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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Sammlungen

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schaffen werden. Das macht zweifellos dieses Gesetz
noch sympathischer. Schwieriger war, sich über den Be-
griff des Kunstwerkes selbst zu einigen. So lautet nun
die Definition, die der Berichterstatter in den Gesetzentwurf
einfügte: »Was das Kunstwerk charakterisiert, ist nicht das
Urteil, das man darüber fällt, sondern der Zweck, den sein
Urheber verfolgt. Der Künstler hat in seinem Bestreben
scheitern können, der Versuch dazu ist dennoch vorhanden.
Das Werk ist künstlerisch, wenn der Zweck künstlerisch ist.
Es ist das persönliche, originale Erzeugnis des Künstlers.«
Um für eine solche Steuer Stimmung zu machen, sind
kürzlich bei der Versteigerung der Peau de l'Ours die
Verkäufer, die freilich keine Kunsthändler, sondern Kunst-
liebhaber waren, übereingekommen, 20°/odes Reingewinnes
den Künstlern, von denen sie Bilder hatten, oder ihren
Angehörigen zukommen zu lassen. Vielleicht war es auch
eine Reklame, immerhin auf humanitärer Grundlage. a.D.

SAMMLUNGEN
Über den Neubau für die modernen Gemälde der
Dresdner Galerie ist, soweit die städtischen Behörden
Dresdens in Frage kommen, entschieden. Mit 40 gegen 39
Stimmen haben die Stadtverordneten 450000M. dem Galerie-
neubau in den Zwingeranlagen bewilligt unter der Bedin-
gung, daß sich die Regierung verpflichtet, die übrigen Teile
der Anlagen dauernd unbebaut zu lassen. In der Sitzung
der Stadtverordneten wurde mit Recht dort gekämpft für
die Erhaltung der Grünfläche, der zahlreichen Bäume, die
dem Galerieneubau zum Opfer fallen müssen. Die Furcht,
daß gar kein Galerieneubau zustande kommen könnte,
brachte schließlich die knappe Mehrheit zustande. Die
Stadtverordneten sprachen noch den Wunsch aus, der Staat
möge das Gebäude der Freimaurerlogen an der Ostra-Allee
erwerben und auf dem so erweiterten Gelände des Her-
zogingartens die Bauten für die naturhistorischen und ethno-
graphischen Sammlungen so errichten, daß sie städtebau-
lich mit dem Galerieneubau zusammengehen. — Nun muß
noch der Landtag die geforderte Bausumme für den Galerie-
neubau bewilligen.

Die berühmte »Venus mit dem Spiegel« des Velas-

quez in der Londoner National Gallery ist durch eine
Suffragette mittels einer Axt stark beschädigt worden.
Indessen sind nach Ausspruch des Direktors die Ver-
wüstungen, da die Schnitte gerade sind, wieder zu repa-
rieren, so daß man auf eine Wiederherstellung des be-
rühmten Kunstwerkes wohl rechnen darf.

Oldenburg i. Gr. Im vorigen Jahre hatte der Olden-
burger Landtag, einem Angebote des Großherzogs folgend,
beschlossen, die großherzoglichen naturgeschichtlichen, vor-
geschichtlichen und kunstgewerblichen Sammlungen unent-
geltlich in Staatsbesitz zu übernehmen. Von diesen Samm-
lungen befinden sich die beiden erstgenannten Abteilungen
im »Naturhistorischen Museum« unter Leitung von Prof.
Dr. Martin; die Sammlungen des Altertumskabinetts aber
sind im Kunstgewerbemuseum (seit 1899) untergebracht.
Das Kunstgewerbemuseum enthält außerdem die Samm-
lungen des Kunstgewerbevereins und der 1911 gegründeten
Museumsgesellschaft und ist weiter unter Verwaltung des
Kunstgewerbevereins geblieben. Durch unermüdliche Be-
mühungen gelang es dem Vereinsvorsitzenden, Ersten Staats-
anwalt Riesebieter, der sich ja auch durch seine wertvollen
Forschungen auf keramischem Gebiete ein Verdienst er-
worben hat, daß Oldenburg einen einheitlichen Kunstbesjftz
in seinem Kunstgewerbemuseum erhalten hat. Am 7. März
hat der Landtag die Regierungsvorlage in allen Teilen an-
genommen und die Sammlungen der Vereine mit der ganzen

Verwaltung verstaatlicht. Über die zukünftige Tätigkeit
des Kunstgewerbevereins, der auf diese Weise seiner
Hauptaufgabe enthoben ist, besteht noch kein Beschluß,
nicht einmal eine Vermutung, weil die Ansichten der Mit-
glieder in diesem Punkte erheblich auseinandergehen.

Ein weiterer wichtiger Beschluß des Landtags ist der
Neubau des Kunstgewerbemuseums. Das jetzige
Gebäude ist mit Ausnahme einiger Anbauten und der
Außenarchitektur ein Altoldenburger Patrizierhaus von etwa
hundertjährigem Alter und muß als äußerst feuergefährlich
gelten; dazu kommt die Undichtigkeit des Daches, ein
Veralten und Versagen der Heizung und die Beschädigung
einzelner Bauteile. Man kann es daher als ein Glück be-
zeichnen, daß der Landtag nicht den Wunsch vieler Olden-
burger erfüllte, indem er auf den Entwurf eines Erweite-
rungsbaues einging, sondern einen Neubau auf einem
anderen Platze beschloß. Die Annahme dieser Vorlage
wurde allerdings dadurch erleichtert, daß die Oldenburger
Landesbank für das jetzige Grundstück die Summe von
200000 Mark bot. Andererseits hat der Neubau die Un-
bequemlichkeit zur Folge, daß die Sammlungsstücke wäh-
rend der Bauzeit magaziniert werden müssen. Über den
Neubau können wir schon berichten, daß ein Entwurf des
Baurats Rauchheld-Oldenburg vorliegt und daß die Stadt
in der Nähe der Galerie und der übrigen Bildungsanstalten
einen Platz geschenkt hat. Die Anordnung und Einrichtung
der Räume wird auf gemeinsamer Arbeit des Architekten
und des Museumsdirektors Dr. Raspe beruhen, auch wird
man sich die Erfahrungen bei anderen neueren Museums-
bauten, z. B. in Darmstadt, Kiel, Kassel, zunutze machen.

Zur Entwicklungsgeschichte des Oldenburger Kunst-
gewerbemuseums sei erwähnt, daß seine Anfänge in einer
kleinen Vorbildersammlung des Kunstgewerbevereins liegen.
Der erste Direktor, Professor Narten aus Hannover, war
gleichzeitig Leiter der mit dem Museum verbundenen
kunstgewerblichen Zeichenschule. Verschiedene Anlässe
hatten einen Rückgang dieser Einrichtung zur Folge, so
daß heute Konservator R. tom Dieck hauptsächlich Maler
und einige Damen während der Abendstunden des Winters
unterrichtet. Es ist außerordentlich schwierig, hier etwas
Brauchbares und alle Befriedigendes zu beschließen; der
Verein wird sich damit zunächst zu befassen haben. Mit
der Ausgestaltung des Museums hatte Professor Narten
große Erfolge; es war noch die goldene Zeit des Sammeins
zu günstigen Preisen, so daß sich sogar größere Ankäufe
wie eine Schmiedeeisensammlung aus Ulmer Besitz er-
möglichen ließen. Es soll auch nicht unerwähnt bleiben,
daß das Oldenburger Museum im Wesentlichen ganz vor
Fälschungen bewahrt blieb. Als dann der gesamte Inhalt
des großherzoglichen Museums mit seinen wertvollen kirch-
lichen Bildwerken, nordwestdeutschen Möbeln, Messing-
arbeiten, Trachten und Kleinkunstwerken (darunter Elfen-
beinschnitzereien, Plaketten, Wachsreliefs, Biskuitporzellanen
usw.) in Verwaltung übernommen wurde, erreichte das
Museum eine ansehnliche Höhe und überflügelte das ähn-
lich entwickelte Nachbarmuseum Bremen. Die Notwendig-
keit einer Ordnung und übersichtlichen Aufstellung wurde
1910 erfüllt, als Professor Narten mit 70 Jahren nach er-
folgreicher Arbeit in den Ruhestand trat; schon damals
wurde es freilich offenbar, daß der ganze Bau für ein
Museum nicht geeignet war und sich bei Feuersgefahr
kaum hätte schützen lassen.

Für die Stadt Oldenburg, deren Oberbürgermeister
Tappenbeck mit besonderer Tatkraft für die Bewilligung
des Neubaues eingetreten war, wird das neue Kunst-
gewerbemuseum zweifellos eine nicht zu unterschätzende
Sehenswürdigkeit und hoffentlich den Anfang eines allge-
meinen regen Interesses am Kunstleben bilden, damit in
 
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