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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0249
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479

Ausstellungen

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Herten Pfeilern bestehende Doppelsäule mit der römischen
Wölfin und den Zwillingen. Neun viereckige Reliefbilder
in der Mauer zeigen Vorgänge aus dem Leben der Stadt-
gründerin und aus der römisch-germanischen Urgeschichte
der Stadt. Als Material ist Kalkstein zur Anwendung ge-
langt. B.

AUSSTELLUNGEN
Berlin. Eine Sievogt-Ausstellung bringt die Kunst-
handlung Fritz Ourlitt jetzt als dritte ihrer Veranstaltungen
im Interesse der Kriegshilfe für bildende Künstler, und es
erweist sich auch diesmal, daß der Gedanke, den Berliner
Privatbesitz in doppeltem Sinne fruchtbar zu machen, ein
sehr glücklicher war. Sicherlich kam eine Reihe außer-
ordentlich anregender Ausstellungen zustande, und hoffent-
lich ist auch der materielle Ertrag, der dem wohltätigen
Zwecke zugute kommen soll, ein zufriedenstellender. Trotz-
dem die größte Berliner Sievogtsammlung sich versagte, ge-
lang es, vor allem dank der ausgezeichneten Werke aus dem
Besitz von Eduard Fuchs, eine durchaus repräsentative Aus-
stellung zusammenzubringen, die einen guten Überblick
über zwei Jahrzehnte künstlerischen Schaffens gewährt.
Auch das Triptychon mit dem verlorenen Sohn ist zur
Stelle, mit dem sich Slevogt einstmals in Berlin einführte.
Es sind nun fünfzehn Jahre seit der Entstehung des Werkes
vergangen, und man sieht es mit andern Augen heut wieder.
Jetzt, nachdem Slevogt selbst weit darüber hinaus ge-
schritten ist, erscheint viel jugendliche Befangenheit in den
drei Bildern, und doch offenbart sich in ihnen auch schon der
ganze Künstler, sichtbarer sogar als in vielen Einzelarbeiten
der späteren Zeit. Man begegnet nicht selten dem Urteil,
daß Slevogt zwar ein trefflicher Illustrator sei, als Maler
aber weniger Interesse beanspruche. Erst jüngst noch
sprach Meier-Oraefe im zweiten Bande seiner neu er-
schienenen Entwicklungsgeschichte diese Meinung in seiner
gewohnten, etwas scharfen und hier sicher arg über-
treibenden Form aus. Etwas Wahres ist aber zweifellos
in der Beobachtung. Nur daß wir der Interpretation der
Erscheinung nicht zuzustimmen vermögen. Es wäre an
sich höchst seltsam, wenn ein Genie der Illustrationskunst,
als das Slevogt gerühmt wurde, zugleich ein höchst banaler
Maler sein sollte. Man erinnert sich an Daumier, dessen
Gemälde lange Zeit niemand sehen wollte. Der Fall Slevogt
liegt etwas anders. Und geht man von dem »Verlorenen
Sohn« aus, so findet man wohl die Lösung des Wider-
spruchs. Slevogt überließ sich in der ersten Zeit seines
Schaffens sorgloser als später eingeborenen romantischen
Neigungen. Er fand in seiner Münchner Umgebung eben-
so Anregungen wie bei Rembrandt. Es ist Atelierkunst,
was er gab, aber in der Erfindung wie in der malerischen
Beherrschung zeigt sich doch schon die besondere Hand.
In Berlin lernte er um. Er kam unter den Einfluß Lieber-
manns und stand unter dem Eindruck der Kunst der fran-
zösischen Impressionisten. Das Wort Natur gewinnt ihm
eine andere Bedeutung. Er malt Landschaften, Stilleben,
Porträts, und nebenher schüttet er allen Reichtum seiner
Phantasie in graphischen Illustrationen aus. Nur selten
mehr versucht er eine Verbindung wie in dem Don Quijote,
der eine Erinnerung an Daumfer ist und zugleich eines der
feinsten Werke dieser Ausstellung. Die Schönheit der
Farbe, der Zauber des Lichtes werden der Inhalt seiner
Bilder. Die alten »Paradiesvögel« stehen noch wie ver-
zaubert in ihrer Vitrine. Die Gemüsebunde der neueren
Zeit sind saftige Wirklichkeit, leuchtende Materie. Im
Porträt gelingt hier oder da eine schlagende Charakteristik,
der alte Herr, der einmal vor einem Gobelin steht, das
andere Mal vor einem Fenster silzt, in dem ein Stück heller
grüner Gartenlandschaft erscheint, konnte nicht überzeu-

gender als Persönlichkeit gegeben werden, während andere
Male das Interesse zu versagen schien. In Landschaften
überrascht vor allem die eindrucksvolle Wiedergabe atmo-
sphärischer Stimmungen. Aber wer Slevogts Sindbad und
Ali Baba, seinen Lederstrumpf und Cellini kennt, der ver-
mißt über alle Qualität des einzelnen Werkes hinaus in
der Tat ein besonderes Etwas, jenen Reichtum einer ge-
staltenden Phantasie, den andere vergebens durch ge-
schickte Definitionen aus der Kunst hinaus zu eskamotieren
versuchten. Es scheint die Bedeutung der ägyptischen
Bilder Slevogts, die kürzlich in Dresden angekauft
wurden, auszumachen, daß in ihnen zuerst wieder seit
seiner frühen Zeit die ganze Persönlichkeit Slevogts
sich ausspricht. Und man möchte glauben, daß er die Reihe
darum zusammenhalten wollte, weil er sie selbst ebenso
als eine Folge von innerlich zusammengehörigen Erleb-
nissen empfand wie die Gesichte, die bei der Lektüre
eines Märchens aus Tausendundeine Nacht vor dem inneren
Auge des Künstlers auftauchten. Was er dort nur mit
Ateherrezepten zum Bilde zu runden vermochte, wenn es
nicht Schwarzweißskizze bleiben sollte, das trat ihm nun
als leibhaftige Erscheinung gegenüber, und er fand die
malerische Ausdrucksform in den Mitteln, die er in andert-
halb Jahrzehnten eines in mancher Hinsicht selbstver-
leugnenden Schaffens gebildet hatte. Es ist schade, daß
man die ägyptischen Bilder Slevogts nicht zugleich mit
dieser Rückschau über sein Lebenswerk in Berlin zeigen
konnte. Vielleicht hätte sich da klarer noch, als es hier
angedeutet wurde, die Beziehung zu dem »verlorenen
Sohn« oder der kleinen Scheherazade ebenso wie die
Folgerichtigkeit des Weges durch die ganze Schule des
Impressionismus gezeigt, und als letzte Vorstufe wäre der
Don Quijote erschienen, der ein Motiv noch borgt, das
nun in aller Fülle einer lichten und farbigen Natur dem
Künstler zuströmt. O.

Die Mai-Ausstellung für Malerei und Graphik in

Berlin, auf die kürzlich bereits an dieser Stelle hinge-
wiesen wurde, ist, wie das Vorwort des Kataloges sagt,
durch einen Zusammenschluß jüngerer Berliner Maler und
Graphiker entstanden. Sie wollte nicht den bestehenden
Gruppen eine neue hinzufügen, vielmehr absehend von
Vereinszugehörigkeit und wirtschaftlichen Sonderinteressen
lediglich einmaliger Ausstellungsmöglichkeit dienen. Sie
kennt auch keine Jury, die für die Auswahl der Kunstwerke
einzustehen hätte. Jeder, der zu Worte kommt, tritt allein
für seine Arbeit ein. Das war möglich, weil keine öffent-
liche Ausschreibung zur Beschickung aufforderte, sondern
die Veranstaltung aus einem kleinen Kreise herauswuchs.
Die inneren Widersprüche eines solchen Programms liegen
so klar auf der Hand, daß es kaum notwendig ist, sie zu
bezeichnen. Denn es macht wenig Unterschied, ob diese
neueste Sezession mit Namen und Ansprüchen eines Vereins
auftritt oder nur für die kurze Dauer einer Monatsausstel-
lung Lebensberechtigung fordert. Ein erfreuliches Zeichen
ist es aber, daß Künstler, die verschiedenen der mannig-
fach gespaltenen Gruppen angehören, sich hier auf neu-
tralem Boden zusammenfinden, und man möchte diese
Tatsache als ein erstes Zeichen künftigen Zusammen-
schlusses nehmen. Es ist sehr die Frage, ob das Publikum
nach dem Kriege noch genügendes Verständnis für die
Intrigen und Sonderinteressen innerhalb der Künstlerschaft
aufbringen wird, um ihr in jeder ihrer Einzelausstellungen
zu folgen. Darum muß Sammlung wie in der großen
Politik so auch in der kleinen unserer jüngeren Künstler
in Zukunft die Parole sein. Allerdings hätte man sich die
erste Ausstellung, die unter diesem Zeichen zustande kam,
wohl repräsentativer vorgestellt, als die Mai-Ausstellung
 
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