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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Luthmer, Ferdinand: Antiquitäten in der modernen Hauseinrichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0205

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ANTIQUITÄTEN IN DER MODERNEN HAUSEINRICHTUNG.

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in einem eleganten, modernen Raum aufhängen wird,
bloß weil sie alt sind, versteht sich ebenso von selbst,
wie dass eine Häufung von Gemälden, die Eahmen an
Rahmen die Wand «tapeziren, geschmacklos ist. Ebenso
bekannt ist die Regel, dass man wertvolle Handzeich-
nungen und Stiche nicht in einem prunkvollen Salon,
sondern in den mehr intimen Räumen, im Boudoir, dem
Arbeitszimmer oder der Bibliothek aufhängen sollte.

Der zweite Fall, den wir oben voraussetzten, dass
die alten Teile der Entrichtung zum Ausgangspunkt für
deren Gesamtgestaltung werden, ist natürlich bei weitem
nicht so häufig, wie die dekorative Einordnung einzelner
Sammlungsgegenstände. Hat er doch zur Voraussetzung,
dass uns irgend ein wichtiger Teil der Innenausstattung

als wertvolles „Altertum- in die Hand gefallen ist, sei
es eine alte Zimmertäfelung, eine Serie von Gobelins,
ein vollständiges Mobiliar oder auch nur ein alter
Kamin von bedeutenderem Umfang. Jene schönen Zeiten
liegen leider hinter uns, von welchen die Münchener
Künstler noch bis in die siebziger Jahre hinein profi-
tirten, dass man seine Villa mit altem Getäfel aus Tiroler
oder Vorarlberger Bauernhäusern ausstattete, weil es
billiger war, als neu angefertigtes. Existirt auch in den
Bergen noch genug Material in baufälligen Hütten, um
auf Generationen hinaus das Bedürfnis kunstsinniger
Bauherrn zu befriedigen, so haben die Bauern doch nur
zu gut gelernt, was ihre alten Bretter wert sind. Auch
hier ist es der Wunsch, um jeden Preis ..Altes" haben
zu wollen, der die Preise verdorben hat. Diese Alter-
tümelei hat die Schätzung für die Qualität der alten
Stücke vielfach verwischt; man phantasirt sich in eine
gewisse Begeisterung für ganz rohe, formlose Bauern-
arbeit hinein, die, wenn man sie in den gleichen Formen
neu anfertigen lassen wollte, mit lautem Protest zurück-
gewiesen würde. Ein ähnlicher Mangel an Urteil be-

TreppengelSoder im Reichstagsgebäutle, ausgeführt in dei Konstsohmtedewerkstatl von Ed. 1'ui.s, Berlin.
 
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