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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0132
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131

ben. Diese Wahrnehmung wurde uns wieder eininal recht
nahe gelegt, als hier kürzlich eine Reihe Arbeiten des zu
früh verstorbenen I. W. Schirmer ausgestellt waren.
Jch will nicht auf die tiefe Poesie, auf die bedeutende
Komposition und Anordnung, nicht auf den geheimniß-
vollen Rhythmus aller Bestandtheile seiner Bilder, na-
mentlich seiner Gründe zurückkommen, aber ich kann nicht
umhin, auf seine unübertroffenen Verdienste als Zeichner
hinzuweisen, der es verstand, das Detail in einer so cha-
rakteristischen und doch einfachen Weise zu geben, daß es
sslbst in seiner Nnterordnung unter das Ganze ein uner-
schöpfliches Jntercsse gewährt, und auf sein Geschick, die
malerische Gcsammtwirkung ruhig und gesammelt zu er- I
halten, selbst da, wo er es bis in's Kleinste mit einer stau-
nenswerthen Sorgfalt ausführte. Der Einwand, eine
exaktere Ausführung müßte der Wirkung schaden, zeigt
sich durch Sch irm er's Werke aufs Glänzendste widerlegt.
Seincr Wittwe, welche von Carlsruhe nach München
übergesiedelt ist, verdanken wir den hohen Genuß, eine
namhafte Anzahl Bilder, Entwürfe und Studien des ge-
nialen Meisters dahier ausgestellt zu sehen. Unser Hand-
zeichnungskabinet hat für Anschaffung von Handzeichnun-
gen und Kupferstichen einen Jahresetat von 500Gulden,
ich schreibe: fünfhundert Gulden, weil sonst der Setzer
leicht in den Verdacht eines Druckfehlers käme. Unter
solchen wahrhaft jämmerlichen UmstLnden ist freilich an
einen Ankauf aus Schirmer's reichem Nücklaß kaum zu
denken, der ursprünglich in 600 in Oel gemalten und an
1600 gezeichneten Studien bestand. Andere Sammlun-
gen, welche voraussichtlich reicher dotirt sind, lassen sich diese
Notiz gewiß nicht entgehen.*) Nun Nordamerika alsKnnst-
markt eine hervorragende Bedeutung gewonnen, ist doppelt
zu fürchten, daß die Werke des ächt deutschen Meisters
seinem von ihm so heiß geliebten Vaterlande werden ver-
loren gehen, was jeder Kunstfreund und jeder Patriot tief
beklagen müßte.

Es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß die
Schule Piloty's wenigstens mittelbar die Wirkung hatte,
der Farbe eine größere Geltung zu verschafsen. Jndem
der Lehrer im Allgemeinen die lebhaftere Betonung der
Erscheinung anstrebte, konnte es nicht fehlen, daß jene
seiner Schnler, welchen die Natur ein ausgesprocheneres
Farbentalent verliehen hatte, auch dieß ihr Talent wuchern
ließen. Ob Rudolf Epp zu den eigentlichen Schülern
Philoty's gehört, weiß ich nicht; daß er in der angedeute-
ten Weise wenigstens mit dessen Schule zusammenhängt,
scheint mir Angesichtsseines trefslichenBildes „die Hopfen-
ernte" kaum zweifelhaft. Vorerst ist die Wahldes Stoffes
schon eine sehr glückliche zu nennen, da er dem Künstler
Gelegenheit gab, in der Vorführung eines Stückes ächten

") Eine Anzahl der schönsten Blätter erwarb unlängst die
Bibliothek der k. k. Akademie in Wien. A. d. Herausg.

deutschen und specifisch schwäbischen Volkslebens seine
handelnden Personen scharf zu individualisiren. Abge-
sehen davon ist die Komposition recht wohl abgerundet
und gut gezeichnet und namentlich in Bezug auf das Ko-
lorit das Bild als eine höchst schätzenswerthe Arbeit zu
bezeichnen, welche dem Künster alle Chre macht. Adolf
Eberle, des verewigtenRobertEberletalentvollerSohn,
brachte in seiner „Auspfändung" ein soziales Thema zur
Sprache und muß es sich gefallen lassen, daß sich Alle
gegen ihn aussprechen, welche der Kunst überhaupt das
Recht bestreiten, als Faktor des öffentlichen Lebens sich
geltend zu machen. Ein eigenthümliches Bild ist Ju-
koffsky's „Madonna". Wie man eben an dasselbe her-
antritt, ist man versncht, es für einen Gian Bellini zu
halten. Die sorgfältige Abstufung der Halbtöne läßt die
beiden Fignren plastisch hervortreten, ohne demBilde den
Charakter milder Anspruchslosigkeit zu nehmen. Die
energische Phantasie, welcher die Formen sichtlich klar vor
Augen stehen und die freie kräftige Pinselführnng läßt
schöne Hosfnungen an die Laufahn des jungen Künstlers
knüpfen, der unter der sichern Leitung Lenbach's arbeitet.
Manche Härten und Unrichtigkeiten werden sich wohl mit
der Zeit abschleifen. Das tüchtige Talent Jukoffsky's
wird ihm hofsentlich über den Gedanken hinweghelfen,
ein Künstler könne nichts Besseres thnn, als sich den An-
schein geben, seine Bilder stammten aus dem fünfzehn-
ten Jahrhundert. „Paul und Francesca da Rimini"
von van der Ouderaa in Antwerpen erwähne ich nur
wegen seiner ausgezeichneten Technik. Jm Uebrigen er-
scheint alles daran in Ausdruck und Bewegung so durch
und durch karrikirt, daß man kaum begreifen kann, wie
Hr. van der Ouderaa denn gar keinen Freund besitzt, der
ihm abrieth, sich durch die Versendung des großen Bil-
des in so weiten Kreisen zu kompromittiren. Ludw.
Hartmann bewährte sich mit einer trcfflich gezeickmeten
Gruppe von Pferden auf freiem Felde unter bewölktem
Himmel als der ausgezeichnete Kolorist, als welcher er
längst gilt. Durch den unwiderstehlichen Sieg der Farbe
und eine überaus sorgfältige aber nirgends peinliche
Durchbildung verstand er es, deni an sich unbedeutenden
Gegenstande Werth zu verleihen.

Jnhaltlich des dießjährigen Rechenschaftsberichtes des
Künstlerunterstützungsvereins in München ging dem Ver-
einsvermögen im letzten Rechnungsjahre eine Vermehrung
um 15,531 fl. gegen das Vorjahr zu. König Ludwig I.,
welcher den Verein schon vor Iahren mit 10,000 fl.
Schenkung bedachte, hat denselben zum Nacherben dreier
Vermächtnisse im Gesammtbetrage von 30,000 fl. einge-
setzt, so daß das Vereinsvermögen nunmehr auf den Be-
trag von 93,108 fl. angewachsen ist. Was den Zugang
des letzten Jahres betrisst, so hat der Berein denselben in
erster Reihe der letztwilligenVerfügung seines verstorbenen
Mitgliedes, des Malers und Bildhaners Sebastian
 
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