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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Luthmer, Ferdinand: Hinterglasmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0031

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22

HINTERGLASMALEREI.

Email und Steinen geschmückte Fassung der nord-
italienischen Goldarbeit vom Ende des 15. Jahr-
hunderts augehört. Dies Stück hat nichts mit der
häufig vorkommenden Dutzendware zu thun; man
sieht sich vor einem wirklichen Gemälde von
durchgeführter Zeichnung, von reicher Farbenwir-
kung, welcher die Krystallplatte den Glanz des
herrlichsten Emails verleiht. Einige von diesen win-
zigen Malereien verleugnen nicht eine gewisse Ähn-
lichkeit mit den Arbeiten der Mailänder am Ende
des 15. Jahrhunderts; man kann bei ihrem Anblick
an gewisse feine und manierirte Kompositionen von
Bernardino Luini und seiner Schule denken.

Dem 16. Jahrhundert gehören eine andere Pax
mit Fassung in Ebenholz und Gold, ferner eine
solche mit der Magdalene vor Christus an. Die letz-
tere fällt noch besonders durch ihre Einrahmung
auf, die in der sogen. Klosterarbeit ausgeführt ist.
Es ist eine Art Stickerei in Relief; aus Goldfaden,
der um schmale Riemchen von Pergament gewickelt
ist, wird eine kleine Architektur mit ornamentirten
Mastern, Friesen und Giebelaufsatz gebildet.

Außer den für kirchlichen Dienst bestimmten
Stücken enthält die Spitzersammlung zahlreiche
Unterglasmalereien kleinsten Formates, die zu aller-
hand Geschmeiden verarbeitet sind; interessant sind
dabei die Riechbüchschen aus dem IG. Jahrhundert,
zwei ovale Scheiben in Goldfassung, zwischen welche
ein Stückchen Moschus gelegt wurde. Die außer-
ordentlich häufige Verwendung unserer Technik bei
Schmuckgegenständen lässt es auffallend erscheinen,
dass erstere in den zahlreichen Inventaren nirgends
Erwähnung findet. Doch versichert Molinier aus-
drücklich, dass er nie eine eigentliche Bezeichnung
für die Unterglasmalerei gefunden habe. Die ein-
zige Stelle im Inventar des königl. Schatzes von
Fontainebleau von 1560, welche die noch vorhan-
dene aus der Kapelle vom Orden des heil. Geistes
stammende Pax erwähnt, nennt sie „garny de cristal
peinct". —

Einige Stücke deutscher Herkunft in der Samm-
lung Spitzer geben noch Anlass, auf eine etwas ab-
weichende Technik aufmerksam zu machen. Ein

großes Triptychon von schöner Komposition ent-
hält in der Mitte das Abendmahl, rechts und links
die Donatoren mit Wappen. Hier ist die Ausfüh-
rung auf einer radirten Goldfolie verlassen; viel-
mehr sind hier die Konturen zuerst sehr scharf in
Schwarz aufgetragen, darauf das Ganze mit einem
grauen Ton gedeckt. Dieses Grau an bestimmten
Stellen ausradirt. hat als Mittelton für die unterge-
legten Töne und auch für das Gold gedient", wel-
ches nur an einzelnen Stellen durchschimmert und
sehr sparsam angewendet ist. Die Radirarbeit ist
fast verschwindend, das Ganze ist gemalt. Wenn
dies Verfahren auch nicht eine so große Feinheit
erlaubt, so erzielt es doch eine starke Wirkung;
jedenfalls ist der ganze Eindruck stumpfer, weniger
glänzend als beim früheren Verfahren, was jeden-
falls von dem Wegfall der Goldfolie herrührt, von
der dies letztere auszugehen pflegte.

Ähnlich ist ein Rundbild mit einer Jagdscene
hergestellt. Zuerst wurde in Braun mit einem sehr
durchsichtigen Firnis die ganze Scene gemalt, dann,
nachdem die Malerei gut getrocknet war, wurden
die höchsten Lichter ausradirt, endlich ein Goldblatt
untergeklebt, welches durch die braune Malerei mit
einem schönen roten Ton durchscheint, mit Aus-
nahme der radirten Stellen, welche das Gold blank
zeigen.

Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass in der
Aufzählung der Spitzer'schen Stücke 30 italienische
Arbeiten, 3 spanische und 5 deutsche aufgeführt
sind. Warum, entgegen der sonst in französischen
Katalogen üblichen Gewohnheit, keinem der Stücke
französische Herkunft zugeschrieben wird und ob
der Verfasser die Kunstübung der Unterglasmalerei
in seinem Vaterland überhaupt nicht für heimisch
hält, erfahren wir nicht. LUTHMER.

Anmerkung der Redaktion. — Das Kunstgewerbe-
Museum zu Köln besitzt eine Anzahl größerer Tafeln
mit Hinterglasmalerei von ungewöhnlicher Größe.
Dieselbe deutet darauf hin, dass die Bilder in Köln
selbst gemalt sind und zwar nicht als Curiosa, sondern
als Erzeugnisse einer blühenden Kunstthätigkeit.


 
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