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Gesellen mit sich und ein Werk, das dieser auf einem
Karren vor sich herschiebt. Das Werk ist die Büste des
Königs Ludwig. Auf diese Gruppe folgt die halbkniende
Gestalt des Erzgießers mit einer kleinen Minerven-
statue, die er vor sich ans einem Würfel halt. Er sieht
sich nach der letzteren Gestalt in der Reihenfolge um,
dem Münzgraveur, der, wie eS das Aussehen hat,
mit einer Münze am Prägstock beschäftigt ist.

Was Styl und Ausführung dieses Werkes betrifft,
so gehört es sicher zu des Künstlers besten Arbeiten.
Die Formen sind nicht nur durchgängig edel und groß,
sondern auch vollkommen schön ausgcbildet; vor Allem
gilt dies von den Gesichtszügen, welche durch einen
leisen Anflug von Romantik dem im Ganzen nach Prin-
zipien antiker Kunst erdachten Werk einen fast zauberi-
schen Reiz gewähren. Denselben günstigen Eindruck ma-
chen die Bewegungen, in denen Würde, Anmuth, Na-
türlichkeit, Seichtigkeit um den Vorzug streiten und die
alle zu der wohlthuendsten Harmonie der Linien führen.
Kaum ist hier eine Figur vor der andern ausgezeichnet;
doch scheint es, als ob die des Historienmalers und die
des Erzgießers immer am meisten fesseln wollten.

Durch Anordnung und Styl der Gewänder ist dem
Ganzen, wenn nicht der sprechendste, doch der verständ-
lichste Charakterzug gegeben. Sollte eine solche Darstel-
lung nicht zur kalten Nachahmung der Antike erstarren,
oder in eine romantische Disharmonie verfallen, oder
gar zur Lächerlichkeit des modernen Naturalismus her-
absinken, der etwa (nach dem Vorbilde des Pantheon-
giebels in Paris) Künstlerporträts in Uniform ausge-
stellt hätte, so mußte etwas durchaus Neues gefunden
werden, das aber mit dem Besten, waS die Kunst her-
vorgebracht, in Uebereinstimmung stand. Die glückliche
Lösung dieser Aufgabe spricht sich nun am deutlichsten
in der Anordnung und dem Styl der Gewänder ans,
die überall das Ideale der Gestalten heben und von
ihnen nicht mehr verdecken, als grade zur Würde des
Ganzen und jedes Einzelnen erforderlich ist. Der Künst-
ler, der die Schwierigkeit kennt eines glücklich angeord-
neten Gewandes, wird mit warmem Lob die Vorzüge
anerkennen, welche in dieser Beziehung Schwanthalers
Werk auszeichnen. Vor Allen ist eS die Gestalt des
Architekten, dessen Gewand zu den gelungensten neue-
rer Sculptur gezählt werden muß.

Gleiche Verdienste hat sich der Künstler in der An-
ordnung des Ganzen erworben. Man darf nur den
Blick auf das gegenüberstehende Giebelfeld werfen, um
sich naheliegender Mängel sogleich bewußt zu werden.
Hier gilt es ungezwungene Ausfüllung eines scharfbe-
gränzten geometrischen Raumes, Leichtigkeit ohne Lücken,
Zusammenhang ohne Schwerfälligkeit, Gliederung ohne
Zerstreuung. Diesen Anforderungen allen hat Schwan- j

thaler mit Leichtigkeit und Sicherheit entsprochen. Zu
beiden Seiten der Bavaria bilden sich erst, dem größeru
Raume gemäß, zwei Hauptgruppen, je rechts und links
eine, sodann schließen die beiden folgenden Figuren wie-
derum eine Gruppe für sich, und die etwaigen kleinen
Lücken zwischen und hinter ihnen sind durch Nebendinge,
Schmelzofen, Formen, Geräthschaften ic. ungezwungen
ausgefüllt. Auf diese Weise beherrscht das Ganze größte
Deutlichkeit, so daß keine Figur der andern schadet und
doch Alles in Massen sich sondert.

Was endlich die Auffassung des Gegenstandes selbst
betrifft, so muß man sich auch damit vollkommen ein-
verstanden erklären. Der Gedanke ist erschöpfend, wahr
und zugleich poetisch ausgesprochen: die Künste sind
vor dem Lande, in welchem vor allen deutschen Ländern
sie Aufnahme, Aufmunterung und Belohnung gefunden,
würdig und ohne viel materielles Beiwerk deutlich ver-
treten. Nur Eines wird, deß bin ich gewiß, in künf-
tigen Tagen nicht allgemeine Billigung finden, das ist:
daß das Werk des Bildhauers, des eigentlichen Vertre-
ters idealer Kunstbestrebungen, ein Bildniß ist. Wir
Zeitgenossen freilich erinnern uns daran, daß es das
Bildniß des Fürsten ist, dem allein Bavaria sowohl als
die Künste neben ihr die von ihnen eingenommene
Stelle verdanken, und erfreuen uns daran selbst an der
Stelle eines Kunstwerkes, wo wir es, der ganzen Auf-
fassung nach, nicht erwartet hätten.

— cf.—

Literatur.

Ueber Reiterstatuen in Bezug auf das in Königs-
berg zu setzende Denkmal Friedrich Wilhelm Hl.
Eine Vorlesung, in der königl. deutschen Ge-
sellschaft gehalten von E. A. Hagen. Königs-
berg 1844. Bei H. L. Voigt, gr. 8. 23 S.

Die vorliegende Rede nimmt von einem besondern
Gegenstände Veranlassung, sich im Allgemeinen über
Bildnisse und Bildnißstatuen sowohl im antiken Sinne
als nach den Forderungen der Gegenwart auszusprechen.
Der Verfasser thut dies, wie man von ihm gewohnt ist,
in geistreicher Weise, klar und kurz, anschaulich, beleh-
rend und überzeugend. Es wäre wohl von Interesse
gewesen, wenn er in die Bedingungen der sogenannten
ikonischen Statuen bei den alten Griechen noch umständ-
licher hätte eingehen mögen. Indessen ergiebt sich aus
seiner Darstellung und Beweisführung, daß die jetzige
Welt andere Ansprüche als das Alterthum an Bildnisse
mache, und zwar, daß es die Treue und edlere Wahr-
heit, nicht kleinlich, aber in der Totalität und mit Be-
rücksichtigung des charakteristisch Individuellen und sogar
Register
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