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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

DOI Artikel:
Hofmann, Albert: Der kunstgewerbliche Kongress des Jahres 1894 zu Paris
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0186

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164

DEK KÜNSTGEWERBLICHE KONGRESS DES JAHRES 1894 ZU PARIS.



1

Konsol in den Wandelgängen des Reienstagsgebäudes.

11) Vereinfachung und einheitliclie Behandlung der
Methoden des perspektivischen Zeichnens und

12) Einführung der Kunstgeschichte in weiterem Um-
fange in die Mittelschulen.

Es sei gestattet, auf die wichtigsten dieser Fragen
näher einzugehen.

In der ersten Sektion behandelte Larroumet die
Nachahmung in der Kunstindustrie. Die Nachahmung,
führte er aus, spielt in der Kunst eine hervorragende
Rolle. Aber wenn es eine Kunst giebt, die nicht von
der Nachahmung zu leben braucht, so ist es die deko-
rative Kunst. Man beklagt sich allenthalben, dass unser
Jahrhundert eines eigenen dekorativen Stiles ermangelt.
Das komme daher, dass man zu lange historische Stile
nachgeahmt habe, um den Kundenkreis zu befriedigen.
Daher komme die Unfruchtbarkeit der künstlerischen
Produktion und der Niedergang des Geschmacks. Soll
mau aber ganz auf die historischen Stile, wie sie
Delacroix für das Mittelalter, David und Ingres für die
Pseudoantike u. s. w. eingeführt haben, verzichten? Keines-
wegs. Die Lösung kann nicht in einer Negation bestehen.
Aber was kann gethan werden, um eine Verbindung

der historischen Stile mit den Bedürfhissen der Gegen-
wart herbeizuführen? Diese Frage führte zu einem Be-
schlüsse des Kongresses, welcher fordert, dass in den
kunstgewerblichen Fächern wieder die Architektur die
Herrschaft über die anderen Künste erhalte und zwischen
ihnen jene Einheit und Zusammenwirkung herstelle, welche
als die Hauptgrundlage aller künstlerischen Erfindung
zu betrachten ist. Angesichts dieser Forderung ist nicht
zu leugnen, dass das architektonische Element im Kunst-
gewerbe, dort, wo dasselbe durch Kreise ausgeübt wird,
welche ihre Bildung nicht auf eine architektonische Grund-
lage zurückführen und namentlich an den Schulen, an
deren Spitze Maler stehen, häufig in ungebührlicher Weise
zurückgedrängt und vernachlässigt worden ist, selbst in
nicht zu seltenen Fällen jene Art rückenmarkloser Kunst,
entstanden ist, von welcher eine künstlerische Förderung
des Kunstgewerbes nicht abgeleitet werden kann. Es
würde aber dem Kunstgewerbe vorzügliche Nährsäfte
rauben heißen, wollte man den Einfiuss der Maler und
Bildhauer ausschließen. Was die für das Kunstgewerbe
bedeuten, hat in Deutschland die bayerische Kunst
bewiesen. Das will selbstverständlich auch der Kongress-
beschluss nicht. Dieser strebt vielmehr eine Gemein-
schaftlichkeit zwischen den einzelnen Zweigen der bil-
denden Kunst an. In der That quillt erhöhtes Leben
und größere Mannigfaltigkeit aus .einem Kunstwerke, zu
dessen Schöpfung sich die drei Schwesterkünste friedlich
zusammengethan haben.

Ein dritter Beschluss dieser Sektion bezieht sich
auf öffentliche und private Kunstsammlungen und fordert
für diese nur Sammlungsgegenstände, welche einen Kunst-
oder Lehrwert besitzen. Alle weiteren Merkwürdigkeits-
stücke sind auszuschließen. Im übrigen aber sind die
Sammlungsgegenstände mit Beischriften versehen, welche
über Ursprung, Stil, Technik u. s. w. möglichst kurze,

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Konsol in der Wandelhalle des ReichBtagsgebäudes,

Modellirt von l'iof. 0. Lessing, Berlin.
 
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