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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0051

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KLEINE MITTEILUNGEN.

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dem Luxus in gleichem Maße huldigten, während heute nur
das weibliehe Geschlecht die duftigen Gebilde als Zierde
des Gewandes und der Gewandteile benutzt, und die Spitzen
zumeist „Maschinenspitzen" sind, deren Haltbarkeit der Wert-
schätzung entspricht, welche die Mode der Spitzenverwen-
dung von heute auf morgen der Trägerin gestattet. Die
Zeit lässt sich nicht rückwärts drehen! Wenn man einer-
seits seufzt, dass die edle Industrie der Erzeugung von
Nadel- und Klöppelspitzen darniederliege und die Spitzen-
arbeiterinnen das ideale feine Kunstwerk ihrer Hände für
wahren Hungerlohn dem Fabrikanten liefern, der Nutzen
und Ehre daraus ziehe, so kann man sich auf der anderen
Seite daran erfreuen, wie des Menschen Sinnen, wie des
Menschen Geist das Metall gefügig macht: die Maschine,
als das genauest gearbeitete Werk der Menschenhände
schafft, auf leichten Fingerdruck in Bewegung gesetzt,
in kurzer Frist meterlange, zum Teil bewundernswert
gute Nachahmungen der echten, alten Spitzen. Der Be-
darf nach den Erzeugnissen der Maschine wächst und so-
wohl ihretwegen als durch sie erhält eine ganze Kette von
Arbeitern und Arbeiterinnen Verdienst — auf Kosten der
Spitzenarbeiterinnen. So greift die Maschine hier störend,
dort fördernd ein; auf alle Fälle aber ist stets mit ihr zu
rechnen und wäre es auch nur deshalb, weil im Gegensatz
zu der Massenverwendung von Maschinenarbeit in allen
Kreisen der Bevölkerung, ein kleiner Teil die kostbare Hand-
arbeit erst recht schätzen lernt und, von dem starken
Wunsch nach Wiederbelebung alter Arbeitsweisen und Muster
beseelt, die alte Kunst neu zu entwickeln sucht und. that-
sächlich auch entwickelt. Hierzu trugen und tragen die
Kunstgewerbemuseen mit ihren Sammlungen bei, die aber
an Ort und Raum gebunden, deshalb nur von einzelnen
Sterblichen ausgiebig studirt und benutzt werden können.
Um aber auch weiterhin Gelegenheit zu geben, sich mit den
Sammlungsgegenständen vertraut zu machen und sie als an-
regendes Vorbild zu neuem frischen Schaffen nahe haben
zu können, ist in der Herausgabe von guten Abbildungen
das beste Mittel gegeben. So lässt es sich die Verwaltung
des Leipziger Kunstgewerbemuseums angelegen sein, durch
die Herausgabe von Mappen mit Abbildungen der im Laufe
der Zeit zusammengebrachten Gegenstände den Bedürfnissen
der Industrie entgegenzukommen. Die Serien IV und V
bringen Spitzen des IG. bis 19. Jahrhunderts und zeugen
von der Reichhaltigkeit der Spitzensammlung, über welche
das eben genannte Museum verfügt. Schon der flüchtige
Blick in die Blätter belehrt darüber, dass die verschiedenen
■Techniken der Spitzenarbeit und jener, die an das Gebiet
streifen, in Art und Muster vorzüglich vertreten sind. Point-
coupe, Reticeila und Reliefspitzen, die unzähligen Arten der
Klöppelspitzen, gehäkelte und gestickte Spitzen, die beson-
ders eigenartigen Spitzen Spaniens und Südamerikas, die
,,Sols" — alle gelangen in den vortrefflichen Tafeln aus
dem Verlag Karl II'. Hiersemann's zur vollen Geltung. Die
Industrie wird es ohne Zweifel durch eifrige Benutzung der
Sammelmappen Herrn Professor M. utr Strußen zu Dank
wissen, dass er sich der nicht geringen Mühe unterzogen
hat, die Sammlung auszuwählen und zusammenzustellen.
Die Lichtdrucke, die auf kräftigem, haltbarem Papier gebracht
sind, bringen die Wirkungen der Spitze mit allen Feinheiten
deutlich und erleichtern dadurch dem Zeichner und Fabri-
kanten das Studium und die Benutzung außerordentlich.
Anders freilich verhält ^icli die Sache für den, welcher die
gute Gelegenheit, die verschiedenen Spitzenarten auf dem
kleinen Raum eines Tafelwerks, in guten Abbildungen ver-
einigt, nach der historischen und technischen Seite hin stu-

Paraguay (Nauduti) Nadelarbeit. 19. Jalirbundert.

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