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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 30.1849

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https://doi.org/10.11588/diglit.3219#0041
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Kunstblatt.

*r

*'• 11.

Kunftliteratur.

Dr. Franz Kugler's Handbuch der Ge-
schichte der Malerei seit Konstantin dem
Großen. Zweite Auflage, unter Mitwirkung des
Verfassers umgearbeitet und vermehrt von vr. Jakob
Burckhardt. Zwei Bände. Berlin 1847.

(Fortsetzung.)

Nach dieser Anerkennung der geschichtlichen Perioden, welche
die Verfasser abgegrenzt haben, können wir näher auf das Ein-
zelne eingeh^n. Hier bemerken wir sofort bei den beiden ersten,
die ältere Zeit behandelnden Büchern eine bedeutende Verände-
rung und Vermehrung. Das erste Buch, die „altchriftliche Kunst"
umfassend, zerfällt jetzt in zwei Abschnitte. Der erste, „der spät-
römische Styl," schließt sich noch an das erste Buch des italieni-
schen Theils der frühern Auflage an, jedoch mit einer größern
Ausführlichkeit in der Darlegung der eingetretenen Veränderun-
gen des Styls, und mit einer anschaulichen Schilderung der
altern kirchlichen Mosaiken in Ravenna und Rom. Eine dankens-
werthe und Wohl angebrachte Zugabe, da grade in einer Epoche
wie diese, wo die Ausführung weniger leistet, die Motive der
Anordnung, welche sich in wörtlicher Beschreibung wiedergeben
lassen, mehr zur Charakterisirung der Kunstrichtung leisten. Der
zweite Abschnitt dieses Buches, „der byzantinische Styl," ist ein
ganz neu hinzugekommener, da der Verfasser in der ersten Auf-
lage sich mit einer kurzen Hinweisung auf diesen Styl, als auf
ein Moment der italienischen Entwickelung, begnügt hatte und
nach seinem Plane begnügen konnte. Die Aufgabe ist sehr be-
friedigend gelöst. Die Eigenthümlichkeiten dieses erstarrten Styls
werden anschaulich geschildert und die im Wesentlichen jetzt all-
gemein anerkannten Ursachen der Erstarrung zweckmäßig zusammen-
gestellt und durch eine glückliche Auswahl einzelner charakteristi-
scher Thatsachen bewiesen. Der Mangel eines freien nationalen
Lebens steht oben an, die Gestaltung der Religion ist diezweite
Hauptursache, während der Bilderstreit, bei dessen Beendigung
durch die den Bilderfeinden gemachten Konzessionen alle künst-
lerische Freiheit und Naivetät erstickt wird, das Verbot der Plastik
und das gänzliche Aufhören des Naturstudiums „als begleitende
Umstände und als Ursachen" zu berücksichtigen sind. Etwas zu
stark ist es vielleicht, wenn der Verfasser das byzantinische Ideal
ein „Tendenzwerk" nennt, weil die Maler, meistens Mönche, dem
Leben gegenüber Partei gemacht, und daher ihr persönliches
Ideal, die mürrische Askese, an die Stelle eines allgemein Gül-
tigen gesetzt hätten. Ein solches Bestreben hätte Widerspruch
hervorgerufen. Vielmehr war die asketische, mürrische Gestalt
ein allgemein Gültiges. Schön war gleich heilig und heilig
gleich asketisch, so daß das allgemeine Gefühl diese finstern
Züge forderte. Auch ist vielleicht doch zu sehr nur das Mangel-
hafte dieser Kunstrichtung aufgefaßt. Allerdings lassen uns diese
Köpfe gleichgültig, „weil sie mit all ihrer stirnfaltenden Gravität
jedes sittlichen Wollens, jeder Energie in Liebe und Haß unfähig
find." Der individuelle Charakter fehlt. Aber dennoch wird es,

Donnerstag den 15. März 1849.

freilich nicht bei der Mehrzahl, wohl aber bei den bessern der
auf "uns gekommenen Monumente anschaulich, daß auch dieser
Styl noch seine cigenthümlichen Verdienste hat, eine Großheit
und Würde und selbst eine Schönheit der Linie, die sich in an-
dern, glücklichen: Perioden nicht leicht findet, und die nicht bloß,
wie man gewöhnlich meint, ein unbewußtes Erbtheil der heid-
nischen Welt ist, sondern auch ein specifischer Ausdruck der un-
antastbaren Festigkeit des Glaubens. Wenn man diese seltenen
! bessern Werke, z. B. gewisse Miniaturen oder den ältern Theil
der berühmten Pala d'oro in Venedig (welche die Verf. S. 94
beiläufig erwähnen) genauerer Betrachtung würdigt, entdeckt man
auch ein eigenthümliches und bedeutendes künstlerisches Element,
das freilich mehr im Allgemeinen bleibt, mehr einen architekto-
nischen als einen individuellen malerischen Charakter hat. Bei
der Mehrzahl der Werke und vielleicht bei allen später» kann
man dagegen allerdings mit den Verfassern diese Kunst als ein
„mit Lurus betriebenes Handwerk" bezeichnen und grade daraus
ihre „unglaubliche Mittheilung" erklären. Hierdurch beantwortet
sich dann auch von selbst die kulturgeschichtliche Frage, welche die
Verf. (S. 68) als eine „noch nicht genugsam aufgeklärte" be-
rühren, ob nämlich eine in Italien herrschende Gedankenrichtung
dem Eindringen des byzantinischen Styles günstig war. Der
Einfluß der byzantinischen Kunst war hier seit der Völkerwande-
rung ein hergebrachter, der durch die längere Abhängigkeit ein-
zelner Gebiete, dann aber auch durch das Uebergewicht technischer
Vollendung sich erhielt und befestigte, und bei den verwandten
Elementen, die sich in religiöser und nationaler Beziehung noch
vorfanden, Anklang fand.

An diese allgemeinen Bemerkungen schließt sich eine Auf-
zählung einzelner Monumente an; Mosaiken, die wir freilich
nur in Italien, in Rom und Ravenna, in Venedig und in den
normännischen Bauten Italiens, nicht in Griechenland selbst,
aufzeigen können, Miniaturen und einige Metallarbeiten in Email
oder eingelegter Arbeit. Tafelbilder lassen sich kaum anführen;
was wir davon besitzen, ist zweifelhaft, oder aus spätester Zeit
und unbedeutend. Auch hier ist die Auswahl und der Umfang
der Beschreibung dem Zwecke ganz entsprechend.

Das folgende Buch, „die Kunst des Mittelalters,"
zerfällt in zwei Abschnitte, „die Kunst diesseits der Alpen" und
„Italien," und gibt für jeden von beiden die Erzählung zusammen-
hängend, bis zu dem Ende des (künstlerischen) Mittelalters, also
bis zum Anfänge des 15ten Jahrhunderts. Das Synchronistische
ist daher innerhalb dieser großen Periode aufgegeben, wogegen
in einer Geschichte der Malerei nicht viel zu erinnern ist. Denn
beide Regionen waren zwar nicht ohne Einfluß aufeinander, und
namentlich übt die nordische Architektur auf den italienischen
Formenfinn und daher mittelbarer Weise auch auf die Malerei
einen nicht unbedeutenden Einfluß aus; allein da er eben nur
ein mittelbarer ist, so konnte er in der Geschichte dieser Kunst
füglich übergangen werden. Der erste, unserer nordischen
Kunst gewidmete Abschnitt schließt sich an das erste und zweite
Buch der frühern Ausgabe an, ist jedoch wiederum sehr viel
ausführlicher, mit vielen Beispielen bereichert und in seinen
Register
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