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so bedeutend, auch abgesehen von jeder geschichtlichen
Beziehung, immer frappant und psychologisch interessant
bleibt. Was Lessing groß macht, ist das Verstehen des
Organismus der Natur, sowohl in seinen Landschaften
als in seinen Figuren. In dieser Beziehung sind die
erster» Meisterwerke. Vegetation, Erdreich, Felsenbil-
dung, Alles giebt das Bild einer athmenden, lebensfä-
higen Natur. Die Poesie der Stimmung ist ihm dabei
in einem hohen Grade eigen, nicht aber immer das
Großartige der Linien, der Massen und das Geheimniß
deS Haupt- und des Nebensächlichen. Bei seinen Fi-
guren findet ein ähnliches Verhältniß statt. Ein feiner
Takt für die Individualitäten, für Conseguenz des Kör-
perbaues, für anpassende Bewegung und Gattung giebt
ihnen Lebenswahrheit. Nehmen wir hierzu eine außer-
ordentliche, unbefangene, technische Meisterschaft, so
haben wir ungefähr die Schranken, in denen sich ein so
eminentes Talent bisher bewegte.

Nicht minder treu blieb Sohn seiner einmal ge-
nommenen Richtung. In seinen Bildern dominirt Schön-
heitsgefühl, Anmuth und Grazie. Er machte früher
wiederholt den Versuch, die ideale antike Form mit dem
Zauber einer sinnenreizenden Romantik zu umgeben,
was ihm bis zu einem gewissen Grade, doch nur auf
Kosten der Hoheit und Reinheit des Styls, gelang.
Später kehrte er auf ein Gebiet zurück, auf welchem er
schon ganz im Anfänge seiner künstlerischen Laufbahn
große Gewandtheit gezeigt hatte. Ich beziehe mich hier
auf sein Bild: Rinaldo und Armida. Eine ähnliche
Wirkung wie dieses Bild erregt sein „Tasso und die
beiden Leonoren," indem in beiden Bildern die Macht
der Schönheit, in ihrer Wirkung und Gegenwirkung,
eine Liebe provocirt, die nur in dem Vorhandenseyn
dieses mehr sinnlichen als geistigen Uebergewichtes Be-
stand finden kann. Es mag wahr seyn, daß die Wir-
kung des letztgenannten Bildes durch weises Unterord-
nen des Nebensächlichen hätte gesteigert werden können,
nichts desto weniger ist der Eindruck des Ganzen ein
sehr wohlthuender, ästhetisch reiner und vollendeter. Ein
diesem folgendes Bild von Sohn, wenn ich nicht irre,
„die beiden Dianen" genannt, litt im Keim an dem
Uebcl, daß es für die bildliche Darstellung kein klar
sprechender und außerdem ein etwas theatralischer Ge-
genstand war. Doch auch hier wirkten Formen und
Farben anmuthig, die Draperien waren geschmackvoll
und die Umgebung lieblich. — Noch muß ich ein weib-
liches Bildniß von demselben Künstler erwähnen, das
sich auf der letzten Ausstellung befand. Mir ist in Be-
zug auf Reiz der Auffassung, auf Farbenzauber und
athmende, pulsirende Lebenswärme ein zweites derar-
tiges Bild der Düsseldorfer Schule nicht bekannt.

Köhler hatte schon in seinen ersten Bildern mehr

historischen Ernst, als die meisten seiner gleichzeitigen
Kunstgenoffen. Sein frühestes Bild: Rebekka am Brun-
nen, vereinigt eine sorgfältige Behandlung mit einer
gewissen Einfachheit und Kraft; in der Findung Mosis
von demselben ist Grazie in den Linien im Allgemeinen
und in den einzelnen Figuren vorherrschend; dagegen
seiner Darstellung der Mirjam großartiges Erfassen des
Gegenstandes, strenge Formen und sprechende Bewe-
gungen eigen sind. Sein neuestes Werk: Semiramis,
ist sehr dramatisch in Bezug auf den Moment. Die
kriegerische Königin wird in dem Augenblicke, wo ihre
Sklavinnen sie zu schmücken beschäftigt sind, von der
Nachricht eines ausgebrochenen Tumultes überrascht.
Die Geschichte sagt, sie habe sich mit ungeflochtcncn
Haaren in die Schlacht gestürzt, und erst nach Beendi-
gung derselben sich weiter schmücken lassen. Die Com-
position ist glücklich. Dem Momente der Nachricht folgt
der Entschluß der Königin so rasch, daß sie in demselben
Augenblicke zum Schwert greift. Diese Schnelligkeit,
dies Schlag auf Schlag, ist ein scharfer Charakterzug.
Der Beschauer muß sich den nächsten Moment mit glei-
cher Lebendigkeit denken, denn cs bleibt kein anderer
Ausweg übrig, als daß sie sich in die Schlacht stürzt.
Dies riesenmäßige Weib, die Entschlossenheit im Aus-
drucke, der gewaltige Blick derselben — Alles verkündet
die Siegerin. Dennoch ist nichts Uebertriebenes in die-
sem Bilde. Eine klassische Mäßigung der höchsten Mo-
mente verleiht ihm die würdige Ruhe des Kunstwerkes.
Die Figuren sind etwas über Lebensgröße; die Formen
sind gewaltig und die Linien edel. Die Malerei ist
durchweg energisch; die Farbe, ohne eine kleinliche Illu-
sion zu beabsichtigen, wahr und tief.

(Fortsetzung folgt.)

Ausgrabungen von keltischen oder germaui-
schen Atterthümern in -er Schweiz und -ein
südlichen Deutschland.

(Fortsetzung.)

Diese Ueberrestc untergegangener auf einander fol-
gender Geschlechter, wie sie aus dem alten Kirchhof von
Bel-Air an's Licht gezogen worden, erhalten einen be-
sonder» Werth durch den Zusammenhang, in welchem
sie mit den Ausgrabungen zu Vers-Chiez, Der, Tolo-
chenaz, Montillier, Mongifi u. a. Orten des Canton
Wallis stehen, und die sie gewissermaßen ergänzen. Bc-
stimmter noch, als die Anticaglien zu Bel-Air, geben
diese von dem Culturzustand, namentlich der religiösen
und Kunstbildung der Bevölkerung, der sie angehören,
Nachricht. Uebereinstimmend mit jenen in den For-
men und Verzierungen des Waffengeschmeidcö, der
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