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320

Gebetbuch der Herzogin Vlemca von Mailand.

<Dcschlȧ.)

io. Der zwölfjährige Jesus lehrt im Tempel; einer
der (sieben) Schriftgelehrten tritt ihm mit einem offenen
Buch entgegen, worin zu lesen: ,,S> sic cst, ergo qu®-
stio tua falsa.“ — II. Christus, völlig nackt, von Jo-
hannes getauft; in der Luft zwey Engel, weiße Tücher
haltend. — 12. .Christi Geburt, Joseph und die zwey
Hebammen dabei); auf dem .Berge ein Paar Hirten, und
oben außer der Einfassung zwey Engel, das Gloria
singend. — i3. Ein Engel, den Hirten die Geburt Christi
verkündend. Seltsam erscheinen hier die Schafe, in drei)
Reihen, alle in gleicher Richtung, wie Nürnberger höl-
zerne Fignrchen, neben einander gestellt. — 14. Die heil,
drep Könige, auf der Reise, zu Pferde. — iü. Ebenso, der
ältere voran nüt feinem den Reichsapfel tragenden Nach-
reiter; vorn die zwey andern, wie sie gerade auf ihre
Pferde steigen. — iü. Sie bringen dem Christuskinde ihre
Gaben dar; kein Schwarzer ist darunter. — 17. Die Kronen
auf dem Haupte schlafen sic hier nebst ihrem Gefolge auf
frcpem Felde niedcrsitzend; oben ein Engel mit eiHemAet-
te! ,,lte per aliam“ etc., welche Zettelsprüche hier sonst
eben nicht Vorkommen. Diese vier Bilder zeigen also nicht
Etgenthümlichcs, der spateren Legende Angchörcndes.
Die Wegsührung der Reliquien der hh. drey Könige von
Mailand nach Cöln, im XU. Jahrhundert, ist allbekannt.
— 18. Das Wunder auf der Hochzeit zu Cana, höchst
einfach und klar dargestellt: Neben der Maria steht Chri-
stus mit segnender Hand vor den sechs Wasserkrügen, die
alle schon mit rothem Wein gefüllt sind, indem eben ein
Diener den leztcn aus einem gleichen Gefäß ganz mit
Wasfer anfüllt, neben diesem steht, ein Mann (der„Svei-
semeister") der mit verwundernder Gebärde aus einem
Glase den verwandelten rothen.Wein kostet. — iy. Si-
meon im Tempel, hinter ihm die Anna im Evangelium,
hier mit einem Zettel in der Hastd, worauf zu lesen ,,'Sci-
bila profetissa.“ Wollte hiedurch der Maler etwa andeu-
ten, daß die Tochter Manuels mir dem Lesen der Sibylli-
nischen Orakel im Tempel sich brschaftigt habe? — 20.
Christi Gefangennehmung ; Petrus schneidet dem am Bo-
den liegenden Kriegsknecht mit einem großen Messer das
Ohr ab. — 21. Christus vor CaiphaS; dieser grade so
ein Gesicht, wie man es in den Handschriften der canoni-
schen Rechtbücher öfter bey den Figuren der Doctoron
und Lesemeister findet. — 22. Christus vor Hervdes. —^
23. Christus, am Boden an das Kreuz festgenagelt. Hibsi
und auf Nr. 21, 22, 24 zeichnet unter den Umstchendlnss
sich eine jugendliche, schlanke'Figur eines vornehmen Rit-
tersmannes, in fast gleicher, Stellung aus, die der Ma-
ler wohl nicht so von ungefähr und ohne Bedeutung ange-
bracht zu haben scheint. — 24. 'Christus am Kreuze han-

gend. Auf einer Fahne der Kriegsknechte hier, wie auf
Nr. 23, das S. F. Q. R.; sodann — 25. die Abnahme vom
Kreuze. Die nackte Figur ist hier bevdemalc höchst un-
vollkommen gezeichnet. —26. Christi Grablegung. Bey
aller Unvollkommenheit der Zeichnung ist der Schmerz in
dem Gesicht der Umstehenden doch deutlichst ausgedrückt.
— 27. Hier bey dem Officium in agenda mortuorum die

Einsegnung eines ans vergoldetem Bahrtuche liegenden
Mannes in rother Kleidung; ferner — 28. drey Tvdten-
särge; zwey' Gerippe mit Scorpioneu umgeben, vorn ein
Todter in rothem Gewand eingsehüllt- Ein alter Mann
tritt aus einer Capelle, den ein Jüngling mit zwcven sich
abwcndenden Begleitern um die Verstorbenen zu befra-
gen scheint. — 29. Kampf des guten und des bösen Prin-
eips; oben Michael in ritterlicher Rüstung das Schwert
schwingend, unten der Hölle More oder Drache mit Flc-
dermausflügeln, in einen flammenden Krater versinkend.
Im Text steht Blatt 212. nach dem bisherigen officium
mortuorum , als Rubrik zu einem lateinischen Gebete
der Herzogin für ihren verstorbenen Gemahl: „Questa

oracion de diro madona poso lo officio dei raorti. E
quando ela vora pregaro singularmente per lanima dcl
so magnifico segnor, diga alo in silenlio cte. — 3o. Die

Auferstehung; Männer und Weiber aus den Sarkopha-
gen sich aufrichtend, oben ein Engel verkündend das.
,,gaudete iusti“, außer dem Rahmen ein segnender Gort
Later. — 3i. Christi Himmelfahrt, von ihm nur die
untere halbe Figur sichtbar. — 32. .Christus, jugendlich, auf
einem Throne, hält ein Buch geöffnet: „Ego sum lux
mundi“, vor ihm betend Wpiber und Männer , alle
mit röthlich-gelben Haaren;. zu der untern Leiste steht:
wie das Volk (populus, die Laien) zu dem Herrn.Jesus
betet, und der. Herr sich über sie erbarmet. — 33. Die
Steinigung des Stephanns. — 34. Der heil. Augustinus,
vor dem in den Wolken Erscheinenden knisend, ein mit
einem Pfeil, durchschossenes Herz in der Hand hinhal-
tend. Vorher geht im Tert die Rubrik: 1>. Augustinus
scripsit hanc orationem angelo dictanlc. — 35. Als

lejtes Blatt dieses Andachtsbuches das Pfingstfest, ohne
Tertes- Beziehung. Hier am Schluß bemerke ich nach-
träglich noch, daß die hintere Seite dieser Miniatüren
ohne alle. Schrift geblieben ist; die richtige Verbindung
und Einfügung aller dieser unbeschriebenen Blatter nun
forderte eine dem entsprechende Einrichtnng des Tertes,
und hierauf scheint wohl jenes „wo pjjtuit et ° rst! na
vit“ in der Bevschrtft unstrs. Jvhaunes Hs,,-Cumis sich
zu beziehen, wiewohl übrigens dem attfmvrksamon Leser
nicht entgangen sevn kann, baß Zlisa>ni),enbang und Folge
der nentesiantenil'chen Darstellungen'in diesem Andachts--
buche, in der. ersten Halste »nichts weniger als eine
durchaus' sorgfältige Anordnung wahrnehnlvn lassen.

D. I. D o c e ii?
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