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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0144

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KLEINE MITTEILUNGEN.

Leipzig. Ober die Fachausstellung der Leipziger Buch-
binderinnung, die vom 5. bis 12. August d. J. im Leipziger
Krystallpalast stattfinden soll, hat König Albert von Sachsen
das Protektorat übernommen. Wie das Buchbindergewerbe
selbst, so hat sich in Deutschland die Fabrikation von Hilfs-
maschinen für die Buchbinderei großartig entwickelt. Diese
werden, mit den für das Gewerbe geschaffenen elektrischen,
Gas- und Petroleummotoren verschiedenster Konstruktion
vereint, in einer solch hervorragenden Weise vertreten sein,
dass sie allein eine Spezialausstellung bilden. Hieran reihen
sich die verschiedensten Werkzeuge von Holz und Metall,
vom einfachsten Handwerkszeug bis zu den kunstvollsten
Gravuren zum Prägen, Vergolden und Bedrucken der Buch-
decken. Aber auch die vielfachen übrigen Materialien zur
Herstellung der Bucheinbände: Leder, Sammet, Seide, Lein-
wand, Calico, Bunt- und Luxuspapier, Blattgold, Leim, son-
stige Klebstoffe, Band, Leinenzwirn, Heftdraht, kommen bei
der Ausstellung in Betracht, ferner die so unendlich mannig-
faltigen Gruppen der Gegenstände des Papier- und Schreib-
warenhandels, dessen Betrieb von alters her in den Händen
der Buchbinder liegt.

Die Kunstgewerbeausstellung in der New Gallcnj in
London. Gegenwärtig ist eine höchst eigentümliche, vielleicht
noch nie dagewesene Erscheinung in England und Frankreich
bemerkbar. Die Kritik in der Tages- und Fachpresse beider
Länder lobt nicht etwa als Vorbild die Kunstindustrie des
eigenen, sondern umgekehrt und wechselseitig, die des an-
deren Landes. So setzt Frankreich seine Hoffnung auf eine
thatsächlich originelle Erneuerung der französischen Kunst-
industrie in das enge Anschließen an dasjenige, was zur Zeit
auf diesem Gebiet in England geschieht. Daselbst zeige sich
der zuerst verspottete Einfluss der Präraphaeliten immer sieg-
reicher, nicht nur in Kunst und Litteratur, sondern auch in
der Industrie. William Morris, Burne Jones, Walter Crane
und der unlängst verstorbene Albert Moore seien maßgebend
in ihrem Einfluss auf die gesamte Ästhetik der Dekoration
und Wohnungseinrichtung. Diese sei durchdrungen von Ge-
schmack, Farbenharmonie, ornamentalen Motiven von über-
raschender Originalität und einem Anklang, der das Alter-
tümliche mit einem ausgesprochenen Gefühl für das Moderne
verbindet. „Die ganze englische Kunstindustrie", so sagt die
französische Kritik, .,wurde auf diese Weise verjüngt." Die
Franzosen loben sogar die englische Buchdruckerkunst, welche
durch Zusammenwirken kunstvoll ausgeführter Buchstaben,
durch eine neue Art Seitenbezeichnung und phantasievolle
Gestaltung des Einbandes eine neue Kunst der Buchherstel-
lung gestalte, während Frankreich sich darin abarbeitet,
den Eindruck alter Ausgaben hervorzurufen, und die Werke
neuer Schriftsteller mit altertümlichen Lettern druckt. Um-
gekehrt sagen die Engländer: weil in Paris Künstler das-
jenige machen, was man anderswo Handwerkern überlässt,
ist Paris der bedeutendste Markt für kunstgewerbliche Gegen-
stände geworden. Wer auf diesem Gebiete etwas Gutes und
Originelles zu schaffen versteht, hat keinen Grund zur Klage,
dass seine Kunst nach Brot gehen muss. Für gute Sachen,
mögen sie noch so teuer sein, sind in Paris immer Käufer
vorhanden. Die Societe des Beaux-Arts, die Veranstalterin
des exklusiven Salon du Champ de Mars, hat mit allen Vor-
urteilen gebrochen, als sie „objets d'art", kunstgewerbliche
Gegenstände, Kunstwerken völlig gleichstellte. Ein Tisch,
eine Vase, eine Lampe können nicht nur ausgestellt werden,
sondern ihrem Aussteller auch die höchste künstlerische Aus-
zeichnung, die es in Paris giebt, die Mitgliedschaft der Ge-
sellschaft mit dem Titel „Societär" eintragen. — In Bezug auf
die Ausstellung in der New Gallery muss konstatirt werden,

dass sich viele ausgezeichnete Arbeiten daselbst befinden,
aber im ganzen macht es den Eindruck, als ob keine neuen
Ideen und kein rechter Fortschritt bemerkbar sei. Höchste
technische Geschicklichkeit ist wohl vorhanden, jedoch ab-
gesehen von den Werken der bereits genannten ersten eng-
lischen Künstler ist nicht viel Eigenartiges vorhanden. Ja
der ganze Genius und Hauch der Ausstellung ist merkwür-
diger Weise gar nicht englisch und männlich, sondern weib-
lich im allgemeinen, d. h. berechnet zur Erfüllung des weib-
lichen Luxus. Nächstdem bleibt die Nachahmung des
Mittelalters der schwächste Punkt. —■ Das Hauptstück in
der Ausstellung bleibt jedenfalls der Anus-Gobelin, von Burne
Jones gezeichnet und von Morris ausgeführt, die größte Ar-
beit, welche beide bisher gemeinschaftlich unternommen
haben. Das Sujet bildet eine Serie von Bildern aus der
Graals-Sage. Walter Crane ist mit Kartons, die Jahreszeiten
darstellend, vertreten, welche als Muster für die Tapeten
eines Schulzimmers bestimmt sind. Von Rossetti befindet
sich eine Zeichnung aus dem Jahre 1862 hier ausgestellt, die
Geschichte des h. Georg, welche als Vorbild für Glasmalerei
dienen soll. Die Präraphaeliten beherrschen vollständig die
Situation. Burne Jones gilt als der Reformator in der Be-
handlung der Malerei der Kirchenfenster. In unzähligen
Kirchen und Kapellen Englands ist sein Einfluss bemerkbar.
In der Centralhalle sind die von B. Richmond gezeichneten
Kartons, die für die St. Paul's-Kathedrale in Mosaik ausge-
führt werden sollen. Alma Tadema hat die Zeichnung für
einen Atelierstuhl geliefert. Einzelne Arbeiten in Metall,
Email und Holz verdienen lobend anerkannt zu werden. Im
Südsaal sind die Bücher ausgestellt, meistens durch einen
Künstler illustrirt, durch einen andern Künstler gedruckt und
durch einen dritten gebunden. Aber der geringste Preis für
ein solches Buch beträgt 63 M.! So prachtvoll diese Werke
sind, so liegt doch eine gewisse Atmosphäre der Unwahr-
scheinlichkeit um sie herum. Als Hauptillustrator begegnen
wir hier abermals Burne Jones in den Werken: „The Re-
cuyell of Troye", „The Golden Legend" und „The Order of
Chirvaly" nach Caxton. Schließlich muss bemerkt werden,
dass die meisten Gegenstände auf der Ausstellung so teuer
sind, dass nur die reichsten Leute sie erwerben können.
Außerdem wiederholen sich für diejenigen Arbeiten, die
wirklich eine hervorragende Originalleistung bekunden, stets
dieselben wenigen, bereits anerkennend erwähnten Namen.
Dies ist das charakteristische Merkmal in der gesamten
Industrie Englands, namentlich im Gegensatz zu Frankreich,
woselbst zahlreiche Künstler mit dem Kunstgewerbe und
den breiten Schichten eines verständnisvollen Publikums in
gegenseitiger, dauernder Wechselwirkung stehen. $

VEREINE.

-u- Berlin. In der Sitzung des Vereint für deutsches
Kunstgewerbe am Mittwoch den 14. März wurde zunächst
das Ergebnis der Monatskonkurrenz für Entwürfe zu einem
Holzpostament bekannt gemacht. Es erhielten: den 1. Preis
(80 M.) Zeichner Emil Rockstroh, den 2. Preis (60 M.) Zeich-
ner Eduard Liesen, den 3. Preis (40 M.) Zeichner R. Wis-
niewski. Mit ehrenvoller Erwähnung wurden außer den
beiden ersten Siegern bedacht: Architekt Rob. Rittmeyer,
Zeichner Friedr. Leuning, Zeichner Herrn. Groth, Zeichner
Heinr. Bendixen. Zur Diskussion stand ein vom Hofkunst-
schlosser Paul Markus im Namen von 15 Vereinsmitgliedern
eingebrachter Antrag: Der Verein möge in geeigneter Weise
energische Schritte gegen die drohende Beschränkung des
gewerblichen Sonntagsunterrichts thun. Hofgraveur R. Otto
 
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