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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Kleine Mitteilungen
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KLEINE MITTEILUNGEN.

gewänder, der Geräte und Gesehirre, der darauf verwandten
Formen und Farben und mit dem Idiom, den Wortbildungen
und den Lettern ihrer Inschriften auch zum beredtesten
Zeugnis für die Kulturgeschichte ihrer Zeit geworden ist, so
dass in gerechter Würdigung namentlich dieses letzteren
Umstandes die französische Akademie sie 1730 auf Antrag
Laneelot's unter die „Monuments de la Monarchie francaise"
aufnahm und damit ihren hohen
kulturgeschichtlichen Wert fest-
stellte. Nach ihrer Fertigstellung
ging sie in das Eigentum der
Kathedrale von Bayeux über und
wurde Jahrhunderte lang alljähr-
lich bei bestimmten Kirchenfesten
auf mehrere Wochen in der Ka-
thedrale ausgestellt, später, viel-
leicht im 15., vielleicht im l(j.
Jahrhundert, hörten diese Aus-
stellungen auf und die Stickerei
blieb in den Schränken der Sa-
kristei vergraben, bis sie, durch
ein Mitglied der Akademie ge-
legentlich im Kircheninventar
entdeckt und durch den Beschluss
der Akademie von 1730 wieder
an das Tageslicht gezogen wurde.
Seit dieser Zeit ist sie denn auch
der Gegenstand eingehendster wis-
senschaftlicher Untersuchungen
namentlich auch nach der Rich-
tung hin gewesen, ob sie wirk-
lich franko-normannischen, oder
nicht etwa englischen Ursprunges
sei, ist eine nach Hunderten von
Schriften zählende Literatur über
sie entstanden und haben eine
ebenso große Anzahl französi-
scher wie englischer Forscher
ihren Witz an der Lösung dieser
Frage geübt. — Wie aber schon
eingangs bemerkt, sprechen eine
Menge wohl als unwiderlegbar
zu betrachtender Gründe für ihren
franko-normannischen Ursprung,
für Bischof Odon's Beteiligung
an dem Entwurf und für Mathil-
den's persönlichen Anteil an der
Ausführung. Als Napoleon I.
seinen Eroberungszug nach Eng-
land plante, ließ er sie nach Paris
kommen und dort im Louvre aus-
stellen, um den Ehrgeiz der fran-
zösischen und speziell der Pariser
Bevölkerung zu reizen und die
öffentliche Stimmung für seine
Absichten zu gewinnen. Nur mit
vieler Mühe hat die Kathedrale
von Bayeux sich später wieder in den Besitz ihres Eigen-
tums zu setzen vermocht, hat die Stickerei nachher an die
städtische Verwaltung abgetreten und diese hat dieselbe
sodann in einem geräumigen Saal ihres Bibliothekgebäudes
ihrer ganzen Länge nach unter Glas und Rahmen ausge-
stellt. — In Anbetracht ihres großen kulturgeschichtlichen
Wertes hat das South-Kensington-Museum im Anfang der
siebenziger Jahre dieses Jahrhunderts sich die Erlaubnis

Beleuchtungskörper von Spinn & Sohn in Berlin. (Chicago.)

zu verschaffen gewusst, die Stickerei zu photographiren und
die Abzüge entsprechend zu koloriren, und hat sodann ein
Exemplar in ihren eigenen Räumen ausgestellt und zwei
derselben der Stadt Bayeux überreicht. Hier sind sie, in
hermetisch verschlossenen Zinnkapseln verpackt, in der
Bibliothek niedergelegt, um dereinst, wenn das Original mit
der Zeit vergehen sollte, an seine Stelle treten zu können.—
Nach Beendigung dieser höchst
interessanten geschichtlichen und
sachlichen Mitteilungen erläu-
terte der Vortragende dieselben
durch den Hinweis und ein ge-
naueres Eingehen auf 24, an den
Wänden ausgestellte kolorirte
Tafeln, aus einem vor längerer
Zeit in Frankreich über die
Stickerei erschienenen Pracht-
werk, welches, da im Buchhandel
völlig vergriffen, der Vortragende
auf antiquarischem Wege sich zu
verschaffen das Glück gehabt
hatte. (Hamburger Nachrichten.)
Magdeburg. Kunstgewer-
beverein. Dem Verein sind durch
den Tod zwei Ehrenmitglieder
kurz hintereinander entrissen
worden, Oberbürgermeister Ge-
heimer Regierungsrat Böttichcr
und Geh. Kommerzienrat Gruson.
Dem Andenken dieser Mitglieder
war die Vereinssitzung vom 1. Fe-
bruar d. J. gewidmet, in welcher
der Vorsitzende des Vereins, Herr
Stadtrat Duvigncau aus dem rei-
chen Schatze seiner persönlichen
Beziehungen zu den beiden Ver-
storbenen berichtete. Während
Herr Böttichcr insbesondere durch
seine Stellung als Oberbürger-
meister Magdeburgs vielfach Ge-
legenheit gehabt hat, sein Inter-
esse für die Bestrebungen des
Kunstgewerbevereins zu bethä-
tigen, so verdankt die Stadt
Magdeburg und der Kunstge-
werbeverein Herrn Geh. Kom-
merzienrat Gruson die große Stif-
tung, die es ermöglichte, ein
städtisches Museum zu gründen,
und der Verein vielfache hilfsbe-
reite Unterstützung. Am 15. März
hielt Herr Stadtbaurat Peicrs
einen öffentlichen Vortrag als
Fortsetzung des früheren Vortrags
über den „Fachwerksbau des
Mittelalters" unter Vorlage eines
reichen Materials von Skizzen

und Abbildungen.

AUSSTELLUNGEN.

Berlin. Im oberen Vestibül des Kunstgewerbe-Museums
sind gegenwärtig xicci Ausstellungen veranstaltet. Die eine
umfasst eine größere Auswahl der in der Modellirklasse der
Unterrichts-Anstalt entworfenen, in der Ciselirklasso aus-
geführten Bronzearbeiten, sowohl größere Prunkstücke wie
 
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