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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Hofmann, Albert: Der kunstgewerbliche Kongress des Jahres 1894 zu Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0192

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DER KÜNSTGEWERBLICHE KONGRESS DES JAHRES 1894 ZU PARIS.

Das ist in großen Zügen das Ergebnis des Kon-
gresses. Dass man für zweckmäßig erachtet hat, ihn
einzuberufen, dürfte, wie erwähnt, ein vielsagendes Zei-
chen dafür sein, dass Frankreich auf dem Gebiete der
dekorativen Künste sich von den Fortschritten des Aus-
landes bedroht sieht. Vielleicht dürfen wir dem deut-
schen Kunstgewerbe einen nicht unbedeutenden Anteil
an dem Zustandekommen des Kongresses zuschreiben.
Denn man übersehe nicht, dass derselbe ein Jahr nach
der Weltausstellung in Chicago getagt hat, wo, die fran-
zösischen Verdienste ungeschmälert, es Deutschland nicht
zum Geringsten auf dem Gebiete der dekorativen Künste
verstanden hat, sich Frankreich mit seiner reichen Ver-
gangenheit gleichwertig an die Seite zu stellen, wenn
nicht es in mancher Beziehung zu übertreffen. Aber
wer wüsste und fühlte nicht, dass eine Reihe der Zu-
stände, die der französische Kongress zum Gegenstand
seiner Beratung gemacht hat, auch in Deutschland der
Reform bedürftig sind, dass hier vieles noch weiter aus-
gestaltet werden könnte, und dass gerade der Erfolg von
Chicago hierzu ermutigen sollte? Die Produktion Deutsch-
lands ist Frankreich nicht mehr gleichgültig, wie es
früher einmal war, als Deutschland seine Kunstsachen
noch fast ausschließlich in Frankreich kaufte. Wie sich
die Verhältnisse in dieser Beziehung verschoben haben,
mögen einige Zahlen beweisen, die sich allerdings nicht
unmittelbar auf das Kunstgewerbe beziehen, die aber
gleichwohl erkennen lassen, in welchem Umfange die
kommerzielle Bewegung Deutschlands zu Ungunsten Eng-
lands, Frankreichs und Österreichs zugenommen hat.

Aus dieser Zunahme dürfen wohl Schlüsse auf die Zu-
nahme des Nationalreichtums gezogen werden, welcher
seinen edelsten Ausdruck in der Nachfrage nach Werken
der Kunst findet. Die Schiffsbewegung durch den Suez-
kanal sei zu dieser Betrachtung herangezogen. In den
Jahren 1876—80 betrug der Anteil Englands, zugleich
begreiflicherweise den Löwenanteil, an derselben 77,7%,
ging aber in den Jahren 1890-92 auf 74,6% herab.
In dem gleichen Zeiträume verminderte sich der Verkehr
Österreichs von 2,9 auf 1,4%, der Frankreichs gar von
7,4% auf 4,4%. Der Verkehr Deutschlands aber hob
sich in der angegebenen Zeit von 1,5 auf 7,8%. Zahlen
haben gesprochen, so lange gezählt wird. Man kann die
beredte Sprache dieser Zahlen nicht übersehen und be-
greift, dass sich die Gleichgiltigkeit und Verachtung
Frankreichs für andere Länder und namentlich für
Deutschland in Interesse und Beachtung vorwandelt
hat. Deutschland aber wird an Frankreich lernen und
so wird sich auch der Feind als nützlich erweisen.

„Theu'r ist mir der Freund, doch auch dem Feind kann ich

nützen;
„Zeigt mir der Freund, was ich kann, zeigt mir der Feind,
was ich soll!

Wie auf dem Schlachtfelde, so werden wir auch auf dem
Gebiete der Kunst aus der Unterdrückung und Abhängig-
keit zur Unabhängigkeit und zum Siege geführt. Es
waltet eine ewige Gerechtigkeit in den Geschicken der
Völker.

Berlin, im April 1895.

ALBER'l HOFMANN.

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Adler mit Trophäen nach dem Modell von Bildhauer J. Dietsche. Gez. von J. Bollinger, Karlsruhe (Kunstgewerbeschulc).
 
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