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Gestalt an, dann thut er noch einige nachhelfende Pinscl-
striche und die Poschade mit ihren Bergen, Wolken,
Felsen und Baumen gewinnt einiges Ansehen, bald
darauf sogar Effekt. Die jungen Franzosen sind indes-
sen immer stiller geworden. Endlich wendet sich der
Genfer zu ihnen und sagt: „Nun ist die Reihe an Ihnen,
meine Herren!" Damit stand.er von seinem Sitz auf
und bietet ihnen denselben an. Sie aber lehnen es ab,
und ziehen etwas confus salutirend ub in's nächste
Wirthshaus, wo bald darauf auch der Genfer eintrifft
und die Fremden mit einer Flasche Champagner rega-
lirt. — Dergleichen etwas mehr ausgeführte Poschaden
sieht man jetzt eine Menge in Genf, und ihre Zahl
wird zunehmen in dem Maße, als die Darstellung der
Hochalpennatur nach gründlichen Studien abnimmt.

(Schluß folgt.)

I Nachrichten vom April.

Alterthiimer.

Aegypten. In Nr. iro vom so. April theilt die Allg.
Preuß. Zeitung einen Brief des Professors Lepsius uns Ed
Dahin er vom 2 s. Ja», d. I., und zwei Briefe des Dr. Abeken
vom 17. Dccbr. v. und 24. Ja», l. Jahres (aus Abu-Simbel
und Ed Dahuicr) »>it. Ucber de» Halhortempel von Abu-
Simbel redet Abeten hier ausführlicher, daß derselbe von
^Nofre-Ari, der Gemahlin des großen Rhamses, erbaut, die
schönsten Scnlpture» jener Zeit besitzt. „Hier, in der vorderen
Halle dieses kolossalen Tempels, der nnr im Vergleich mit
dem gleich daneben liegenden Riesenwerke — aber da auch
mit Recht — der „ kleine" Tempel von Abu-Simbel heißt,
sitze ich, umgeben von den mächtigen Pfeilern, an denen vorn
riesenhafte Hathorköpfe mit großartig ernstem und nicht un-
schönem Ausdrucke in Basrelief flehen, während an ihren
anderen Seiten die schlanken Gestalten des Königs und der
Königin und mancher Götter in halbvertieftcr Arbeit ausge-
prägt sind. An den Wänden ist ebenfalls König und Kö-
nigin immer wiederholt, den Göttern opfernd; nur an einer
Wand fleht der König, gefangene Feinde den Göttern dar-
bringend, sonst sind keine Schlachtscenen da. lieber den Pfei-
lern auf den Architraven steht, in schönen Hieroglyphen, daß
die Königin Nofre-Ari diesen Tempel im heiligen Berge
habe anshauen lassen. Aus der Pfcilerhallc tritt man in
ein zweites und drittes Gemach (außer zwei Seitenkammeru);
in letzterem, dem eigentliche» Heiligthume, steht in einer
von zwei Standarten mit Hathorköpfen gebildeten Nische die
Statue des Königs, dcu von hinten die heilige Kuh der Ha-
thor umarmt, so daß über seinem Haupte das Kuhhaupt mit
seinen Hörnern hervorragt! Ware die ganze Gruppe nicht
so sehr zerstört, so würde der Eindruck noch viel seltsamer
scyn. Sonst macht der ganze Tempel unter alle» Felseutem-
peln, die wir gesehen, bei weitem den besten Eindruck; die
Verhältnisse des Saals und der Kammern sind gut und an-
genehm, die Arbeit ist äußerst zierlich; besonders hübsch ist
überall die Gestalt der Königin, deren Kdrperformen (frei-
lich übermäßig schlank und lang) durch die weiten flattern-
den Gewänder auf das anmuthigstc durchschritten, und deren
ausdrucksvolles, nicht schönes aber hübsches Gesicht, entschie-
denes und sehr lebendiges und sprechendes Portrait ist. Sic

erscheint überall würdig, majestätisch, und doch zugleich mit
einer gewissen Milde und Anmuth und einem weiblichen
Reize, der sonst den ägyptischen Figuren, selbst den Göttin-
nen, nur selten eigen ist. Sic macht diesen Eindruck sogar
in ihren kolossalen, 35 Fuß hohe» Statuen, die an der
Facadc des Tempels aus dem Felsen gehauen sind. Diese
Farade ist von der würdigsten, großartigsten Architektur:
sechs Kolosse fassen die Thür ein, je drei zu jeder Seite,
die Königin zwischen zwei Statuen ihres Mannes stehend,
an ihren Knieen Töchter und Söhne, ebenso an den Knieen
des Königs; zwischen den große» Riesen stehen Strebepfeiler
mit ungeheuren Hieroglyphen bedeckt, so wie auch rings um
die Fagade» ein Kranz von schön geschnittenen, riesenhaften
Buchstaben sich hinzieht. Das Ganze, am Fels etwa ro
Fuß über dem jetzigen Wasserstand des Flusses erhoben, macht
eine» großartigen und nicht erdrückenden Eindruck. Aber
fast überwältigend, obgleich durch die treffliche und lebendige
Arbeit wieder nicht unerfreulich, ist die Facadc des großen,
von Rhamses selbst dem Götterkönige Ammon Ra und dem
Sonnengott Phre erbauten oder vielmehr in die Erde hin-
eingegrabenen Tempels. Da sitzen, aus dem Sandstein ge-
hauen, vier gewaltige Statuen des Königs, über 6» Fuß
hoch, von Schulter zu Schulter 21 Fuß breit, zwei davon
fast ganz sichtbar, eine halb, eine bis au's Knie im Sande
vergrabe». Wenn ich bei dcu letzteren auf der Höhe der
Oberlippe stehe, so reiche ich mit dem Scheitel bis etwa an
die Mitte der Stirn, lind doch ist die Arbeit durchaus leben-
dig und kräftig; der Kopf, natürlich Portrait, hat einen
freundlichen und gemüthlichen Ausdruck, lieber der enge»
Thür, zwischen den beiden mittlere» Kolossen, steht eine,
ebenfalls riesenhafte Statue des Gottes Phre. Die Verhält-
nisse sind etwas gedrückt »nd lange nicht so rein, wie bei
den vollkommensten ägyptischen Statue», den MemnonSkolos-
sen; doch mache» diese hohen Gestalten in der ernsten und
schweigenden Wüste, an der steilen Felswand, über dem
herrlichen Strom den wunderbarsten Eindruck." — In Ed
Dahmer waren die Reisenden nur noch zwei Tagereisen von
Mcros entfernt.

Neue Nadiruug.

München. Von Eugen Neureuth er ist ein neues
großes Blatt erschienen, das als Radirung betrachtet zu sei-
nen vorzüglichsten Leistungen gehört. Es ist ein Erinne-
rungsbild an das große Münchener Künstlerfest von igzg
und stellt den Moment dar, wo Albrecht Dürer sein Wappen
vom Kaiser Maximilian empfängt. In phantastischer An-
ordnung umgeben alle einzelnen Feflgruppen die Hanpthand-
lung, so daß die Gewerbe und Innungen aus dcu obersten
Blumenrankc» hervvrsproffcn, welche sich an den Ehrensäulen
von Peter Bischer und Hans Sachs emporwinden. Jn> Vor-
gruud steigen aus der Erde die Geister des Mummenschanzes
empor, inid ganz vorn hat der Künstler die Stelle für seinen
wiederkchrenben Ausfall über die Kunstkritik, diesmal durch
guakeude Frösche rcpräseutirt. genommen, auf welche er die
Genien der drei bildenden Künste mit Winkelmaß, Hammer
und Borstpinsel losschlagen läßt. Die einzelnen Gestalten der
Festlichkeit sind treu im Cvstüme nach der Natur gezeichnet,
und das Bild hat somit noch einen besonder» Werth für das
Künstlerleben in München, indem es eine große Anzahl
Künstlerbildnisse enthält. Neureuthcr hat diese Radirung
auf Stahl im Auftrag des Nürnberger Kunstvereins ausgcs
führt, welcher seinerseits das Blatt als Geschenk an seine
Mitglieder verthcilt.

Unter Mitwirkung von Or. Ernst Förster in München und vr. Franz Kugler in Berlin, und unter Verantwortlichkeit

der I. G, Cotta'schen Buchhandlung.
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