in den oben erwähnten
Mittelbau tritt, welcher den westlichen und östlichen
Flügel verbindet. Es ist dieses das Hauptstiegeuhaus
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